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(163 KB)   Nationale Feiern am Hermannsdenkmal, 1909 / 1925 / Detmold, Lippische Landesbibliothek (a) / Detmold, Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold (b) / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen   Nationale Feiern am Hermannsdenkmal, 1909 / 1925 / Detmold, Lippische Landesbibliothek (a) / Detmold, Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold (b) / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen
TITELNationale Feiern am Hermannsdenkmal, 1909 / 1925
URHEBER ABBILDUNGBeckhaus, H.
DATIERUNG1909 / 1925
DATIERUNG HANDLG.1909 / 1925


INFORMATIONIn den Feiern 1909 (oben) und 1925 (unten) kommt der tiefgreifende Wandel in der Interpretation des Denkmals zum Ausdruck. Nimmt man die Jahre 1950 und 1975 mit hinzu, so dokumentieren die Denkmalsjubiläen eindrucksvoll die wechselhaften Einstellungen zwischen Volksbegeisterung und Hochstimmung, Krisenbeschwörung oder politischer Ratlosigkeit.

Detmold 1909: Es galt, den Sieg des Arminius über die Römer zu feiern. Die Reichsgründung lag fast 40 Jahre zurück. Das Deutsche Reich hatte sich konsolidiert. Die Bevölkerung, ganz im Vertrauen auf das Versprechen Wilhelms II., er werde sie "herrlichen Zeiten" entgegenführen, blickte hoffnungsvoll in die Zukunft. Dementsprechend hatte die 1900-Jahr-Feier weniger den Charakter einer politischen Feier als den eines riesigen Volksfestes. Eine ganze Woche - vom 14. bis 23. August - war ausgefüllt mit Schauspielen, Ansprachen, Festzügen, musikalischen Darbietungen und Turnveranstaltungen. Höhepunkt bildete der 15. August, als am Vormittag sich der "große Germanenzug" mit 900 Personen und 200 Pferden und Zugtieren durch die Stadt bewegte. Dieses Spektakel, das eher einem historischen Karnevalsumzug glich, sollte nach der Festordnung von 1909 im ersten Teil "den Siegeszug der Deutschen nach der Schlacht im Teutoburger Walde darstellen, im zweiten ein anschauliches Bild des Lebens der alten Germanen und ihrer Kultur geben." [1]

Wie in dem oberen Bild der Montage gut zu erkennen, zogen zur Begeisterung des Publikums neben "germanischen Spitzenreitern"; "urhornblasende germanische Heerrufer" auch "gefangene Römer, unter ihnen Verwundete, von Germanen bewacht" und als Krönung: der "Festwagen Walhalla" durch die Straßen Detmolds. Die Zusammensetzung des Zuges ist typisch für die naive Germanentümelei der Jahrhundertwende. Und weil es allen so ausnehmend gut gefiel, marschierte der Germanenzug am Sonntagmorgen gleich noch einmal durchs Residenzstädtchen, damit auch die Arbeiterschaft und die Landbevölkerung ihn in ausreichendem Maße bewundern konnte.

Detmold 1925: Ein ganz anderes Bild; die politische Landschaft in Deutschland hatte sich nach dem verlorenen Weltkrieg grundlegend verändert. Den Versailler Friedensvertrag empfanden gerade rechtsorientierte Vaterländische Verbände, die sich vorwiegend aus Weltkriegsteilnehmern zusammensetzten, als Demütigung. Hinzu kamen die großen sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Weimarer Republik: Politische Unruhen, Inflation und Arbeitslosigkeit. Auch die große Parteienzahl verdeutlicht den hohen Grad der nationalen Zerrissenheit.

Die Festveranstaltungen dauerten vom 1. bis 19. August. Sie begannen mit der Jubliläumsfeier des Lippischen Sängerbundes. Aber erst durch die Feiern der Vaterländischen Verbände ("Stahlhelm - Bund deutscher Frontsoldaten und dem "Jungdeutschen Orden"} sowie den "Hermannslauf" der Deutschen Turnerschaft erhielten die Feierlichkeiten eindeutig politische Akzente, die besonders in den Festreden zur Sprache kamen.

Das untere Bild zeigt den Aufmarsch des 1920 gegründeten "Jungdeutschen Ordens" vor dem Fuß des Hermannsdenkmals. Deutlich zu erkennen sind die Fahnen mit dem Kreuzsymbol des Deutschen Ordens, dem der "Jungdeutsche Orden" organisatorisch nachgebildet war. Der zweite völkische Verband, der 1925 zum Denkmal marschierte, war der "Stahlhelm", ein nach Kriegsende gebildeter Zusammenschluß ehemaliger Frontsoldaten. Anders als der "Jungdeutsche Orden", dessen sozial-romantische Vorstellungen stark vom Kriegserlebnis und der Jugendbewegung geprägt waren, war der "Stahlhelm" nationalkonservativ ausgerichtet. Er stand den antidemokratischen Rechtsparteien nahe, mit denen er in der "Harzburger Front" ab 1931 die Republik offen bekämpfte.

Für viele, gerade junge Weltkriegsoffiziere aus dem wilhelminischen Bürgertum wurden Kriegsniederlage und Revolution zum persönlichen Desaster. Wehrorganisationen wie der "Stahlhelm", verkörperten den Fortbestand ihrer tradierten Lebensordnung und waren zugleich Hoffnung, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu können. Seit der Revolution 1918/19 hielt eine Serie von politischen Anschlägen Deutschland in Atem. Die Morde an Matthias Erzberger (1921) und Walter Rathenau (1922), das Blausäureattentat auf Philipp Scheidemann (1922) und der Überfall auf Maximilian Harden (1922) sowie unzählige Sprengstoffanschläge auf Einrichtungen der Republik waren eine Kette von Terroranschlägen, hinter denen die nationalistischen Geheimbünde mit ihren Unterorganisationen standen. Die Republik sollte "sturmreif" gemacht werden.

Bei den Feierlichkeiten 1925 im Teutoburger Wald beschwor der Festredner des "Stahlhelms" in seiner Ansprache den Geist Hermanns als Hoffnungssignal. Der "Schmachfriede" von Versailles und die "Erfüllungspolitik" Rathenaus wurden erbittert abgelehnt; stattdessen propagierte der Redner die Aussicht auf eine Zukunft, die an einer idealisierten und verklärten Vergangenheit orientiert war. Dies zeigten gerade auch die Feiern am Hermannsdenkmal.


[1] Festschrift der Lippischen Landesbibliothek Detmold zur Neunzehnhundertjahr-Feier der Schlacht am Teutoburger Wald, Detmold 1909.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZDetmold, Lippische Landesbibliothek (a) / Detmold, Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold (b)
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen


QUELLE    Roerkohl, Anne | Das Hermannsdenkmal | Dia 08, S. 26-28
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit1.6.1   Varusschlacht / Rezeption
3.9   1900-1949
Ort2.5.5   Detmold, Stadt
Sachgebiet9.11   Feste, Feiern
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
15.12.6   Nationalismus / Patriotismus / Landesherren, Denkmäler
15.12.601   Hermannsdenkmal, Detmold
DATUM AUFNAHME2004-02-27
AUFRUFE GESAMT2738
AUFRUFE IM MONAT301