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(2 KB)   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich
TITELDer Dank des Diktators: Hitler überreicht dem bisherigen Botschafter in Ankara, Franz von Papen, in Gegenwart von Reichsaußenminister von Ribbentrop das Ritterkreuz des Kriegsverdienstordens, 19.08.1944
DATIERUNG1944-08-19


INFORMATIONAm 19.08.1944 überreichte Adolf Hitler dem bisherigen Botschafter in Ankara, Franz von Papen, in Gegenwart von Reichsaußenminister von Ribbentrop - in der Mitte - das Ritterkreuz des Kriegsverdienstordens. Von Papen erinnert sich an das Zusammentreffen mit Hitler in dessen militärischem Hauptquartier" Wolfsschanze" in Ostpreußen: Vor ihm stand, "den Arm in einer Binde, ein bleicher, an alten Gliedern zitternder, zusammengebrochener Mann - ein Wrack" [1].

Auch wenn man nicht unbedingt gewillt ist, dieser dramatisierenden, fast schon mitleidheischenden Kommentierung zu folgen, bestätigt das Foto doch durchaus den von Papen wiedergegebenen Eindruck vom Erscheinungsbild des Reichskanzlers vier Wochen nach dem Attentat des 20.07. Papen wußte weitläufig von dem politischen Widerstand gegen Hitler. Von seinem Botschafterposten in Ankara aus hatte er im Auftrag des Widerstandes wie auch in Eigeninitiative mehrfach Kontakte zu den US-Alliierten geknüpft. Für von Papen kam es darauf an, und dies hat er auch Hitler vorgetragen, den Zwei-Fronten-Krieg durch ein Übereinkommen mit den Westmächten zu beenden. Mit den dadurch frei gewordenen militärischen Kräften sollte versucht werden, ein weiteres Vordringen der sowjetischen Truppen zu verhindern. Für von Papen ging es um die Bewahrung des "christlichen Abendlandes" vor Kommunismus und Bolschewismus. Während seiner Tätigkeit in Ankara hat er mehrfach Ansätze zu einer Friedensregelung in Europa zu entwickeln und Menschen vor der Verfolgung durch den nationalsozialistischen Terror- und Mordapparat zu schützen versucht. Derartige friedenspolitische Initiativen und humanitäre Einzelaktionen, die mehr der Eigenwilligkeit Papens Ausdruck verleihen als daß in ihnen überzeugte oppositionelle Handlungen zutage treten, dürfen nicht darüber hinweg täuschen, daß sich von Papen voll in den Dienst einer verbrecherischen deutschen Außen- und Militärpolitik gestellt hat. Seine erfolgreichen Bemühungen um die politische und militärische Neutralität der Türkei, von ihm selbst nach 1945 fälschlicherweise zur Friedenspolitik stilisiert, bildeten strategisch gesehen die Vorstufe für die langfristige Perspektive eines türkischen Staates, der den deutschen Truppen als Aufmarsch- und Durchgangsland in Richtung Naher Osten dienen sollte. Die Ambivalenz im Verhalten Papens hat dessen persönlicher Referent aus den Wiener Tagen, von Tschirschky, begreifbar zu machen versucht. Bei Papen hätten die Eigenschaften des jungen Kavallerieoffiziers, des Diplomaten, des Edelmannes alter Schule, des gläubigen Katholiken "sozusagen in separaten Abteilungen nebeneinander" vorgelegen [2], sie hätten sich aber nicht zu einer Einheit verschmolzen. Auch seine nächste Umgebung hat es irritiert zur Kenntnis genommen, daß von Papen nach der Ermordung engster Mitarbeiter durch SS und Gestapo 1934 und 1938 weiter im Dienst dieses Staates arbeitete. Von Tschirschky attestiert Papen, sein Handeln sei "nie vorbedacht böswillig" gewesen, "wenn auch viele seiner Handlungen unverständlich, zweideutig waren und... von unverantwortlicher Oberflächlichkeit herrührten" [3]. So war, was sich allemal als Ausdruck mangelnder Sensibilität und politischer Moral offenbarte, letztendlich in Anbetracht aller durchaus vorhandenen Selbstzweifel von dem Bedürfnis getragen, das übersteigerte Bild von den eigenen Fähigkeiten und der eigenen Person in den Glanz nationaler Verantwortlichkeit gerückt zu sehen. "Er war von sich und seinen sicher lauteren Absichten so eingenommen, daß er gar nicht merkte, welchen Schaden er oft anrichtete durch sein egozentrisches, oberflächliches Handeln“ [4]. Von Papen kann für sich das zweifelhafte Verdienst in Anspruch nehmen, den Interessen des Dritten Reiches während seiner diplomatischen Tätigkeiten in Ankara und Wien zur vollsten Zufriedenheit gedient zu haben. Sein Verhältnis zu Hitler ist über die Jahre gespalten geblieben. Einerseits hatten ihm - wie er selbst eingesteht - die Morde des 30. Juni 1934 die Augen geöffnet über die Skrupellosigkeit und Amoralität dieses Mannes. Andererseits waren es dagegen vor allem die politisch nachgeordneten NS-Größen wie Göring, Goebbels oder Ribbentrop, die seine Kritik und Abneigung auf sich zogen. Hitler hingegen wurde von ihm gewürdigt ob seines Sinns für Pragmatismus, seines Gefühles für historische Zusammenhänge und taktische, situationsgebundene Maßnahmen. Die privilegierte Stellung, die er als Vizekanzler innehatte, hat er auch bei seinen späteren Aufgaben versucht aufrechtzuerhalten. Von Papen hat immer wieder den Zugang zu Hitler und ein Vier-Augen-Gespräch mit diesem gesucht, weil ihm dies das probateste Mittel erschien, Einfluß zu nehmen. Bei der autobiografischen Darstellung derartiger Begebenheiten schwingt allerdings immer wieder unangenehm die notorische Überschätzung: der eigenen Person und des Stellenwerts seiner Ratschläge mit.


[1] Franz von Papen, a.a.O., S. 604.
[2] Fritz Günther von Tschirschky, Erinnerungen eines Hochverräters, München 1972,
S. 135.
[3] Ebd., S. 136.
[4] Ebd., S. 136.


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QUELLE    Neumann, Klaus | Franz von Papen | Dia 11, S. 39f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
DATUM AUFNAHME2004-02-08
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