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(69 KB)   Hölzerne "Sica" aus dem Römerlager Oberaden / Münster, Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen   Hölzerne "Sica" aus dem Römerlager Oberaden / Münster, Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen
TITELHölzerne "Sica" aus dem Römerlager Oberaden
URHEBER ABBILDUNGKlem, Josef


INFORMATIONDas auf dem Bild zu sehende Holzgerät besitzt die Form eines großen Dolches oder kurzen Schwertes, ist noch 46,5 cm lang, wovon 30,5 cm auf die Klinge entfallen und wurde 1977 in einem Kastenbrunnen des Lagers Oberaden gefunden. Der hohe Grundwasserspiegel hat im Verlaufe der Ausgrabungskampagnen immer wieder zu bedeutenden Funden gut erhaltener Holzgeräte in dem Lager Oberaden geführt. Typologische Vergleiche erlauben es, in diesem Fundstück das Holzmodell einer Sica zu sehen, die als typische Waffe thrakisch-illyrischer Stämme aus dem mittleren Balkangebiet angesehen wird. Dieses Stück bildet lediglich dahingehend eine Ausnahme, daß es im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Sica - einem Hiebmesser mit nur einer Schneide an der gekrümmten Klingeninnenseite - zweischneidig ist, mit einem rautenförmigen Klingendurchmesser. Unzweifelhaft stammt der Fund aus der Belegungszeit des Lagers 11-8 v. Chr. durch die Römer.

Die Waffe ist aus einem einzigen Holzstück gearbeitet, das im Tangentialschnitt aus einem kräftigen Eschenstamm geschnitten worden ist. Der Griff und die leicht gebogene Klinge folgen überwiegend der Holzfaserrichtung. Lediglich in der Mitte der Klinge liegt eine Störung der Fasern vor - vermutlich durch einen Astansatz -, die aufgrund ihrer größeren Härte bewußt in Kauf genommen worden sein wird. Parierstange und Griffknauf besitzen die Form von Kugelsegmenten. Der Griff selbst ist für eine Männerfaust ausgelegt, was eine Deutung als Kinderspielzeug ausschließt.

Hölzerne Exerzierwaffen sind für das römische Heer literarisch mehrfach überliefert (Näheres: VON SCHNURBEIN, 1979, S. 121f.). Die Verletzungsgefahr der Übenden war geringer, Waffen und Kleidung wurden geschont. Mit der Deutung des Fundes als thrakisch-illyrische Sica, die als Übungswaffe eines Soldaten aus dem mittleren Balkangebiet gedient hätte, gelangt man zu der historischen Aussage, "daß bereits im Heer des Drusus in Germanien Hilfssoldaten aus der mittleren Balkangegend gekämpft hätten, die, wie bis in die Kaiserzeit hinein üblich, in ihrer nationalen Bewaffnung ins römische Heer übernommen worden wären." (VON SCHNÜRBEIN, 1979, S. 129).

Literarisch ist allerdings ebenfalls überliefert, daß auch Gladiatoren hölzerne Übungswaffen verwendet haben. In ihrer Form läßt sich die Sica aus Oberaden sogar noch besser mit den Waffen bei Gladiatorendarstellungen in Übereinstimmung bringen. Die Bewaffnung der Gladiatoren war ziemlich festgelegt und ein Dolch mit gekrümmter Klinge war die charakteristische Waffe der "Thraces", bereits in der römischen Republik geschätzter Gladiatoren aus Thrakien. Diese Beobachtungen aber führen zu dem Schluß, daß es in Oberaden eine Gladiatorengruppe gegeben haben muß, über deren genaue Funktion noch nichts gesagt werden kann. Gladiatoren müssen nicht allein der Unterhaltung der Legionäre gedient, sondern können auch die Leibwache des Kommandanten gebildet haben.

Weitere Funde bringen vielleicht eine endgültige Klärung, ob diese Sica einem Soldaten der Hilfstruppe oder einem Gladiatoren gehört hat. Sicher ist lediglich die Herkunft des Besitzers aus dem mittleren Balkan.

Der militärischen Ausbildung - bestehend aus Marsch, Lagerbau und Waffendrill - hatte sich jeder Legionär täglich zu stellen. Es konnte sich um eine Einzelausbildung an den verschiedenen Waffen, aber auch um Gruppenausbildung ganzer Truppenteile handeln. Verschiedentlich ist man im Raum Haltern auf Spitzgräben gestoßen, die sich nicht sinnvoll als militärische Anlagen deuten lassen und in denen man am ehesten die Überreste von den Lagerbau übenden Einheiten sehen darf. Im Bereich der Legionslager Vetera bei Xanten sind zahlreiche derartige Übungslager bekanntgeworden.

Unser heutiges Wort "exerzieren" stammt vom lateinischen Wort "ex - ercere" (= die Mannschaft aus der Burg zum Felddienst herausführen) ab, das Substantiv "exercitus" war gleichbedeutend mit der eingeübten Mannschaft, dem Heer.


Literatur

Schnurbein, S. von
Eine hölzerne Sica aus dem Römerlager Oberaden-Germania 57 (1979), S. 117-134.


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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Westfälisches Museum für Archäologie
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen


QUELLE    Höper, Hermann-Josef | Alltagsleben römischer Legionäre | Dia 04, S. 14f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit1.6   Römische Kaiserzeit
Ort1.12.1   Bergkamen, Stadt
DATUM AUFNAHME2004-02-29
AUFRUFE GESAMT531
AUFRUFE IM MONAT8