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Neue katholische Kirche in Buer, 1917 / Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen/008 Slg. Joseph Schäfer, Vest Recklinghausen 1900-1930er Jahre/08_248







Stephanie Klages / Niklas Pelizäus

Religion


Altkatholizismus - das ist nicht etwa eine besonders alte oder ehrwürdige Form des Katholizismus, sondern im Gegenteil eine jüngere Bewegung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf das Erste Vatikanische Konzil (1869/70) von der römisch-katholischen Kirche abwandte. Die gestärkte Stellung des Papstes als Oberhaupt der Kirche und seine Unfehlbarkeit in ex cathedra geäußerten Glaubens- und Sittenfragen, die ihm durch das Konzil zugesprochen wurden[1], erregte den Widerstand einiger gelehrter Kreise innerhalb der katholischen Kirche. Während mehrerer Konferenzen in den Jahren 1871 bis 1873 in München, Konstanz und Köln, beschlossen diese eine Abspaltung von der auf Rom konzentrierten Kirche und die Einrichtung eines eigenen Bischofsamts in Bonn. Auch wenn der Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger dabei eine führende Rolle eingenommen hatte, war es Joseph Hubert Reinkens, der als erster Bischof der Altkatholiken eingesetzt wurde.[2] Die Namensgebung sollte dem Selbstverständnis der neuen Kirche entsprechend zum einen die Rückbesinnung auf eine ursprüngliche Form des Katholizismus, zum anderen die Abgrenzung von anderen reformatorischen Bewegungen verdeutlichen.[3]

Gleichzeitig betonte man die Zugehörigkeit zum Reich und sah sich als eine nationale Kirche. Dies und vor allem die Abwendung von der römisch-katholischen Lehre schufen eine besondere Nähe zum preußischen Staat, der sich durch eine Förderung der neu entstandenen Glaubensrichtung eine Schwächung der katholischen Gemeinde im Reich erhoffte. Daher verwundert es nicht, dass die Regierung die altkatholische Gemeinschaft zumindest gleichberechtigt neben Protestanten und Katholiken unterstützte.[4] Dies äußerte sich zum einen in der Bereitstellung finanzieller Mittel als auch in der Gewährung bestimmter Privilegien wie der Befreiung vom Militärdienst.

Daher blieb auch der altkatholische Pfarrer Paul Engel aus Bochum, über den die hier edierten Schreiben zwischen der Regierung Arnsberg und dem Oberpräsidium in Münster handeln, von einem Einsatz während des Ersten Weltkriegs verschont, weil er für seine Gemeinde als "unabkömmlich" galt. Hier wird auch der altkatholische Bischof Georg Moog erwähnt, der sich besonders für dieses Anliegen sowie für eine finanzielle Unterstützung des Bochumer Geistlichen in den vorangegangenen Jahren einsetzte. Die Unabkömmlichkeit Engels wurde dadurch begründet, dass er allein für eine sehr weit verstreute Gruppe Gläubiger zuständig und keine Vertretung vorhanden war. Die Anzahl der Geistlichen war offenbar sehr begrenzt, weil es sich bei den Altkatholiken nach wie vor um eine Minorität innerhalb der christlichen Religionsgemeinschaft handelte.[5]
 
Quellen
 
 
Anmerkungen
[1] Vgl. Vobbe, Joachim: Protestanten und Alt-Katholiken am Rhein, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 52 (2003), S. 157.
[2] Vgl. Blaschke, Olaf R.: Der Altkatholizismus 1870 bis 1945. Nationalismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus, in: Historische Zeitschrift 261 (1995), S. 58-61.
[3] Vgl. Ebd. S. 60 sowie Vobbe, Joachim, Protestanten und Alt-Katholiken am Rhein, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 52 (2003), S. 164f.
[4] Vgl. Blaschke, Olaf R.: Der Altkatholizismus 1870 bis 1945. Nationalismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus, in: Historische Zeitschrift 261 (1995), S. 62-64.
[5] Vgl. Ebd. S. 64.
 
 
Literatur
  • Blaschke, Olaf R.: Der Altkatholizismus 1870 bis 1945. Nationalismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus, in: Historische Zeitschrift 261 (1995), S. 51-99.
  • Urbisch, Johannes J.: Die Geschichte der Alt-Katholischen Kirche in Mitteldeutschland, Borsdorf 2012.
  • Vobbe, Joachim: Protestanten und Alt-Katholiken am Rhein, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 52 (2003), S. 157-180.