QUELLE

DATUM1932-12-10   Suche   Suche DWUD
TITEL/REGESTDie Krise um Strasser. Artikel aus: Germania, 10.12.1932
TEXTInnerhalb der nationalsozialistischen Führung ist plötzlich eine Krise ausgebrochen, deren Konsequenzen noch nicht zu übersehen sind. Wie wir bereits in einem Teile unserer gestrigen Ausgabe mitgeteilt haben, hat Gregor Strasser "mit Genehmigung des Führers" einen Krankheitsurlaub von drei Wochen angetreten. In dieser beschönigenden Darstellung, die von nationalsozialistischer Seite stammt, kommt die Tatsache zum Ausdruck, daß zwischen Gregor Strasser und Adolf Hitler ein kaum zu überbrückender politischer Konflikt entstanden ist. Dieser Konflikt ist bereits in den letzten Wochen anläßlich der nationalsozialistischen Verhandlungen über die Regierungsbildung sichtbar geworden. Er hat seinen Ursprung in den Meinungsverschiedenheiten, die über die Taktik der nationalsozialistischen Führung schon lange bestehen. Gregor Strasser ist der Auffassung, daß die nationalsozialistische Partei jetzt unter allen Umständen an den Start herangeführt und in seiner Arbeit eingesetzt werden müsse. Er steht im scharfen Widerspruch zu der bisherigen Taktik der Parteiführung, die dahin geführt hat, daß ausschließlich die Persönlichkeit Hitlers und sein persönlicher Machtanspruch in den Mittelpunkt der großen politischen Entscheidungen gerückt sind. Dieser Gegensatz hat die internen Auseinandersetzungen der letzten Wochen beherrscht und hat sich nun zum Ausbruch einer offenen Krise verschärft. Hierzu hat nicht zuletzt auch die Behandlung der preußischen Frage beigetragen. Auch hier hatte sich die von Hitler, Göring und Goebbels vertretene radikale Richtung einer ausgesprochenen Kampfpolitik durchgesetzt, was aus der Nominierung Görings zum Kandidaten für das Amt des preußischen Ministerpräsidenten hervorgeht. Der von den Nationalsozialisten gemachte Versuch, diesen grundsätzlichen und kaum überbrückbaren Gegensatz mit einem Krankheitsurlaub zu verkleiden, wirkt fast komisch. Denn Gregor Strasser hat bereits viel schärfere Schritte unternommen, als in dieser urlaubsweisen Distanzierung von der Politik Adolf Hitlers zum Ausdruck kommt. Er hat in einem Brief an Hitler seine sämtlichen Parteiämter und auch sein Reichstagsmandat zur Verfügung gestellt, und sich wohl nur im letzten Augenblick dazu bereit gefunden, diese öffentliche Trennung durch den Antritt eines Urlaubs zunächst abzumildern.


QUELLE    Helmert-Corvey, Theodor | Nationalsozialismus - Wahl in Lippe | Dokument 01, S. 33


PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.9   1900-1949
DATUM AUFNAHME2004-02-08
AUFRUFE GESAMT1674
AUFRUFE IM MONAT4