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Katholisches Kino in der
Weimarer Republik

Das Medium Film war auch in der Weimarer Republik umstritten. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dessen Verlauf Filme erstmals verstärkt als Mittel der Propaganda entdeckt und eingesetzt worden waren, wurde das Medium zunehmend Gegenstand kulturpolitischer Debatten. An diesen Diskussionen beteiligte sich wiederum die katholische Kirche, deren Position von Beginn an mehrheitlich durch Skepsis und Ablehnung gekennzeichnet war. Noch in der Mitte der zwanziger Jahren wurden Film und Kino pauschal verurteilt. Der Erfolg des Kinos, so die auf dem Stuttgarter Katholikentag 1925 vertretene Meinung, beruhe auf "Stücken, Bildern, Titeln, die alles niederreißen, was christliche Sitte und Anstand und Schamhaftigkeit in den Menschen aufgebaut haben".

Wie schon in der Kinoreformbewegung der zehner Jahre gab es jedoch innherhalb des Katholizismus nicht nur Ablehnung, sondern auch Stimmen, die sich konstruktiv mit dem Film auseinandersetzten. Einer der wichtigsten Vertreter war der Publizist  Friedrich Muckermann SJ, der u.a. zusammen mit seinem jüngeren Bruder  Richard ab 1924 in Essen die "Film-Rundschau" herausgab. Friedrich Muckermann stellte vergleichsweise nüchtern fest, dass "eben unsere meisten Leute genau so viel Zeit im Kino sitzen, als wie in der Kirche"; Deshalb müsse das Ziel die Verbesserung und Veredelung des Films sein.

Nachdem der bereits 1921 gegründeten und von Muckermann geleiteten Stella-Maris-Film-GmbH kein Erfolg beschieden gewesen war, ergriff er schließlich am 15. November 1930 selbst die Initiative und gründete die "Westfälischen Landeslichtspiele e.V." mit Sitz in Soest. Zum Geschäftsführer des Vereins, dessen Vorsitzender Muckermann war, wurde der Filmpublizist  Dr. Victor Schamoni bestellt. Seine Vorstellungen gingen noch über die Muckermanns hinaus: "Es kann heute nicht darauf ankommen, daß die Katholiken auch Filme machen, auch Kinos haben; sondern es ist wichtig, daß sie katholische Filme von katholischer Struktur herstellen."

Schamoni organisierte im Winterhalbjahr 1930/1931 insgesamt 104 Vorführungen mit anspruchsvollen Unterhaltungsfilmen in der Umgebung von Soest, die jedoch nicht den erhofften Erfolg hatten. Außerdem veranstaltete er in Werl und Hamm Filmseminare zum Thema "Der Film im Dienste der Weltanschauung" und beteiligte sich kurzzeitig an der Diskussion um die Bildung einer "Westfälischen Bild- und Filmstelle". Die Bestrebungen, die Zusammenarbeit der verschiedenen Bildstellen in der Provinz Westfalen zu verbessern, wurden nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten aber durch das preußische Innenministerium unterbunden. Die "Gleichschaltung" der Bild- und Filmarbeit unter nationalsozialistischen Vorzeichen erfolgte dann in der "Landesfilmstelle West".

Der Fortbestand der "Westfälischen Landeslichtspiele" wäre vor diesem Hintergrund fraglich gewesen, aber die Existenfrage stellte sich bereits früher. Der künstlerisch ambitionierte Geschäftsführer Victor Schamoni vernachlässigte die Filmarbeit auf Kosten der Herstellung eigener Filme, u.a. über Soest. Obwohl Schamoni privates Kapital beisteuerte, wurde die finanzielle Lage der "Landeslichtspiele" durch zahlreiche kostspielige Projekte immer prekärer. Bereits im Frühjahr 1933 kam es deshalb zwischen dem Vereinsvorsitzenden und seinem Geschäftsführer zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Muckermann ließ schließlich die verbliebenen Vermögenswerte des Vereins pfänden und beendete somit das Experiment katholischer Filmarbeit in Westfalen nach nur wenigen Monaten.
 
 
 

 
 
 

 
 
Literatur
Grabe, Wilhelm
Victor Schamoni und die "Westfälischen Landeslichtspiele" in Soest - ein gescheitertes Experiment katholischer Filmarbeit auf dem Lande 1930/32. In: Soester Zeitschrift, 2000, S. 97-108.
 
 
 
Grabe, Wilhelm
Katholisches Kino - ein Experiment und sein Ende. In: Jahrbuch Westfalen, 54, 2000, S. 195-199.
 
 
 
Jacob, Volker
Arbeit, Alltag und Vergnügen. In: Westfalenspiegel 51, 2002, S. 26-27.