Territorien > Herzogtum Nassau
Nassau, Herzogtum
Johann Ludwig von Nassau-Hadamar, um 1648 (Ausschnitt) Medien
Auf der Grundlage ihres historischen Besitzes, der sich von Weilburg an der Lahn im Norden bis Wiesbaden-Biebrich am Rhein erstreckte, wurden Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg von der Walramschen Linie für ihre an Frankreich verlorene Erbschaft der 1797 ausgestorbenen Linie Nassau-Saarbrücken 1803 entschädigt durch rechtsrheinisch angrenzende Gebiete von Kurmainz im Rheingau und am unteren Main, von Kurtrier mit Montabaur und Limburg, von Kurköln mit Streubesitz u. a. zu Deutz und Königswinter, von Hessen-Darmstadt mit dessen Anteil an der Niedergrafschaft Katzenelnbogen um Braubach, ferner mit der Grafschaft Sayn-Altenkirchen südlich der Sieg und säkularisierten Klöstern und Stiften, darunter Limburg. 1806 erhielten die Fürsten für ihren Beitritt zum Rheinbund den Herzogstitel und die Grafschaften Diez, Holzappel, Neuwied, Teile der Grafschaft Solms, die Taunus-Herrschaften Reifenberg und Kransberg und die eingeschlossenen Gebiete der Reichsritterschaft. Sie traten dafür die ehemaligen kölnischen Gebiete an das Großherzogtum Berg, Mainz-Kastel und Kostheim an Frankreich ab.
Das Gesamtgebiet mit 103 Quadratmeilen und 270.000 Einwohnern wurde am 30.08.1806 von beiden Linien zu einem unteilbaren, souveränen Herzogtum erklärt, das am 1./2.9.1814 die erste deutsche Verfassung erhielt und nach dem Aussterben der Linie Usingen 1816 allein von den Weilburgern regiert wurde. Das Verhältnis zur ottonisch-oranischen Linie war bereits 1814 im Haager Vertrag geklärt worden. 1815 wurden durch Vertrag an Preußen die späteren Kreise Neuwied, Altenkirchen und Wetzlar und der rechtsrheinische Teil des Kreises Koblenz abgetreten, dafür erhielt Nassau Dillenburg mit Beilstein und Hadamar, jedoch ohne Siegen und Burbach, und die von Preußen erworbene kurhessische Niedergrafschaft Katzenelnbogen. Seit 1815 war das Herzogtum Mitglied des Deutschen Bundes, besaß aber kein politisches Gewicht. Auch der Beitritt zum Deutschen Zollverein 1836 konnte die wirtschaftliche Rückständigkeit des Landes nicht beseitigen, so daß die Einwohner vielfach zur u. a. von Herzog Adolf als führendem Mitglied des sogenannten Texasvereins geförderten Auswanderung gezwungen waren. Politische Zugeständnisse nach einer Revolte in Wiesbaden 1848 wurden bereits 1851/54 wieder aufgehoben. 1866 im Bündnis mit Österreich, wurde Nassau nach der Niederlage im Deutschen Krieg von Preußen annektiert und der Provinz Hessen-Nassau eingegliedert. Der Herzog wurde mit den Schlössern Biebrich und Weilburg und 8,5 Millionen Talern 1867 abgefunden.
Als Ahnherr der Familie gilt der 1079-1089 als mainzer Vogt im Siegerland nachweisbare Rupert, dessen Sohn Dudo 1117 als Graf auf der Laurenburg an der unteren Lahn saß. Seine Söhne Rupert (1124-1152) und Arnold (1124-1148) erbauten um 1125 die seit 1159 namengebende Burg Nassau an der Lahn. Während mit Rupert III. (1150-1191), Münzherr zu Siegen und Teilnehmer am Kreuzzug Friedrich Barbarossas 1190, und dessen Sohn Hermann (um 1192) die Nachfahren Arnolds ausstarben, setzten Walram I. (1166-1198), Sohn Ruperts I., und sein Sohn Heinrich II. (1198-1247) unter bedeutender Vermehrung des Besitzes zwischen Siegen und unterer Lahn das Grafenhaus Nassau fort. Am 16.12.1255 teilten die Söhne Heinrichs, Walram Il. (1220-1280) und Otto I. (gest. um 1289), den Hausbesitz und beendeten damit den weiteren territorialen Aufstieg.
Otto wählte als jüngerer Bruder den nördlichen Teil rechts der Lahn mit Siegen und Dillenburg und begründete die Ottonische Linie mit Zweigen in Siegen, Dillenburg, Beilstein, Hadamar und Diez. Sie erwarb 1331 die Grafschaft Vianden im heutigen Luxemburg, 1403 Güter in Brabant, erbte 1530 das Fürstentum Oranien an der Rhone, das an Wilhelm I. (1533-1584) fiel, dessen politisches Wirken Grundlage für die Erringung der niederländischen Königswürde wurde. Walram fiel der Besitz südlich der Lahn mit Weilburg und Idstein zu. Er begründete die Walramische Linie, die 1381 die Grafschaft Saarbrücken erbte, 1806-1866 das Großherzogtum Nassau besaß und 1890 Luxemburg erbte. Gemeinsam blieben 1255 Burg Nassau, der Einrich zwischen unterer Lahn und Taunus, die Laurenburg, die Pfandschaften und die Lehen. Die Teilung verhinderte den weiteren Aufstieg der Familie zu einer politisch bedeutsamen Kraft am Mittelrhein, selbst wenn sie mit Adolf (1255-1298) einen deutschen König stellte. Die Stammlande, arrondiert durch Mediatisierung und Säkularisationen, wurden erst 1806 im Herzogtum Nassau zusammengefaßt. Das trotzdem nie völlig erloschene Zusammengehörigkeitsgefühl der verschiedenen Linien des Hauses Nassau wurde im Juni 1783 durch einen gemeinsamen Erbvertrag als Voraussetzung für den späteren Zusammenschluß dokumentiert. Das Haus Nassau starb 1912 aus.
Quelle: Alfred Bruns, in: Gerhard Taddey, Lexikon der Deutschen Geschichte, Stuttgart: Alfred Kröner Verlag, 1998, S. 873f.
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