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Landwehr in Rheine

 
 
 
Zum Stadtgebiet von Rheine wurden in der Urkatasteraufnahme von 1827/28 die Fluren Tieberg (I), Stadt (II), Lauge (III) westlich und Stadtberg (IV) östlich der Ems gezählt. Hinweise und Anhaltspunkte auf das Vorhandensein einer städtischen Landwehr, die diesen Bereich gesichert hat, finden sich in keiner Weise. Der daraus zu ziehende Schluss, die Stadt habe keine Stadtlandwehr besessen, lenkt den Blick auf die komplizierte Entwicklung der als Bindeglied zwischen Ober- und Niederstift so wichtigen Stadt im Mittelalter: Hof- und Kirchenbesitz der Abtei Herford aus Königsgut und unter Tecklenburgischer Vogtei sowie Besitz der Herren von Steinfurt, die das freie Geschlecht von Rene zu ihren wichtigsten Dienstmannen zählten, standen bischöflich-münsterischen Besitz- und Rechtserwerbungen des 13. Jhs. gegenüber, die Bischof Ludwig 1327 nutzte, um einen Teil des Ortes, den Bereich um die Kirche nämlich, zur Stadt zu erheben und zu befestigen. Nicht eingeschlossen war darin der Herforder Haupthof westlich der Kirche, der nach der Familie Valke benannte Valkenhof, ein Umstand, der die Teilung der Ortsherrschaft unmissverständlich anzeigt. Nach erfolgreicher Fehde gegen die Grafen von Steinfurt, deren Burg bei Mesum 1343 zerstört wurde, mit dem Erwerb des Gogerichtes von Mitgliedern der Familie von Rene 1345/51 und schließlich mit der endgültigen Niederwerfung der Grafen von Tecklenburg im ausgehenden 14. Jh. setzten die Bischöfe von Münster bis 1400 die Landesherrschaft in und um Rheine durch. Aus der Zusammenfassung der Verwaltungsmittelpunkte Rheine und Bevergern, das bis 1400 zur Grafschaft Tecklenburg gehört hatte, entstand das Amt Rheine-Bevergern, dessen Amtssitz Burg Bevergern wurde.

Die befestigte münsterische Stadt und die anfangs nicht in die Umwehrung einbezogene Thiebauerschaft um den Valkenhof wuchsen auch nach 1400 nicht zusammen. Erst der Überfall der Stadt durch die Grafen von Tecklenburg im Jahre 1458 führte bis spätestens 1483 zur Zusammenfassung der Stadtteile mit unterschiedlicher Tradition durch die Anlage einer Gesamtbefestigung, die sich um die ältere, in den Stadtplänen des 18. Jhs. noch deutlich erkennbare ältere Befestigung legte. Im Bereich der Feldmark bewahrten sich die unterschiedlichen Organisationen beider Stadtteile weiterhin, wie daraus abzulesen ist, dass die Schützenscheffer für die bisherige Stadtgemeinde, die Keisebierscheffer für die Thiegemeinde getrennte Aufsicht führten und Pfändungen vornahmen.
Cornelia Kneppe

Landwehren im Fürstbistum Münster



 
Das Stadtgebiet von Rheine auf der Grundlage der Urkatasterübersicht von 1829 mit Einzeichnung der Besitzungen des Valkenhofes nach H. Klein
 
 
Das späte Zusammenwachsen der Ortsteile sowie der große Landbesitz des Herforder Haupthofes haben ganz offensichtlich eine größere gemeinsame Aktion wie die Anlage einer Landwehr verhindert. Darüber hinaus ist festzustellen, dass zwischen Stadt, Gogericht und Amt enge Verbindungen bestanden und sehr häufig Stadt- und Gogericht in Personalunion vergeben waren. Ersatz für die fehlende Stadtlandwehr boten Landwehren an den Grenzen des Amtes zu den Grafschaften Bentheim und Steinfurt, dann aber auch natürliche Hindernisse wie die Moorgebiete nördlich der Stadt und die Ems. Vermutlich die Aussicht auf Holzreserven mag die Stadt 1541 bewogen haben, Landwehren auf dem Wietesch aus gräflich bentheimischen Besitz sowie östlich der Ems auf dem Graan Esch aus bäuerlichem Besitz und außerhalb des Stadtfeldes zu erwerben.
 
 
Literatur
Klein, H.
Zur Siedlungsgeschichte der Stadtflur Rheine. Rheine gestern-heute-morgen 20, 1988, S. 47-66.

Kneppe, C.
Die Stadtwerdung von Rheine vor dem Hintergrund der bischöflichen Territorialpolitik. Rheine gestern-heute-morgen 20, 1988, S. 67-94.


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 138f.