Gesandte 1645/49 > Duc de Longueville








Longueville,
Henri II. de Bourbon-Orléans,
Duc de


(07./27.04.1595 - Rouen 11.05.1663)

Außerordentlicher Gesandter des französischen Königs in Münster, 1645-1648




Sohn Heinrichs I. von Bourbon-Orléans (1568-1595) und dessen Frau Katharina (1568-1629), Tochter des Ludwig Gonzaga, Herzog von Mantua. Heiratet am 30.04.1617 die Tochter des Prinzen Karl von Condé, Louise de Bourbon (1603-1637); zweite Ehe am 02.06.1642 mit Geneviève (1619-1679), Tochter des Prinzen Heinrich II. von Condé.

Mit dem Erreichen der Volljährigkeit übernimmt er die Verwaltung der Picardie, ab 1619 regiert er in der Normandie. Wie der gesamte Hochadel ist er von der rigorosen Politik Richelieus betroffen, der den Einfluß des Adels zurückdrängen will. Er gehört nicht zu dem konsequenten Verschwörerkreis, doch ist er 1626 in einen nicht ausgeführten Attentatsversuch gegen den Kardinal verwickelt.

Im Zuge der militärischen Aufrüstung Frankreichs entscheidet er sich für eine militärische Karriere. 1636 erhält er den Auftrag, gegen die spanischen Niederlande zu intervenieren, 1639 wird er Befehlshaber der nach dem Tod des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar verstärkten französischen Armeen am Rhein. Die Kriegsereignisse führen ihn bis nach Italien. Mit dem Regierungsantritt Ludwigs XIV. gelingt ihm der Aufstieg in den Regentschaftsrat.

Als ihm 1645 der Auftrag erteilt wird, bei den Friedensverhandlungen in Münster als Missionschef die Streitigkeiten zwischen  Claude de Mesmes und  Abel Servien zu glätten, hat dies auch innenpolitische Gründe: Mit ihm wird Mazarin einen politischen Gegner los.

Am 30.06.1645 zieht er in Münster ein und bewohnt hier den Hof des Kanonikers Neuhof (Domplatz 34). Sein Einzug in Münster ist weit über die Stadt hinaus ein gesellschaftliches Ereignis. Zu seiner Gesandtschaft gehören 29 adelige Begleiter, 28 persönliche Diener, 24 Lakaien und 36 Leibgardisten. Allein das Küchenpersonal des Herzogs umfaßt 40 Personen. Für ihn persönlich stehen 12 Reitpferde zur Verfügung. Es ist zweifellos die größte Gesandtschaft des Friedenskongresses, die der Herzog aufzubieten versteht. Er führt ein aufwendiges Leben, allein 100 Karren Wein läßt er vor seiner Ankunft nach Münster transportieren. Entsprechend prunkvoll gestaltet sich der Einzug seiner 2. Gemahlin, Geneviève, am 26.07.1646. Bis zu ihrer Abreise am 27.03.1647 bleibt sie der gesellschaftliche Mittelpunkt des Kongresses in Münster.

Der Versuch des Herzogs, auf die Friedensverhandlungen Einfluß zu nehmen, indem er mit dem Grafen d'Avaux an einem Ausgleich mit Spanien arbeitet, scheitert am Widerstand Mazarins und dessen Vertrauten in Münster, Servien. Sein Aufenthalt trägt deshalb eher Züge einer politischen Verbannung; Mazarin läßt ihn auch hier überwachen. Am 03.02.1648 reist er nach seiner Abberufung im Januar aus Münster ab.

Zurück in Frankreich nimmt er, wenn auch halbherzig, am Aufstand der Fronde 1648-1653 teil. 1650 wird er gefangengesetzt und in Vincennes und Le Havre festgehalten. Nach seiner Freilassung zieht er sich in die Normandie zurück. Er stirbt mit 68 Jahren am 11.05.1663. Seine letzte Ruhe findet er im Familiengrab in Châteaudun.



Literatur

Cools I, S. 14; Waesberghen Nr. 8 (Abb.); Pacis Antesignani (Münster), fol. 6 (mit farbigem Wappen); Bignon Nr. 6 (Abb.); Aubry (Abb.); Kalender (Abb.); Moncornet Nr. 1 (Abb.); Theatrum Europaeum VI, S. 486 (Abb.); Pacificatores 1697 Nr. 45 (Abb.); Meiern IV Schema Nr. 14; Walther, S. 13; Bildnisse 1824, Nr. 21 (Abb.); Michaud 25, S. 81-82; NBG 31, Sp. 586-587; Philippi, Gedenkbuch, S. 136; Striedinger Nr. 12 (Münster) Nr. 25 (Osnabrück); Tekotte, S. 54; DBF, Sp. 832-837; Katalog Gripsholm Nr. 784; Dickmann, 41977, S 478-479; Bosbach, S. 22; Lahrkamp, Schauplatz, S. 306; Katalog Frieden, S. 137; Dethlefs/Ordelheide, Nr. 216 (Abb.); vgl. auch Abb. S. 106 nd 135.

Gerd Steinwascher


Quelle: H. Duchhardt / G. Dethlefs / H. Queckenstedt, "...zu einem stets währenden Gedächtnis", Die Friedenssäle in Münster und Osnabrück und ihre Gesandtenporträts", (=Osnabrücker Kulturdenkmäler, Bd. 8), Bramsche 1998, S. 208f.

Ein  Kooperationsprojekt des Internet-Portals "Westfälische Geschichte" mit dem  LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster (Kupferstiche), und dem  Rasch Verlag, Bramsche (Texte)
 
Porträt des Henri II. de Bourbon-Orléans, Duc de Longueville (07./27.04.1595 - Rouen 11.05.1663), Außerordentlicher Gesandter des französischen Königs in Münster, 1645-1648


Devise


TEMPVS BELLI ET TEMPUS PACIS

Es gibt eine Zeit für den Krieg, und es gibt eine Zeit für den Frieden.



Kartusche


Henricus d'Orleans Dux de Longeville, et d Estoutteville, Par Franciæ, Supremus Princ· in Neuchastel et Valengin Comes de Dunois sainct Paul Chaumont Tancarville Gournay: etc. Dns de Coulommiers Baro de Monstrevilbelay Vouvant Marvant Movilleron Bricguebee Trie Estrepagny etc. Prorex Normandiæ eiusdemq, Provinciæ Dux exercituum hæreditarius Regis Christianiss· ad Tractatum Pacis cum plena potestate Legat· extraord·




Wappenbeschreibung


Im blauen Schild unter einem silbernen [hier goldenen] dreilätzigen Turnierkragen drei (2:1) goldene Lilien um einen roten [hier goldenen] schrägrechten Einbruch auf der Herzstelle.
Auf dem Schild ruht die Krone der Prinzen von Geblüt mit Lilien auf dem edelsteinbesetzten Reif. Den Schild umgeben zwei Ordensketten: innen die Kollane des St.-Michaels-Ordens, außen die des Ordens vom Heiligen Geist mit der Taube auf dem achtspitzigen Kreuz.








Kupferstich von Cornelis Galle nach Anselm van Hulle, 1648, 31,0 x 20,2 cm (Blatt)
Münster, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inv.Nr. K 52-34 LM
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