MEDIEN

(80 KB)   Sächsisches Pferdegrab bei Beckum / Lageplan der Pferdegräber des sächsischen Fürstengrabes / Münster, Westfälisches Museum für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege/W. Winkelmann   Sächsisches Pferdegrab bei Beckum / Lageplan der Pferdegräber des sächsischen Fürstengrabes / Münster, Westfälisches Museum für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege/W. Winkelmann
TITELSächsisches Pferdegrab bei Beckum / Lageplan der Pferdegräber des sächsischen Fürstengrabes


INFORMATIONIm Zusammenhang mit Körperbestattungen tauchen auf frühmittelalterlichen Gräberfeldern immer wieder Pferdegräber auf. Bei den Pferden handelt es sich meistens um Reitpferde, die mit Zaumzeug und Trense bestattet wurden. Pferdegräber sind bei den germanischen Stämmen zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert vereinzelt vertreten, bei den Sachsen erst von dem 7. bis zum 9. Jahrhundert, dafür aber äußerst zahlreich. [1] Die Pferdegräber weisen auf einen die germanischen Stämme verbindenden Totenkult hin, wonach das Pferd bzw. die Pferde dem Verstorbenen auch für seine Reise ins Jenseits und für seinen dortigen Aufenthalt zur Verfügung stehen sollten. Sofern sich das Grab mit einem menschlichen Grab in Verbindung bringen läßt und nicht im Rahmen eines besonderen Opferkultes auftaucht, ist es ein Kennzeichen für den besonderen Reichtum des Verstorbenen. [2] Aus einer Gesetzessammlung (Lex Ribuaria) für das 8. Jahrhundert ist der Wert eines Reitpferdes überliefert: eine ganze Waffenausrüstung, bestehend aus Schwert, Lanze und Schild. [3]

In unmittelbarer Nähe des sächsischen Fürstengrabes wurden sechs Pferdegräber entdeckt. Sowohl die Lage der Gräber als auch das kostbare Reitgeschirr kennzeichnen ihre Zugehörigkeit zürn 'Fürstengrab'. Fünf dieser Pferdegräber waren in einer Reihe in Süd-Nord-Richtung zu Füßen des Fürstengrabes angeordnet, ein Pferdegrab lag abseits. Vier Pferdegräber zeigten Doppelpferdebestattungen. In den Gräbern an den beiden äußeren Seiten der Reihe war je ein Pferd bestattet. Ursprünglich in holzverschalten Gruben beigesetzt, boten sie bei der Ausgrabung einen eigentümlichen Anblick. Der obere Bildteil, eine Aufnahme des abseits gelegenen Doppelpferdegrabes, zeigt diese Grablegung: Die beiden Pferde waren mit zueinander gewandten Köpfen bestattet worden, die Vorderbeine gegeneinander und die Hinterbeine ineinandergelegt worden. Während das rechte Pferd durch Zaumzeug und Trense eindeutig als Reitpferd gekennzeichnet ist, hatte das andere Pferd vermutlich seinem Eigentümer als Waffenpferd gedient, da sich an seiner Sargkante die eisernen Reste eines Schildes fanden (im Bild nicht sichtbar).

Neben diesen Pferden, die dem toten Krieger als Beigabe mitgegeben wurden, gibt es Einzel- aber auch Doppelpferdebestattungen. Sie sind keinen menschlichen Gräbern zuzuordnen. Es sind gegenüber den mit Trense und Zaumzeug ausgestatteten älteren Reittieren meist jüngere Hengste. Dieses Phänomen ist einzigartig für die Sachsen gegenüber anderen germanischen Stämmen und deutet die besondere Bedeutung des Pferdes in der Religion der Sachsen an. [4] Warum ausgerechnet Pferde den Göttern geopfert wurden, kann weder aus den archäologischen Zeugnissen noch aus den schriftlichen Quellen eindeutig erschlossen werden.

Heute noch zieren gekreuzte hölzerne Pferdeköpfe die Giebel vieler Bauernhäuser in Niedersachsen. Zwar kennt man weder Alter noch Ursprung dieses Brauchtums, doch wurde es stets als Besonderheit des "niedersächsischen Stammestums" betrachtet. [5] Ebenso erinnert das Pferd in den westfälischen und niedersächsischen Landeswappen noch an die bevorzugte Stellung des Pferdes bei den frühmittelalterlichen Sachsen. Erstmalig taucht es in den Wappen der welfischen Herzogshäuser Braunschweig und Lüneburg im 14. Jahrhundert und der Erzbischöfe von Köln für das Herzogtum Westfalen im 15. Jahrhundert auf und "war ein bewußter Rückgriff auf altsächsische Vorstellungen und Überlieferungen". [6]


[1] Vgl. H. Steuer, S. 476.
[2] Vgl. J. Herrmann (Hrsg.), Bd. 2, S. 27.
[3] Vgl. H. Steuer, S. 476.
[4] Vgl. W. Winkelmann, 1983, S. 205.
[5] G. Schnath, S. 86.
[6] Ebenda, S. 44.


FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZMünster, Westfälisches Museum für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege/W. Winkelmann


QUELLE    Frick-Lemmer, Gundi | Alltagsleben der Sachsen | Dia 12, S. 35-37
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ5.1   Atlas, Kartenwerk, Karte / zeitgenössisch
35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit2   Mittelalter
Ort3.8.2   Beckum, Stadt
DATUM AUFNAHME2004-03-01
AUFRUFE GESAMT5272
AUFRUFE IM MONAT298