MEDIEN

(90 KB)   Notunterkünfte in Münster nach dem Zweiten Weltkrieg / Münster, Stadtarchiv / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Notunterkünfte in Münster nach dem Zweiten Weltkrieg / Münster, Stadtarchiv / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELNotunterkünfte in Münster nach dem Zweiten Weltkrieg
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONNeben der sich bis 1948 rapide verschlechternden Ernährungslage bildete die katastrophale Wohnsituation ein bestimmendes Element der sozialen Not. Auch hier bieten statistische Übersichten nur ein grobes Raster für die Wiedergabe der Realität. Von den 33.737 Wohnungen, die Münster 1939 zählte, blieben lediglich 1.050 unbeschädigt. Kaum 12.600 waren 1945 überhaupt noch bewohnbar. Nahezu 21.100 Wohnungen waren im Bombenkrieg derart in Mitleidenschaft gezogen worden, daß sie entweder erst nach umfangreichen Instandsetzungsarbeiten wieder als menschliche Wohnstätten dienen konnten oder völlig neu aufgebaut werden mußten. [1]

Der drastisch gesunkenen Zahl von Wohnungen stand in der frühen Nachkriegszeit ein kontinuierlicher Anstieg der Bevölkerung gegenüber. Nicht zuletzt auf die Spitze getrieben durch die gigantische Fluchtbewegung der ostdeutschen Bevölkerung vor der Roten Armee gegen Ende des Krieges und der Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen aus Ostmitteleuropa, wie sie auf den alliierten Kriegskonferenzen prinzipiell sanktioniert worden war. Die enorme Zahl von Flüchtlingen und Zwangsumgesiedelten bewirkte in allen Besatzungszonen eine ungeheure Verschärfung der ökonomischen, sozialen und politischen Probleme und dramatisierte auch in Münster die ohnehin bestehende Wohnungsnot beträchtlich.

Das Wohnungsamt, das bereits am 08.04.1945 seine Tätigkeit wieder aufgenommen hatte, stand vor schier unlösbaren Schwierigkeiten. Da weder überörtliche Behörden noch eine Staatsautorität vorhanden waren, die eine eindeutige Rechtsgrundlage für den Zuzug von außerhalb und die Wohnraumzuteilung hätten schaffen können, erließ der damals geschäftsführende Bürgermeister, Justizrat Peus, am 01.05.1945 Richtlinien, die sich dieser Problematik annahmen.

Danach war der Zuzug und die Zuweisung von Wohn- und Geschäftsräumen strikt von der Genehmigung der städtischen Polizeiverwaltung abhängig. Die Bedingungen, die an diese Genehmigung geknüpft waren, konnten viele Zuzugswillige aber nicht erfüllen, da Münster für alle nicht durch Arbeit gebundenen Personen gesperrt war. Frauen und Kinder konnten nur dann in die Stadt kommen, wenn sie keinen zusätzlichen Wohnraum beanspruchten. [2]

Trotz aller Verbote und Erlasse war der Zuzug nach Münster nicht aufzuhalten. Die Bevölkerungszahl stieg fortwährend an. Nur die Notwohnungen in halbzerstörten Häusern, Nissenhütten, Bunkern, Wohnlauben, Bretterbuden, Wohnwagen und Kellerwohnungen etc. machten ein Überleben in der Stadt überhaupt möglich und linderten notgedrungen die größten Engpässe im Wohnungsbereich.

Unser Foto veranschaulicht diesen Wohnraumnotstand nachdrücklich. Es zeigt eine Flüchtlingsfamilie, die noch 1949 mit acht Personen in einer Behelfswohnung mit zwei kleinen Räumen in der Hörsterkaserne ausharren mußte. Drei Generationen, darunter fünf Kinder wohnten hier auf engstem Raum. Eine Situation mit Repräsentativfunktion, da die meisten Familien zu dieser Zeit in ähnlichen Verhältnissen lebten.

In den ersten drei Jahren nach Kriegsende wurden in Münster vorrangig gering beschädigte Wohnungen instand gesetzt. Wohnungen, die zu mehr als 40 % beschädigt waren, und davon gab es in Münster viele, wurden nach der Währungsreform mit Hilfe staatlicher Förderung erst ab 1948 wieder aufgebaut. Nach 1949 konnte der planmäßige Wiederaufbau von Wohnungen auch mit Landesdarlehen forciert werden. Diese Neuregelung des Förderungsverfahrens durch das Land hatte zur Folge, daß der Verein "Münster baut Wohnungen" gegründet wurde. Die dort tätigen städtischen Dienstkräfte machten es sich zur Aufgabe, bauwillige Ruinenbesitzer zu beraten und bei der Beschaffung der ersten Hypothek zu helfen. [3]

So viele Erfolge man mit der neuen Bautätigkeit nach der Währungsreform auch verzeichnete, der Nachholbedarf angesichts der Flüchtlingsströme und der geringen Bautätigkeit im Dritten Reich war enorm, und hatte zur Folge, daß die Ruinenstädte zunächst dauerhafte Provisorien blieben. Eine spür- und sichtbare Verbesserung der Wohnverhältnisse kam erst mit dem sich in den fünfziger Jahren durchsetzenden "Wirtschaftswunder" zum Tragen.


[1] Wiederaufbau, a.a.O., S. 17.
[2] Schäfers, G., a.a.0., S. 23.
[3] Ders., S. 26.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


OBJEKT-PROVENIENZMünster, Stadtarchiv
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Santel, Josef | Nachkriegsjahre: Münster 1945-1949 | Dia 10, S. 29-31
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet9.3   Wohnen, Wohnungsausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-08
AUFRUFE GESAMT3813
AUFRUFE IM MONAT244