Gesandte 1645/49 > Chigi
Chigi,
Fabio
(Siena 13.02.1599 - Rom 22.05.1667)
päpstlicher Nuntius in Münster, 1644-1649
Sein Vater Flavio Chigi gehört der berühmten Sieneser Bankiersfamilie an, seine Mutter ist Laura Marsili. Er genießt eine hervorragende humanistische Bildung in Siena, wo er zur Schule geht und später Philosophie, Theologie und Recht studiert. Das Familienwappen führte einen Eichbaum, der aus dem Wappen der Familie Rovere stammt und von Papst Julius II. an seine Geldgeber, den Großvater und Großonkel des Fabio Chigi, verliehen worden ist.
Für die kirchliche Laufbahn bestimmt, geht er Ende 1626 nach Rom, wo er bald Zugang zum Hof Urbans VIII. erhält. Dieser nominiert ihn 1629 zum Vizelegaten von Ferrara, ernennt ihn 1635 zum Bischof von Nardò und schickt ihn im gleichen Jahr als Inquisitor auf die Insel Malta. Nach diesen ersten Bewährungsproben wird er 1639 als päpstlicher Nuntius nach Köln geschickt, wo er Kenntnis von den wesentlichen politischen und religiösen Problemen des Reiches zu dieser Zeit erhält und die Vorbereitungen zu den Friedensverhandlungen erlebt.
Auf diese Weise qualifiziert, wird er vom Papst am 23.12.1643 zum außerordentlichen päpstlichen Nuntius für den Friedenskongreß in Münster bestellt. Über seine Reisen und vor allem über die Stadt Münster und seine Bewohner verfaßt er mehrere Gedichte: Heimat der Wolken! So möchte ich dich, Mimigarda, benennen! Dich, die Krone westfälischen Landes, ich bitte, verzeih mir; denn ich will dich nicht schmähen. Sechs Jahre sind's nun, daß ich hier bin, aber ich sah dich nicht anders als triefend von ständigem Regen. Er wohnt während der Verhandlungen von 1644-1649 im Minoritenkloster in Münster, ein Aufenthaltsort, der wegen seiner Lage an der Aa seinem Nierenleiden weiter schadet. Beim Kongreß soll er als mediator pacis zwischen der französischen Seite unter Mazarin und der Reichsseite dienen. Er kann jedoch die Dominanz der französischen Diplomatie nicht verhindern. Außer mit der Unvereinbarkeit der Positionen der Kongreßteilnehmer muß Chigi sich jedoch auch mit den rigiden Verhandlungsvorschriften von seiten der römischen Kurie arrangieren. So darf er z. B. mit Vertretern protestantischer oder calvinistischer Fürsten aus protokollarischen Gründen nicht direkt, sondern nur über Mittelsmänner, insbesondere den venezianischen Vermittler Contarini, verhandeln. Diese Einengung seiner diplomatischen Bewegungsfreiheit wie auch die sich verschärfenden Gegensätze zwischen Frankreich und Spanien führen zu einer Isolation der päpstlichen Partei, die schließlich zur Konsequenz hat, daß ihre Forderungen in den Protokollen zum Friedensvertrag vom 24.10.1648 keinen Eingang finden. Nach diesem Mißerfolg legt Innozenz X. zehn Tage nach Ende des Kongresses einen förmlichen Protest gegen den Friedensvertrag ein, indem er die Entäußerung von Kirchengütern, den diplomatischen Handel mit der Religionszugehörigkeit der Territorien und insbesondere auch die Alternanz in der Besetzung des Osnabrücker Bischofsstuhls beklagt.
Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Aachen zur Vorbereitung des französisch-spanischen Friedens kehrt Chigi Ende 1651 nach Rom zurück, wo er das Amt des Sekretärs des Kirchenstaates übernimmt und Anfang des folgenden Jahres zum Kardinal ernannt wird. Nach dem Tod Innozenz' X. wird er nach längeren Verhandlungen als Kompromißkandidat mit dem Namen Alexander VII. zum Papst gewählt. Während seines Pontifikats verschlechtern sich vor allem die Beziehungen zum französischen Hof und münden in einer Reihe demütigender Unterwerfungen des Papstes, dessen Gesundheit sich ab 1666 zusehends verschlechtert. Er stirbt in Rom am 22.05.1667 und wird in einer von Bernini geschaffenen Grablege in St. Peter beigesetzt.
Literatur
Cools I, S. 8; Waesberghen Nr. 16 (Abb.); Pacis Antesignani (Münster), bei fol. 1 (farbiges Wappen); Bignon Nr. 1 (Abb.); Theatrum Europaeum VI, S. 588 (Abb.); Moncornet Nr. 4 (Abb.); Kalender (Abb.); Aubry (Abb.); Pacificatores 1697 Nr. 38 (Abb.); Meiern IV Schema Nr. 2; Bildnisse 1824 Nr. 35 (Abb.); Striedinger Nr. 35 (Münster), Nr. 3 (Osnabrück); Tekotte, S. 52; DHGE 2, Sp. 229-244; Katalog Gripsholm Nr. 241 und 735; Konrad Repgen, Fabio Chigis Instruktion für den Westfälischen Friedenskongreß, in: Römische Quartalsschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 48 (1953), S. 79-116; Hermann Bücker, Der Nuntius Fabio Chigi (Papst Alexander VII.) in Münster 1644-1649, in: Westfälische Zeitschrift 108 (1958), S. 1-90; DBI 2, S. 205-215; Repgen; Alphonse Dupront, De la Chrétienté à l'Europe: La passion westphalienne du nonce Fabio Chigi, in: Forschungen und Studien zur Geschichte des westfälischen Friedens, Münster 1965, S. 49-84; Helmut Lahrkamp: Die Friedensproteste des päpstlichen Nuntius Chigi, in: Quellen und Forschungen der Stadt Münster NF. 5, Münster 1970, S. 281-287; APW Serie III C Bd. 1,1: Diarium Chigi 1639-1651, bearb. von Konrad Repgen, Münster 1984; Katalog Frieden S. 200-206; Dethlefs/Ordelheide Nr. 194. (ABB); vgl. auch Abb. S. 107).Thomas Bardelle
Quelle: H. Duchhardt / G. Dethlefs / H. Queckenstedt, "...zu einem stets währenden Gedächtnis", Die Friedenssäle in Münster und Osnabrück und ihre Gesandtenporträts", (=Osnabrücker Kulturdenkmäler, Bd. 8), Bramsche 1998, S. 188f.
Ein Kooperationsprojekt des Internet-Portals "Westfälische Geschichte" mit dem LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster (Kupferstiche), und dem Rasch Verlag, Bramsche (Texte)
Devise
IVSTITIA ET VERITATE.
Mit Gerechtigkeit und Wahrheit.
Kartusche
Fabius Chisius Dei et Aplicæ. Sedis gratia epus Neritonensis, Sanctmi. in Christo Patris ac D. D. Innocentii Divina Providentia, P.P.X· ac prædictæ S.tæ Sedis ad Tractatum Rheni aliasq, Inferioris Germaniæ Partes, cum potestate Legati de Latere, nec non ad Tractatus Pacis Monasterii inter Principes Christianos Nuncius, ac Mediator.
Wappenbeschreibung
Der Schild ist geviert, in 1 und 4 steht in Blau eine entwurzelte, goldene Steineiche mit vier doppelt gekreuzten, befruchteten Asten (della Rovere), in 2 und 3 in Rot ein schwebender silberner Sechsberg, von einem goldenen sechsstrahligen Stern überhöht (Chigi).
Uber dem Schild der Prälatenhut mit beiderseits zehn (1:2:3:4) Quasten.