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(114 KB)   Johnson, A.: Der "Preußenschlag": Karikatur im Kladderadatsch, Nr. 33, 24.08.1932, "Austreibung aus dem Preußenparadies".  / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich   Johnson, A.: Der "Preußenschlag": Karikatur im Kladderadatsch, Nr. 33, 24.08.1932, "Austreibung aus dem Preußenparadies".  / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich
TITELDer "Preußenschlag": Karikatur im Kladderadatsch, Nr. 33, 24.08.1932, "Austreibung aus dem Preußenparadies".
URHEBER OBJEKTJohnson, A.
DATIERUNG1932-08-24


INFORMATION"Austreibung aus dem Preußenparadies" betitelte der Zeichner A. Johnson seine Karikatur im "Kladderadatsch". Ein gutmütig dreinblickender Engel (Franz von Papen) vertreibt mit entschlossener Gestik zwei Menschenkinder. Vor der Macht des reinigenden Feuers in Engelshand fliehen ein Krokodilstränen vergießender Otto Braun und ein heftig gestikulierender, die Hand zur Faust ballender Carl Severing.

Für den 20. Juli 1932 waren die preußischen Minister Hirtsiefer, Severing und Klepper zu einer Besprechung beim Reichskanzler geladen. Von Papen eröffnete ihnen, daß die Preußische Staatsregierung nach Auffassung des Reiches nicht mehr die öffentliche Ordnung und Sicherheit in ihrem Machtbereich gewährleisten könne. Der Reichspräsident habe daher eine Verordnung nach Artikel 48 der Verfassung erlassen, die den Reichskanzler zum Reichskommissar in Preußen bestelle. In dieser Eigenschaft enthebe er die sozialdemokratischen Mitglieder der Regierung, Ministerpräsident Braun und Innenminister Severing, ihrer Ämter. Die übrigen Minister wurden erst entlassen, nachdem sie sich geweigert hatten, einer Einladung zum Gespräch Folge zu leisten, die von Papen als neuer Ministerpräsident an sie gerichtet hatte. Die preußische Regierung rief sofort den Staatsgerichtshof an und beantragte den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Reichsregierung wegen Bruchs der Reichs- und preußischen Verfassung. Von einer organisierten Gegenwehr der Massen ließen die führenden SPD-Politiker ab, zu Recht, wie heute die Forschung überwiegend meint.

Beim Vorgehen der Reichsregierung rangierten politische Gegensätze und machtstaatliche Überlegungen vor verfassungspolitischen Gesichtspunkten. Reichsinnenminister von Gayl, die neben von Schleicher treibende Kraft bei diesem Verfassungsbruch, wollte die Nationalsozialisten politisch als Waffe im Kampf gegen den Kommunismus einsetzen. Die preußische Regierung sah er hierbei als Hindernis an. Es galt, den Zugriff auf die den Ländern unterstehende Polizeigewalt zu erhalten. Das Reich hatte sich laut von Gayl zunächst "gegen die schwarz-rote Preußenregierung durchzusetzen" und den "Gegensatz Reich/Preußen durch Beseitigung der preußischen Regierung ein für alte Mal aus der Weit zu schaffen. [1] In von Schleicher hatte der Innenminister einen kongenialen Mitstreiter. Der Reichswehrgeneral hatte schon 1923 für die Beseitigung der "schwarz-roten" Regierung in Preußen auf dem Wege über den Artikel 48 plädiert. Mit Beginn seines Amtsantritts war das Kabinett von Papen bestrebt, das Verhältnis zur preußischen Regierung zu eskalieren. Den vorläufigen Höhepunkt bildete die Verweigerung zugesagter Geldmittel. Dramatische Haushaltskürzungen und zusätzliche Steuererhöhungen retteten Preußen vor der Zahlungsunfähigkeit und die Regierung vor der Gefahr der Amtsenthebung durch das Reich. Auf diese Politik der Nadelstiche und Provokationen reagierte man in Preußen mit äußerster Vorsicht, weil man um die eigene politische Schwäche wußte. Das Kabinett war nur noch geschäftsführend im Amt. Das Bündnis aus SPD, Zentrum und Staatspartei verstand sich als Regierung auf Abruf, bis möglicherweise eine Koalition aus Zentrum und NSDAP gebildet war.

Vor allem aus dem Umfeld der DNVP drängte man das Reich auf die Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen. Auch von Gayl favorisierte diese Lösung. Nach der Rückkehr des Reichskanzlers aus Lausanne traten die Vorbereitungen in ein konkretes Stadium. Gerüchte über Einheitsfrontverhandlungen zwischen SPD und KPD, die sich später als falsch herausstellten, beschleunigten die Entwicklung. Unterdessen eskalierte der Straßenterror, kam es selbst im preußischen Parlament zu Prügelszenen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten. Auf seiner Sitzung am 11. Juli 1932 beriet das Reichskabinett über das Vorgehen gegen Preußen. Reichsjustizminister Gürtner bot allenfalls die Etatfrage Grund zur Intervention, diese Angelegenheit aber hatte Preußen eigenhändig bereinigt. Als entscheidendes Argument blieb nur der - völlig unzutreffende - Vorwurf mangelnden Durchgreifens der preußischen Polizei gegen die kommunistische Gefahr. Was von Gayl und andere Kabinettsmitglieder vor allem störte, war die ordnungspolitische Gleichbehandlung, die Preußen im Kampf gegen den Terror von Links und Rechts praktizierte. Als Begründung für das Vorgehen gegen Preußen wurden verfassungs- und verwaltungspolitische Reformbestrebungen bemüht. Nach den Vorstellungen von Gayls sollten der Reichskanzler als Reichskommissar und die Reichsminister zugleich als preußische Minister tätig werden. Der Reichspräsident unterzeichnete eine Blankovollmacht. Noch fehlte es am Anlaß, gegen Preußen loszuschlagen. Die blutigen Zusammenstöße am 17. Juli 1932 in Altona boten endlich den ersehnten Vorwand.


[1] v. Gayl, zit. nach Hagen Schulze, Otto Braun oder Preußens demokratische Sendung. Frankfurt/Berlin/Wien 1977, S. 736.


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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich


QUELLE    Neumann, Klaus | Franz von Papen | Dia 06, S. 27-29
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
120   Karikatur
165   Presseveröffentlichung (Zeitungsartikel)
Zeit3.9   1900-1949
Sachgebiet14.11   Karikatur
DATUM AUFNAHME2004-02-08
AUFRUFE GESAMT1939
AUFRUFE IM MONAT16