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(2 KB)   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich
TITELDer "Tag von Potsdam": Hitler und von Papen, 21.03.1932
DATIERUNG1932-03-21


INFORMATIONAm 31.01.1933 hatte sich das Kabinett auf seiner ersten Sitzung entschieden, das Parlament erneut aufzulösen und Neuwahlen für den 5. März 1933 anzusetzen. Anläßlich der Konstituierung des neuen Reichstags versammelten sich Regierung und Parlament in Gegenwart des Reichspräsidenten am 21.03.1933 in der Potsdamer Garnisonkirche.

Im Hinblick auf Ort und Anlaß knüpfte man bewußt an Gepflogenheiten der Kaiserzeit an. Das von den Nationalsozialisten mit großem Pomp inszenierte Schauspiel sollte den Eindruck erwecken, als stelle sich das "Dritte Reich" voll und ganz in die Kontinuität der altpreußischen und deutschen Geschichte. Pathos und Würde der Feier standen in unvereinbarem Kontrast zu jener Welle des Terrors, der Einschüchterungen, Durchsuchungen, willkürlicher Verhaftungen und antisemitischer Ausschreitungen, mit denen gleichzeitig das Land überzogen wurde. Mit Adolf Hitler, Franz von Papen und dem neuen Reichswehrminister General von Blomberg treten uns drei namhafte Repräsentanten der konservativ-nationalen Allianz gegenüber, die sich im Januar 1933 zusammengefunden hatte. Sie alle einte der Kampf gegen den Parlamentarismus, die politische Linke und deren Organisationen sowie die Demokratie von Weimar.

Nach seinem schmählichen Abgang trieb Franz von Papen der Ehrgeiz, ins Zentrum der politischen Macht zurückzukehren und sich an seinem Nachfolger im Amt des Reichskanzlers zu rächen. Die enge persönliche Beziehung zu Hindenburg sicherte ihm auch weiterhin einen unverhältnismäßig weitreichenden politischen Einfluß. Wie die Wahlergebnisse auswiesen, reichte die zahlenmäßige Kraft der rechtskonservativen Kreise bei weitem nicht für eine Regierungsbildung aus. In der NSDAP und ihren Massenorganisationen hofften diese Kreise, einen Bündnispartner gefunden zu haben, den sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren trachteten. Die tiefgreifenden sozialen Vorbehalte gegenüber den proletaroiden Massen stellte man dabei hintan. Voraussetzung für diese Strategie war aber, daß es gelang, die Machtausübung der Nationalsozialisten in der Regierung weitestgehend einzuschränken.

Für Papen erfüllte das Amt des Vizekanzlers die Funktion, als maßgebliche Kontrollinstanz am Schalthebel der Macht zugleich Einfluß auf die Grundlinien der Regierungspolitik zu nehmen. Dabei übersah er aber die faktische Macht- und Rechtlosigkeit des von der Verfassung nicht vorgesehenen Amtes. Er und seine rechtskonservativen Mitstreiter, die als "Fachleute" in die Regierung eingetreten waren, agierten zumeist als politische Individualisten, denen - von einigen Ausnahmen abgesehen - die Rückendeckung einer parlamentarischen Kraft oder außerparlamentarischer Organisationen fehlte. Dem Zusammenspiel aus exekutiven Anordnungen und den die Grenzen des Gesetzes ignorierenden Aktionen der nationalsozialistischen Massenorganisationen hatten sie nichts entgegenzusetzen. Mehr oder minder in Duldung der Gewaltaktionen zogen sie sich auf die Verantwortung für ihre Ressortangelegenheiten zurück.

Hitler hatte nach dem überwältigenden Wahlsieg bei den Reichstagswahlen vom Sommer 1932 unnachgiebig an seiner Forderung festgehalten, die Partei nur in eine Regierung unter seiner Führung einzubringen. Weil der Erfolg dieser Strategie zeitweilig ins Wanken geriet - besonders nach den Verlusten bei der Novemberwahl 1932 -, zeigte sich die NS-Führung bemüht, ihre Kompromißbereitschaft gegenüber Papens Kooperationsangebot zu bekunden. Nur zwei Nationalsozialisten zogen zunächst neben Hitler in die Regierung ein, die Besetzung des Reichsaußenministeriums und des Reichswehrministeriums stellte man dem Reichspräsidenten anheim. Als Kandidaten für das Amt des Wehrministers lancierte er General von Blomberg, der insgeheim Sympathien für den Nationalsozialismus hegte. Der Reichspräsident hatte den General während dessen Dienstjahren in Ostpreußen kennen und schätzen gelernt, was für die Berufung ausschlaggebend wurde. In den Jahren der Weimarer Republik hatte es die Reichswehr verstanden, sich als "Staat im Staate" von den politischen Veränderungen abzukoppeln. Im Zuge der Präsidialkabinette war sie in wachsendem Maße zu einem Faktor für die Grundlinien der Innen- und Außenpolitik und zu einer beachtenswerten ordnungspolitischen Größe geworden. Das in der deutschen Außenpolitik nach 1919 wirksame Streben nach Revision des Versailler Vertrages stand für die Reichswehr unter dem Primat der Rüstungsangleichung als dem tragenden Faktor einer Anerkennung der Gleichberechtigung Deutschlands in Europa. In der Forderung nach Aufrüstung begegneten sich Hitler und die Reichswehr. Innenpolitisch waren die anfangs beherrschenden politischen und sozialen Vorbehalte gegenüber den paramilitärischen Hilfsorganisationen der NSDAP immer mehr einer Betrachtung gewichen, die SA und SS als mögliche, die Reichswehr funktional ergänzende Milizorganisationen begriff. Dieser Integrationsgedanke wurde durch die politischen Sympathien für den Nationalsozialismus im jüngeren Offizierscorps gefördert.

Der "Tag von Potsdam" lieferte die Einstimmung auf die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes zwei Tage später. Mit den Stimmen aller bürgerlichen Parteien wurden - gegen die SPD - alle legislativen und verfassungsändernden Vollmachten des Parlaments für vier Jahre auf die Regierung übertragen.


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QUELLE    Neumann, Klaus | Franz von Papen | Dia 08, S. 32-34
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
DATUM AUFNAHME2004-02-08
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