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(85 KB)   Wohnhaus in der sächsischen Siedlung bei Warendorf (Modell) / Münster,  Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen   Wohnhaus in der sächsischen Siedlung bei Warendorf (Modell) / Münster,  Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen
TITELWohnhaus in der sächsischen Siedlung bei Warendorf (Modell)
URHEBER ABBILDUNGKlem, Josef


INFORMATIONDie archäologisch nachweisbaren Kennzeichen des ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes im Gegensatz zu Großbauten mit ähnlichem Grundrißschema (Ställe, Scheunen) sind:
  1. die in der Mitte der Längsseiten vorstehenden Ausbauten,
  2. die wärme- und lichtspendende Herdstelle im Ostteil des Hauses und
  3. ein durch Pfosten abgetrennter Raum im Westteil.


Das Bild zeigt ein Modell des Wohnhauses einer Gehöftanlage, das nach dem ergrabenen Grundriß und den gewonnenen Schnittbildern der Pfostenspuren rekonstruiert wurde. [1] Es handelt sich um einen langgestreckten, durch ein Zwei-Pfosten-Gerüst gebildeten Hallenbau mit seitwärts heruntergezogenem Rieddach. Das Innere des Hauses, 'die Halle', ist frei von tragenden Pfosten. Der originale Grundriß zeigt eine von einer - sich paarig gegenüberstehenden - Pfostenreihe umgebene rechteckige Fläche von 5,20 x 24 m. Die äußeren Pfosten sind schräg gegen die senkrecht stehenden inneren Pfosten geneigt. Sie dienen als Streben. Die inneren Pfosten, die Wandpfosten, sind durch lehmverstrichenes Rutengeflecht miteinander verbunden. Auf den Köpfen der Wandpfosten ist ein Längsbalken, ein Rähm, aufgezimmert worden, der die Pfostenreihe zusammenhält. Die Sparrenhölzer, die das Dachgerüst bilden, sind auf die Längsbalken aufgesetzt worden. Der gesamte Druck der Sparren und die Last des mit Ried gedeckten Daches wird somit durch die eingegrabenen Pfosten und die gegen sie angesetzten Streben aufgefangen. [2]

Die Öffnung im First dient als Rauchabzug und Lichtloch. Der an der Längsseite liegende Ausbau (vier Pfosten) ist als ein vorgezogener überdachter Eingang anzusehen, während der - im Bild nicht sichtbare - gegenüberliegende Ausbau (drei Pfosten) als Erker mit Ehrenplatz für den Hausherrn angesprochen werden kann. Wahrscheinlich war dieser Erker mit einem Hochsitz ausgestattet, von dem aus der Hausherr bei festlichen oder amtlichen Anlässen die Hofbewohner und Gäste in seinen "vier Wänden" überschauen konnte. [3] Vermutlich wohnten in dem großen Wohnhaus freie Sachsen, während in den - in der Siedlung nachgewiesenen - kleineren Bauten mit Herdstelle Unfreie, Knechte und Mägde lebten. Inwieweit allerdings der Besitz an Haus und Hof immer Zeichen eines freien Standes war oder ob persönliche Unfreiheit auch Eigentum an Haus und Hof ermöglichte, muß dahingestellt bleiben. [4] Es ist außerdem bisher nicht bekannt, ob und inwiefern sich als Typus das Gehöft eines sächsischen Adligen von dem des Freien oder des Halbfreien unterscheidet. [5]

Baugeschichtlich betrachtet ist das Zweipfostengerüst schon seit vorchristlichen Jahrhunderten in Nord- und Mitteleuropa bekannt und weicht erst zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert dem witterungsrobusteren Ständerbau. Allerdings weisen die Zweipfostengerüste entsprechend der Lage der Außenwände eine unterschiedliche Gliederung des Innenraumes auf: entweder dreischiffige oder einschiffige Hallen. Der Vorteil der letztgenannten Konstruktion, so in der Warendorfer Siedlung, ist eindeutig: eine freie großflächige Nutzung des gesamten Innenraumes. [6]

Bedeutsam ist die in der Warendorfer Siedlung angezeigte Trennung von Wohn- und Stallhäusern. Während noch im 2.-5. Jahrhundert das Wohnstallhaus im größten Teil des germanischen Siedlungsgebietes verbreitet war und als "bevorzugte germanische Hausform" [7] bezeichnet wird, zeigt sich hier die Veränderung zum reinen Wohnhaus. Ursache könnte die allgemeine Vergrößerung der Viehbestände sein, die die Errichtung eigener Ställe notwendig machte. Das Wohnhaus mit der Vielzahl funktional bestimmter Nebenbauten ist keine stammesgebundene Eigenart, sondern läßt sich anhand archäologischer Ergebnisse und schriftlicher Quellen für verschiedene germanische Stämme nachweisen. Im westfälischen Raum setzt dann im Hoch- bis Spätmittelalter eine Veränderung zum Einheitshaus, d.h. der Vereinigung von Mensch, Tier und Ernte unter einem Dach, ein. [8]


[1] Vgl. Bild 4  Medien.
[2] Vgl. W. Winkelmann, 1984, S. 45f.
[3] Vgl. J. Schepers, S. 31.
[4] Vgl. H. Dölling, S. 74. Anm. 17.
[5] Vgl. M. Balzer. S. 236.
[6] Vgl. W. Winkelmann, 1984, S. 51.
[7] J. Herrmann (Hrsg.). Bd. 2, S. 81.
[8] Vgl. H. Dölling, S. 71-73.


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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Westfälisches Museum für Archäologie
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen


QUELLE    Frick-Lemmer, Gundi | Alltagsleben der Sachsen | Dia 03, S. 14f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ140   Modell
Zeit2   Mittelalter
Ort3.8.13   Warendorf, Stadt
Sachgebiet9.3   Wohnen, Wohnungsausstattung
DATUM AUFNAHME2004-03-01
AUFRUFE GESAMT2552
AUFRUFE IM MONAT165