PERSON

FAMILIEKock
VORNAMEElisabeth


GESCHLECHTweiblich
GEBURT DATUM1807-02-28   Suche Portal
GEBURT ORTDarfeld
EHEPARTNER06.09.1842 Stiftskirche Borghorst: Bernhard Joseph Kock (gest. 1859)
TOD DATUM1881-01-22   Suche Portal
TOD ORTBorghorst


VATERMessing, Johannes Heinrich Rötger
MUTTERBeckmeyer, Anne Elisabeth


BIOGRAFIEIhr Name taucht in der Jubiläumschronik nicht auf. Zum 125. Gründungsjahr der "Borghorster Warps Spinnerei" legte das Münsterländer Unternehmen, das heute zu den modernsten Spinnereien Westdeutschlands zählt, 1986 ein reichbebildertes, 26seitiges Firmenportrait vor. Auf dem Innenumschlag der Broschüre sind die vier ersten Geschäftsführer in beeindruckenden Portraits abgebildet, doch die Hauptgründerin fehlt: Elisabeth Kock geborene Messing. Daß sie unerwähnt bleibt, mag daran liegen, daß das Firmenarchiv größtenteils vernichtet ist.

Die Leistung der Frau ist beeindruckend, ihre Lebensgeschichte einzigartig. Denn sie übernahm nicht, wie so manche Unternehmerin des 19. Jahrhunderts, die Firma nach dem Tod ihres Mannes, sondern: Elisabeth Kock geborene Messing zählt zu den ganz wenigen Frauen des 19. Jahrhunderts, die ein Unternehmen aus der Taufe hoben und es entscheidend mitprägten.

Sie stammte nicht aus einer der damals finanzkräftigen und einflußreichen Münsterländer Bürgerfamilien, sondern aus eher kleinen, ländlichen Verhältnissen. Geboren wurde sie am letzten Februartag des Jahres 1807 im Bauerndörfchen Darfeld, auf halber Strecke zwischen Coesfeld und Steinfurt gelegen. Ihre Eltern Johann Heinrich Rötger Messing und Anne Elisabeth geborene Beckmeyer unterhielten im Dorf eine kleine Gastwirtschaft mit einer dazu gehörenden Bäckerei; ein weiteres Zubrot verdiente sich der Vater als Weber.

Über Kindheit und Jugend ihrer Tochter Elisabeth ist nichts bekannt. Im Haushalt ihrer Eltern dürfte sie allmählich in die alltäglichen Arbeiten hineingewachsen sein, vielleicht auch verdingte sie sich einige Jahre als Dienstmagd auf den Bauernhöfen der Umgebung. Im Jahr 1830 jedenfalls, soviel ist sicher, kam sie nach Borghorst, um dem 51jährigen Witwer Bernhard Joseph Kock den Haushalt zu führen.

Dieser Mann war zu damaliger Zeit der bedeutendste Leinen- und Kattun-Verleger in Borghorst; Kötter und Hausweber im nordwestlichen Münsterland webten für ihn, die Stoffballen setzte er vor allem in den Niederlanden ab. Kock nannte in Borghorst eine Nesselweberei und eine Tabakfabrik sein eigen, er zahlte nach dem Landwirt Große Vehoff die zweithöchste Grundsteuer im Ort - kurzum: Er war ein wohlhabender Mann.

Bernhard Joseph Kock und seine Ehefrau Maria Agnes geborene Brinkhaus blieben kinderlos. Sie nahmen sechs Kinder aus der Verwandtschaft und Bekanntschaft an. Nach dem Tod der Ehefrau - der Borghorster Vikar Wildt nannte sie in seiner Dorfchronik "eine wahre Mutter der Armen" - hatte die neue Haushälterin aus Darfeld, Elisabeth Messing, die Kinderschar zu versorgen. In ihrem Haushalt wuchsen sogar noch weitere sechs Kinder auf - Nichten und Neffen des Borghorster Unternehmers, deren Mutter plötzlich verstorben war.

Für Elisabeth Messing war es alles andere als einfach, den großen Haushalt zu meistern. Doch mit "Tüchtigkeit und Güte", wie ihr ein Chronist später nachsagte, schaffte sie es, den Kindern eine "gute Pflegemutter" zu sein.

Am 6. September 1842 schließlich heirateten Elisabeth Messing und Bernhard Joseph Kock. Als die beiden in der Borghorster Stiftskirche vor den Traualtar traten, war sie 35 Jahre, er 63 Jahre alt. 17 Jahre währte die Ehe, in der Elisabeth Kock geborene Messing zwei Töchter zur Welt brachte.

Im Sommer 1859 starb Bernhard Joseph Kock hochbetagt im Alter von 80 Jahren. Nicht seine Ehefrau trat das Unternehmererbe an, sondern drei der Pflegekinder. Doch auch Elisabeth Kock blieb nicht untätig. Zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes gründete sie gemeinsam mit ihren inzwischen erwachsenen Pflegekindern die "Borghorster Warps-Spinnerei Kock & Compagnon". Am 9. März 1861, wenige Tage nach ihrem 54. Geburtstag, unterzeichnete sie als "Witwe B. J. Kock" gemeinsam mit den acht Gesellschaftern den sorgsam ausformulierten Gründungsvertrag.

Die Beteiligten, allen voran Elisabeth Kock, erklärten im Paragraphen 1 des Vertrags,. eine "baumwollen Warps & Cops Spinnerei und Stärkerei anzulegen" Mit "Warps" wird im Spinnereigewerbe das Kettgarn, mit "Cops" das Schußgarn bezeichnet. Laut Gesellschaftervertrag einigten sich die Beteiligten "vorläufig" auf eine Firmengröße von 12000 Spindeln; "jedoch soll das Etablissement wie auch die Dampfkraft so angelegt werden, daß die Zahl der Spindeln bis 20000 vermehrt werden kann", hieß es weitsichtig im Gründungsvertrag.

Daß Elisabeth Kock eine hervorgehobene Rolle bei der Gründung der Firma spielte, zeigt ein Blick auf das Gründungskapital der Spinnerei. Die Gesellschafter brachten zusammen 119500 Taler auf. Elisabeth Kock legte dabei die mit Abstand höchste Summe ein:
30000 Taler, ein Viertel des Startkapitals.

In die Geschäfte des Unternehmens freilich scheint Elisabeth Kock nicht eingegriffen zu haben. Jedenfalls wurden laut Paragraph 5 des Gesellschaftervertrages vier Geschäftsführer ernannt. Sie waren beauftragt, "die kaufmännischen Geschäfte der Gesellschaft nach ihrem besten Ermessen und Bemühen, wie es sich von selbst versteht, zu besorgen und den Nutzen und das Wohl der Spinnerei im Auge zu behalten".

Doch Elisabeth Kock behielt sich als Hauptgesellschafterin ein besonderes Vorrecht vor: Einer ihrer zukünftig zu erwartenden Schwiegersöhne solle "auf ihr Verlangen" in der Firma tätig sein können. Sämtliche Mitgründer der Firma erklärten sich mit diesem Privileg einverstanden.

Die "baumwollen Warps und Cops Spinnerei und Stärkerei" erlebte in den Folgejahren einen enormen Aufstieg. Als die Hauptgesellschafterin am 22. Januar 1881 in Borghorst starb, zählte die "Warps", wie das Unternehmen genannt wird, zur größten Spinnerei am Ort. 256 Arbeiter waren zu diesem Zeitpunkt in der Firma beschäftigt, das Garn wurde auf 24000 Spindeln gesponnen - 1000 Spindeln mehr als im bis dahin größten Konkurrenzunternehmen in Borghorst.

Diese Entwicklung der Firma dürfte Elisabeth Kock geborene Messing mit Zufriedenheit verfolgt haben. Sicher ist, daß sie noch bis ins hohe Alter immer wieder in das wirtschaftliche Leben Borghorsts eingriff und den Wandel des einstmals so ruhigen Bauerndörfchens zur industrialisierten Kleinstadt weiter vorantrieb. Noch kurz vor ihrem Tod unterstützte sie ihren Neffen finanziell, damit er eine stillgelegte mechanische Weberei kaufen und wieder in Gang setzen konnte.

QUELLE  Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 63f.
PROJEKT  Lebensbilder westfälischer Frauen
AUFNAHMEDATUM2003-08-22


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QUELLE    Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 63-64

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Zeit3.7   1800-1849
3.8   1850-1899
DATUM AUFNAHME2003-08-22
DATUM ÄNDERUNG2010-09-20
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