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(110 KB)   Lageplan des Stalag 326 (VI K) Senne vom Sommer 1944 / Freiburg, Bundesarchiv/Militärarchiv   Lageplan des Stalag 326 (VI K) Senne vom Sommer 1944 / Freiburg, Bundesarchiv/Militärarchiv
TITELLageplan des Stalag 326 (VI K) Senne vom Sommer 1944
DATIERUNG1944
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONAnfang 1939 regelte das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) grundsätzlich den Bau und die Arbeit eines Kriegsgefangenenlagers, wobei es als wichtigste Voraussetzung eine einfache Versorgung des Lagers mit gutem Wasser festlegte. Weitere Anforderungen waren eine zwar abseitige, aber doch verkehrsgünstige Lege, die Versorgung mit elektrischem Strom sowie eine hygienisch einwandfreie Beseitigung des Abwassers. Es sollte sich darüber hinaus um regelmäßig begrenzte, übersichtliche und geschützte Grundstücke auf landwirtschaftlich minderwertigen Böden handeln.

Ein Lager bestand nach der Vorschrift aus mehreren Teilen. An der Einfahrt befanden sich Wach- und Geschäftszimmerbaracken. Das eigentliche Kriegsgefangenenlager begann mit dem Vorlager und den sogenannten Funktionsbaracken für Aufnahme, Brennstoff, Krankenversorgung, Handwerker und Desinfektion. Daran schloß sich das Hauptlager für 10.000 Gefangene an, eingeteilt in zehn Gruppen von je vier Mannschaftsunterkünften für je 280 Mann nebst Abortbaracke, wobei jede Gruppe mit Stacheldraht von der benachbarten abgetrennt war. Ungefähr in der Mitte sollten zwei Küchen- und eine Verkaufsbaracke liegen. Der Aufbau der Baracken war bis in alle Einzelheiten geregelt; für jeden Gefangenen veranschlagte die Planung 2,5 Quadratmeter, für jeden Wachmann 3 Quadratmeter. Ein doppelter Stacheldrahtzaun umgab das gesamte Areal. Die Personalstärke belief sich bei einer Belegung mit 10.000 Kriegsgefangenen auf 98 Soldaten - 14 Offiziere, 23 Unteroffiziere und 61 Mannschaften - sowie 33 Militärbeamte und -angestellte, bei denen es sich, ähnlich wie bei den zur Bewachung eingesetzten Landesschützenbataillone, zumeist um ältere oder nur bedingt verwendungsfähige Männer handelte.

Auch die Lager für die sowjetischen Kriegsgefangenen sollten, wenn auch in einfacherer Form, gemäß dieser Vorschrift aufgebaut werden. Wirklich befolgt wurde sie allerdings allem Anschein nach nur im Fall des Stalag 326 (VI K) Senne. Das liegt vor allem daran, daß Im Gegensatz zu den meisten anderen Standorten am vorgesehenen Platz keinerlei Unterkünfte vorhanden waren, die als Kernpunkt eines neuen Lagers hätten dienen können. Insofern zeigt der Lageplan von 1944 in gewisser Weise den nach deutschen Vorstellungen Idealen Grundriß eines Kriegsgefangenenlagers überhaupt, rechteckig, mit einer großen Lagerstraße als Hauptachse, aufgeteilt nach den genannten Grundsätzen. Es lag, wie für die "Russenlager" vorgesehen, an der Grenze des Truppenübungsplatzes Senne nahe der Reichsstraße 68 von Bielefeld nach Paderborn. Eine kleine Straße führte zu dem etwa 1 km entfernt liegenden Gasthof Forellkrug, der zusammen mit der Kirche St. Achatius den Kern der Bauernschaft Stukenbrock-Senne bildete. Ein Haus gegenüber dem Forellkrug diente von Anfang an als Sitz der Kommandantur des Kriegsgefangenenlagers, das daher eine Zeit lang ganz offiziell auch als "Stalag 326 (VI K) Forellkrug" bezeichnet wurde. Das deutsche Lager, bei der Ankunft der sowjetischen Gefangenen im Juli 1941 weitgehend fertiggestellt, befand sich außerhalb der Umzäunung und integrierte gleichsam einen an dieser Stelle bestehenden alten Bauernhof. Im deutschen Lager befanden sich alle Einrichtungen, die für das tägliche Leben des Verwaltungs- und Bewachungspersonals erforderlich waren.

Der eigentliche Lagerkomplex, zu dem der Zutritt ohne dienstlichen Grund streng untersagt war, war von einem doppelten Stacheldrahtzaun (im Plan mit der Signatur = = = gekennzeichnet) umgeben und in sich mehrfach unterteilt. Das Vorlager diente der Versorgung der Lagerinsassen. Zu ihm gehörten etliche Revierbaracken für erkrankte Gefangene, wobei allerdings ernstere Fälle, vor allem Tuberkulosekranke, seit Ende 1941 in das Kriegsgefangenenlazarett Staumühle, ebenfalls auf dem Truppenübungsplatz Senne gelegen, überwiesen wurden. Wohl als erstes fertiggestellt war in diesem Bereich die steingemauerte, noch heute erhaltene Entlausungsanstalt. Sie ist zwar im Plan nicht bezeichnet, an ihrer Größe und ihrer Form, einem auf dem Kopf stehenden "T", aber leicht zu erkennen. In der Aufnahmebaracke wurden neuankommende Gefangene registriert bzw. die entsprechenden Eintragungen in die Unterlagen der bereits mit Personalpapieren ausgestatteten Rotarmisten gemacht. Die heute als Dokumentationsstätte genutzte Arrestbaracke schließlich diente der vorübergehenden Unterbringung von Gefangenen, denen disziplinarische oder strafrechtlich relevante Vergehen vorgeworfen wurden.

Im Hauptlager waren die Gefangenen untergebracht, soweit sie nicht auf einem der zahlreichen Arbeitskommandos in der Region lebten. In der Regel handelte es sich bei den ersteren um Genesende oder um solche, die mit Arbeiten im Lager selbst beschäftigt waren, d.h., die meisten Männer befanden sich außerhalb des Lagers, so daß die Zahl der dem Lager Zugeordneten - die Zahl, die dem OKW monatlich als Bestand gemeldet wurde - die der unmittelbar in ihm Lebenden bei weitem überstieg. Um die Bildung größerer Widerstandsgruppen zu vermeiden, war das Hauptlager in mehrere, durch Stacheldraht voneinander abgetrennte Gruppen, die sog. Boxen, unterteilt.

Aus dem üblichen Rahmen fällt das Zeltlager. Seine Existenz wird verständlich vor dem Hintergrund der Funktion als Aufnahme- und Musterungslager für den Ruhrbergbau, die dem Stalag Senne im Herbst 1942 zugewiesen wurde. Von diesem Zeitpunkt an wurden immer wieder Tausende von Gefangenen durch das Lager geschleust, dort aufgenommen - die Zahl der in der Senne registrierten sowjetischen Gefangenen ist mit rund 200.000 so hoch wie in keinem anderen Lager, hinzu kommen noch etwa 100.000 Männer, die bereits in einem anderen Lager ihre Erkennungsmarken und Personalkarten erhalten hatten - und in das Stalag VI A Hemer als zentralem Bergbaulager weitergeleitet, ein Vorgang, der inklusive der Quarantänezeit maximal drei Wochen in Anspruch nahm. Dafür Baracken zu errichten, lohnte sich aus Sicht der militärischen Führung nicht, und daher ließ die Lagerleitung stattdessen große Zelte aufbauen, in denen die Gefangenen während dieser Zeit untergebracht wurden (s. Dokument 5  Quelle und Dokument 8  Quelle).

Ab September 1942 schließlich wurde noch ein besonders abgetrennter Bereich für Kriegsgefangene anderer Nationen eingerichtet. Zu diesem Zeitpunkt erhielt das Stalag 326 (Vl K) mit dem Land Lippe und dem Regierungsbezirk Minden ein eigenes Arbeitseinsatzgebiet und übernahm in diesem Bereich sämtliche Gefangenen, die dort bisher von den Lagern VI A Hemer, VI D Dortmund und VI C Bathorn aus geführt worden waren, vor allem Franzosen (s. Dokument 5  Quelle). Dieses sog. Westlager war erheblich besser ausgestattet als das "Russenlager", eine Baracke für geistige Betreuung enthielt eine Bibliothek mit etwa 15.009 Bänden, Theateraufführungen waren möglich. Die Besserstellung der Franzosen gegenüber den "Russen" zeigt ein Besuchsbericht einer Delegation des Roten Kreuzes vom Juli 1944. Die Franzosen, die zum Teil grüne Uniformen trügen, so heißt es dort, bäten darum, "Khaki-Kleider tragen zu dürfen, da sie befürchten, mit den russischen Kriegsgefangenen verwechselt zu werden" (s. Dokument 9  Quelle).

Fast alle lebensnotwendigen Güter und Baumaterialien wurden über den etwa sieben Kilometer entfernten Bahnhof Hövelhof an der Strecke Paderborn-Bielefeld angeliefert. Um den Transport in das Lager zu beschleunigen und die Kapazitäten zu erhöhen, ließ die Wehrmacht wohl 1943 eine spezielle Kleinbahn vom Bahnhof zum Lager einrichten, die im Vorlager endete und deren Trasse heute zum Teil als Radweg dient (im Plan gekennzeichnet durch eine stärkere schwarze Linie, unten zunächst parallel verlaufend zur vorhandenen Entwässerungs-Leitung). Ende 1944 stellte die Lagerkommandantur sogar noch den Antrag auf einen normalspurigen Anschluß des Lagers an die Reichsbahn, doch ist es wegen der Kriegsereignisse dazu nicht mehr gekommen.

Bis heute ist das Lager, wohl einzig in Deutschland, in seinen Umrissen und wichtigen Gebäuden erhalten.


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OBJEKT-PROVENIENZFreiburg, Bundesarchiv/Militärarchiv
OBJEKT-SIGNATURRH 53-6/111


QUELLE    Otto, Reinhard | Das Stalag 326 (VI K) Senne | Dia 03, S. 16-19
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ5.1   Atlas, Kartenwerk, Karte / zeitgenössisch
DATUM AUFNAHME2003-11-20
AUFRUFE GESAMT1305
AUFRUFE IM MONAT4