PERSON

FAMILIEWindthorst
VORNAMEMargarete


GESCHLECHTweiblich
GEBURT DATUM1884-11-03   Suche
GEBURT ORTHesseln bei Halle (Westfalen)
TOD DATUM1958-12-09   Suche
TOD ORTBad Rothenfelde
BEGRÄBNIS ORTHesseln, Familiengruft


VATERWindthorst, Friedrich August
MUTTERHülbrock, Eugenie


BIOGRAFIEEine Frau aus Westfalen, eine Dichterin und Bäuerin, erhielt 1946 den ersten Literaturpreis, der im kriegszerstörten Deutschland verliehen wurde. Die Auszeichnung hieß "Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis" und wurde in Münster vergeben an die 61jährige Schriftstellerin Margarete Windthorst, die auf einem Bauernhof unweit von Halle am Fuß des Teutoburger Waldes lebte und arbeitete.

Die Erinnerung an Margarete Windthorst ist längst verblaßt. Nur wenige Experten kennen noch ihren Namen. Zu ihrer Zeit bekannt aber war Margarete Windthorst vor allem durch ihre Erzählungen und durch mehrere Romane, die als ihr eigentliches Hauptwerk gelten. Darin schildert sie in allen Facetten das Alltagsleben der ländlich-bäuerlichen Welt des Ravensberger Landes - jenes Landstriches also, in dem sie aufgewachsen war und fast ihr ganzes Leben verbrachte. Ihr schriftstellerisches Werk hat Margarete Windthorst in einem Brief auf folgenden Nenner gebracht: "Die westfälische Heimat mit ihrem bäuerlichen Volk ist für mich der Tropfen, darin die Welt sich spiegeln soll."

Geboren wurde Margarete Windthorst am 3. November 1884 als jüngste von drei Töchtern der Eheleute August Windthorst und Eugenie Windthorst, geborene Hülbrock. Ihre evangelische Mutter entstammte einer ostwestfälischen Bauern- und Juristenfamilie; sie hatte nach den ungeschriebenen Regeln des Ravensberger Anerbenrechts als jüngste Tochter das Erbe des elterlichen Hofes angetreten. Der katholische Vater August Windthorst hatte sich 1879 "eingeheiratet"; er stammte aus einer Borkener Juristen-Familie und war entfernt verwandt mit dem berühmten Zentrumspolitiker und Bismarck-Gegenspieler Ludwig Windthorst.

Mit ihren drei Schwestern wuchs Margarete Windthorst in der ländlichen Abgeschiedenheit des elterlichen Hofes auf. Er zählte zu den ältesten Bauernhöfen des Dorfes Hesseln unweit von Halle. Viele Geschichten rankten sich um die Vorfahren auf dem Hof Die Erinnerung daran prägte die Atmosphäre des Hauses - und das spätere Werk der Margarete Windthorst.

Auch die religiöse Welt der Schriftstellerin und ihre eigenständige, unorthodoxe Gläubigkeit wurzelt in den frühen Kindheits- und Jugenderfahrungen. Durch ihre evangelische Mutter und ihren katholischen Vater erfuhr Margarete Windthorst früh das Verbindende und das Trennende zwischen den beiden Konfessionen. In ihren unveröffentlichten Erinnerungen stellt sie fest:

"Durch meine Mutter hineingeboren ins Protestantische des Ravensberger Landes, genötigt aus ihrem Brunnen mein Schaffen zu holen, habe ich diese Religionsformen geachtet und geliebt. Aber ich bin meines Vaters Tochter und als solche Katholikin."

Ihren Vater verlor Margarete Windthorst als Dreizehnjährige. Er starb 1898 an Nervenfieber. Seine Frau verwaltete fortan über mehr als zwanzig Jahre hinweg den Hof.

Über die Ausbildung Margarete Windthorsts ist wenig überliefert. Es heißt, sie habe für kurze Zeit die Höhere Töchterschule bei den Ursulinen in Osnabrück besucht, sei dann aber heimwehkrank zurückgeschickt worden nach Hesseln. Gemeinsam mit ihren beiden Schwestern wurde sie von einer Hauslehrerin unterrichtet, die die literarische Begabung der jüngsten Windthorst-Tochter entdeckte und förderte. Weiter verbrachte Margarete Windthorst eine kurze Zeit in Münster. Sie schrieb sich als Gasthörerin an der Universität ein. Hier baute sie ihre literarische Bildung, die ihr schon im Elternhaus vermittelt worden war, weiter aus.

Mit 27 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband. Er erschien 1911 in der angesehenen Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart. Acht Jahre später, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, erschien ihr zweites Buch mit dem Titel "Die Seele des Jahres". Die natur- und heimatbezogenen Gedichte und Erzählungen sind im Ton von Hymnen, Märchen und Sagen verfaßt und spiegeln die Suche der jungen Dichterin nach ihrem eigenen Stil wider. Einem größeren Leserkreis wurde Margarete Windthorst bekannt durch ihre ersten Schicksals-Romane aus der westfälischen Bauern- und Adelswelt: 1922 wurde der Roman "Die Taustreicherin" veröffentlicht, zwei Jahre später folgte "Der Basilisk".

Zu dieser Zeit verwaltete die Schriftstellerin bereits den elterlichen Hof. Ihre Mutter war 1921 gestorben. Als jüngste Tochter hatte Margarete Windthorst - wie einst ihre Mutter das Hoferbe angetreten. Und wie ihre Mutter führte auch sie mehr als zwanzig Jahre lang die Geschäfte des Hofes, durch die Jahre zwischen Wirtschaftskrise, Krieg und Wiederaufbau. Um 1950 vererbte sie den Hof an einen Großneffen.

Die Arbeit auf dem Hof ließ ihr in den ersten Jahren kaum Zeit zum Schreiben. In ihren Erinnerungen schrieb sie später darüber: "Ich habe mich oftmals einem Hunde verglichen, den in diesen Jahren der Pächter an der Kette oder Drahtschnur liegen hatte, der nie losgelassen wurde und zuweilen in den Nächten kurz aufheulte, um sich dennoch wieder in seine Hütte hinein zu bescheiden."

Gleichwohl war Margarete Windthorst daran beteiligt, als 1931 in Dortmund ein "Westfälischer Schriftsteller-Ring" gegründet wurde. Zwei Jahre später, im September 1933, folgte sie einer Einladung zu einem westfälischen Dichtertreffen in Dortmund. Neben zweit- und drittklassigen Autoren lass sie öffentlich aus ihren Werken. Ihre Teilnahme sollte Margarete Windthorst schon bald bereuen, denn das Treffen war organisiert vom NS-"Kampfbund für deutsche Kultur"; einen Tag nach dem Dichtertreffen wurde der "Ring" zwangsaufgelöst.

Aus der literarischen Welt des "Dritten Reiches" zog sich Margarete Windthorst zurück. Als sie 1935 erneut zu einem Schriftstellertreffen eingeladen wurde, lehnte sie ab. "Sie wollte nicht noch einmal als Feigenblatt für Mittelmaß dienen", so die Literaturhistorikerin Renate von Heydebrand.

Gleichzeitig stellt Renate von Heydebrand fest, Margarete Windthorst sei zumindest mit einem Teil ihrer Werke in die Nähe der parteioffiziellen Blut-und-Boden-Literatur geraten. Mit ihrem 1943 veröffentlichten Gedichtband "Mär und Mythe - Deutsche Balladen und Gesänge" beispielsweise habe sich Margarete Windthorst "bei beachtlicher Könnerschaft im sprachlichen Entwurf" dem herrschenden Ton angepaßt.

Die parteioffiziellen Erwartungen an einen Bauernroman habe auch ihr Roman "Die Sieben am Sandbach" aus dem Jahr 1937 erfüllt. 1940 erschien der Fortsetzungsband "Mit Lust und Last", 1949 der Folgeband "Zu Erb und Eigen", der die "Ravensberger Trilogie" beschließt. Darin stellte Margarete Windthorst das bäuerliche Leben ihrer Heimat, ferner das westfälische Leben in Staat und Kultur zwischen 1820 und 1930 romanhaft dar. Hauptsächlich für die ersten beiden Bände erhielt Margarete Windthorst 1946 den oben erwähnten Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis.

Christliche Überzeugungen treten, so Renate von Heydebrand, "wieder stärker und reiner" im Nachkriegswerk der Margarete Windthorst hervor. Hierzu sind vor allem ihre kleineren Erzählungen zu rechnen, ferner Naturbeschreibungen und kurze Kalendergeschichten. Kurz vor ihrem Tod, am 9. Dezember 1958, setzte sie den Schlußpunkt unter ihren letzten großen Roman mit dem Titel "Erde, die uns trägt". Darin schildert Margarete Windthorst noch einmal in romanhafter Form die bäuerliche Welt ihrer Ravensberger Heimat zwischen 1880 und 1950.

QUELLE  Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 121f.
PROJEKT  Lebensbilder westfälischer Frauen
AUFNAHMEDATUM2004-09-09


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QUELLE    Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 121f.
  Schulte, Wilhelm | Westfälische Köpfe | S. 375f.

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ40   Biografie (Einzelperson/Familie)
Zeit3.8   1850-1899
3.9   1900-1949
3.10   1950-1999
Sachgebiet15.7   Literatur, Schriftstellerin/Schriftsteller
DATUM AUFNAHME2003-10-13
AUFRUFE GESAMT2777
AUFRUFE IM MONAT16