PERSON

FAMILIEÜffing
VORNAMEEmma
BERUF / FUNKTIONClemensschwester in Dinslaken und Münster


VERWEISUNGSFORMEuthymia ["die Heitere"]
GESCHLECHTweiblich
GEBURT DATUM1914-04-08   Suche
GEBURT ORTHalverde
KONFESSIONkath.
TOD DATUM1955-09-09   Suche
TOD ORTMünster, Mutterhaus der Clemensschwestern
TODESURSACHEKrebs
BEGRÄBNIS ORTMünster, Zentralfriedhof


VATERÜffing, August
MUTTERÜffing, Maria


BIOGRAFIEWie schon oft, fuhr der Bauer Franz Üffing seinen Milchkarren aus dem benachbarten Hopsten zurück in sein Heimatdorf Halverde, als das Unglück passierte. Er verlor die Kontrolle über das Gespann. "Die Pferde gehen durch!" hörte er seine entsetzte Mutter und die Geschwister noch rufen, während er sich abmühte, die Tiere zum Stehen zu bringen.

Emma Üffing, die Schwester des Bauern, fand als erste die Fassung wieder. Beherzt griff sie in die Zügel, wurde von den Pferden gefährlich mitgeschleift, brachte aber schließlich den Wagen zum Stehen. Ohne ein Wort zu verlieren, so wird berichtet, soll sie wieder an ihre Arbeit gegangen sein.

Diese Geschichte trug sich 1928 zu und wird in den Biographien über Emma Üfing, die spätere Schwester Maria Euthymia, überliefert. Emma Üffing, eins von zehn Kindern auf dem Hof von August Üffin.g in Halverde, einem Moordorf im Norden des Tecklenburger Landes, war damals gerade fünfzehn Jahre alt.

Als Schwester Maria Euthymia vom Orden der Clemensschwestern wurde sie später im Zweiten Weltkrieg zur begnadeten Krankenpflegerin, geliebt und geehrt von den Kriegsgefangenen, die sie in der Baracke des St.-Vinzenz-Hospitals in Dinslaken pflegte. Für großes Aufsehen sorgten schließlich nach ihrem Tod die zahlreichen "Wunderheilungen", die dem Wirken der Schwester aus Halverde zugeschrieben werden.

Emma Üffing wurde am 8. April 1914 als Tochter der Eheleute Maria und August Üffing in Halverde geboren. Sie zeigte sich gefällig gegen Eltern und Geschwister, nahm alle unangenehmen Arbeiten auf sich. Ihr Wunsch stand schon früh fest: Sie wollte Ordensfrau werden.

Das Lernen fiel Emma Üffing nicht eben leicht, aber mit unermüdlichem Fleiß kam sie gut durch die Schule. Immer ihr großes Ziel vor Augen, begann sie 1931 eine Lehre in der Küche des St. Anna-Krankenhauses in Hopsten, das von den Clemensschwestern geleitet wurde. 1934 bat sie um Aufnahme in den Orden, wurde aber abgewiesen. Sie sei zu schwächlich, hieß es. Auch ließ ihr Äußeres zu wünschen übrig. Ein rachitisches Mädchen mit einem herabhängenden Augenlid schien keine Chance auf Aufnahme in den Orden zu haben.

Gute Fürsprache ihres Gemeindepfarrers und Empfehlungen aus Hopsten ebneten Emma Üffing schließlich doch noch den Weg. Im Oktober 1935 trat sie den Clemensschwestern bei. Ihr Ordensname wurde Maria Euthymia. Das Ziel ihrer Jugendträume war erreicht.
Sie ließ sich als Krankenschwester ausbilden. Im Oktober 1936, kurz nach dem Ablegen ihrer zeitlichen Gelübde, wurde sie an das St.-Vinzenz-Hospital in Dinslaken versetzt, wo sie bis in die frühe Nachkriegszeit blieb.

In den Jahren des Zweiten Weltkrieges wurde die schlichte Bauerntochter aus dem Tecklenburger Land zum "Engel der Kriegsgefangenen". Im Dinslakener Krankenhaus pflegte sie die verletzten Kriegsgefangenen, die in das Lazarett eingeliefert wurden: Russen, Ukrainer, Polen, Italiener, Belgier und Franzosen. Der französische Pfarrer Emile Eche, der damals als Kriegsgefangener das Wirken der Ordensschwester erlebte, berichtet von dem langen Arbeitstag der Ordensfrau:

Um fünf Uhr morgens sei sie aufgestanden, habe gebetet und die Messe gehört. So habe sie sich Kraft für den Tag geholt, vermutet Emile Eche. Tagsüber galt es, über siebzig Kranke in der Inneren und Chirurgischen Abteilung zu versorgen - und Pflegepersonal war knapp. Dort tat die selbstlose Schwester ihren Dienst, hatte für jeden ein gutes Wort und ein Lächeln. Abends legte sie sich in den Kleidern schlafen, um gleich zur Stelle zu sein, wenn ein Kranker nach ihr rief - und das war oft der Fall.

Als Krankenpflegerin im St.-Vinzenz-Hospital ist Maria Euthymia über sich selbst hinausgewachsen. Doch es war ihr nicht vergönnt, ihren Beruf weiter auszuüben. Nach Kriegsende wurde sie nach Münster zurückbeordert und als Leiterin der Wäscherei eingesetzt, in der die Wäsche des Mutterhauses der Clemensschwestern und der Raphaelsklinik gewaschen wurde.

Im Winter 1948 übernahm die Schwester ihre neue, undankbare Aufgabe. Sie beklagte sich nicht, quälte sich an riesigen Waschzubern, mühte sich mit triefnassen Wäschestücken ab und arbeitete so hart, wie es ihre schwächliche Konstitution erlaubte.

Sieben Jahre später, im Sommer 1955, mußte sie nach mehreren Schwächeanfällen auf die Krankenstation gebracht werden. Die Diagnose lautete: Krebs. Kurze Zeit später, am 9. September 1955, starb sie im Alter von 41 Jahren.

Seit jenem Tag trafen im Mutterhaus der Clemensschwestern zahlreiche Meldungen von "wundervollen Heilungen" ein, die auf das Wirken Schwester Euthymias zurückgehen sollen. Bereits unmittelbar nach ihrem Tod geschah das erste Wunder, das auf eine Fürbitte an Schwester Maria Euthymia erfolgt sein soll. Ihr Biograph Emile Eche berichtet:

"Die Ordensschwester M. Avelline geb. Koenen war mit einer Hand zwischen die Walzen der großen Bügelmaschine geraten. Ihre rechte Hand war zerquetscht und gefährlich verbrannt. Der Chefarzt der St.-Raphaels-Klinik in Münster, Dr. Morgenroth, stellte Verbrennungen dritten Grades an vier Fingern fest, deren Sehnen und Streckmuskeln offenlagen. Der Arzt dachte an eine Hautübertragung. Am 10. September 1955 jedoch, am Tag nach dem Hinscheiden Schwester Euthymias, ging Schwester Avelline zum Sarg der Dienerin Gottes und bat sie, für ihre verstümmelte Hand zu sorgen, damit sie zur größeren Ehre Gottes wieder arbeiten könne. Nach acht Tagen war die Hand geheilt. Diese Heilung war unbegreiflich. Der behandelnde Arzt konnte nur feststellen, daß eine Operation nicht mehr nötig sei; die Finger konnten sich wieder frei bewegen und waren ganz gesund."

Dem Mutterhaus der Clemensschwestern in Münster wurden mittlerweile über 34 000 solcher wundersamen Gebetserhörungen und Heilungen gemeldet. Von zahlreichen Gläubigen in aller Welt wird Maria Euthymia als Vermittlerin und Fürsprecherin bei Gott angerufen.

Ihr Grab auf dem Zentralfriedhof in Münster ist längst zu einer Pilgerstätte geworden. Blumen, Kerzen und Täfelchen mit Dankesbezeugungen zeigen, wieviel Vertrauen Gläubige in das Wirken und die Hilfe der Schwester setzen. Gespannt wartet die gläubige katholische Welt darauf, daß der 1959 eingeleitete Seligsprechungsprozeß der westfälischen Bauerntochter abgeschlossen wird.

Gewartet wird auch in Halverde. Das Elternhaus Maria Euthymias wurde oft zum Ziel von Gläubigen - vor allem, so lange die Mutter Maria Üffing noch lebte. Sie starb 1975 und hatte noch einiges vom Rummel um ihre Tochter miterlebt. Ein heiligmäßiges Mitglied in der Familie zu haben, war für die Üffings nicht immer leicht. " Üffings Nönneken", sagten die Nachbarn zu dem ernsten Kind, und sie meinten es nicht böse. Emma war etwas Besonderes, das merkten alle. Sie war fröhlich, doch auf die Kirmes oder zum Tanz ging sie nur mit, um den anderen den Spaß nicht zu verderben.

Als Ordensfrau kam Maria Euthymia nur noch selten nach Halverde. Verpflichtungen und Ordensregel ließen nur kurze Besuche bei der Familie zu. Doch die Erinnerung an "Üffings Nönneken", die berühmteste Tochter Halverdes, ist in ihrem Heimatdorf wach.

Marielies Saatkamp

QUELLE  Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 143f.
PROJEKT  Lebensbilder westfälischer Frauen
AUFNAHMEDATUM2004-09-09


PERSON IM INTERNETBiografien, Literatur und weitere Ressourcen zur Person mit der GND: 118625039


QUELLE    Strotdrees, Gisbert | Es gab nicht nur die Droste | S. 143f.
  Haunfelder, Bernd | Nordrhein-Westfalen | S. 465
   | Frauenbilder | S. 076f.

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Zeit3.9   1900-1949
3.10   1950-1999
Ort1.1.4000   Dinslaken, Stadt
3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet5.7.4   Kriegsgefangenschaft
5.8.1   Kriegsalltag / Zivilbevölkerung
6.8.8   Frauen
8.4   Sozialfürsorge, Fürsorgeeinrichtungen
16.2   Katholische Kirche
16.6.5   Domkapitel / Klöster / Stifte, Klosterleben
DATUM AUFNAHME2003-10-16
DATUM ÄNDERUNG2023-10-16
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