DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa |
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Textbände > Bd. I: Politik, Religion, Recht und Gesellschaft |
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HERBERT LANGER
Heeresfinanzierung, Produktion und Märkte für die Kriegführung |
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Der große Staats- und
Kriegstheoretiker, Diplomat und Historiker Niccolo Machiavelli (1469-1527)
nannte vier Dinge als Nerv aller Kriegführung: Männer, Waffen, Brot
und Geld. Manches Nötige, was auch im nichtmilitärischen Bereich
lebenswichtig war, mußte noch beigebracht werden: Unterkunft, Transport,
rechtliche und moralische Normative, Seelsorge, Heilkunst u.a.m. Doch war das
meiste durch ein Mittel erreichbar: Geld. Daran mangelte es den meisten
Kriegsherren im Dreißigjährigen Krieg, und so taten ersatzweise
Mittel erlaubter und unerlaubter Gewalt ihre Wirkung, um Unterhalt und Einsatz
der Streitkräfte zu sichern. Ein gewisser Bestand von flüssigem,
"guten" Geld aber stand vor dem Versuch, Einheiten zur Ausübung
organisierter militärischer Gewalt anzuwerben, zu formieren,
auszurüsten, zu versorgen und zu
transportieren. [1]
Außer durch
private Kreditgeber wurden finanzschwache Kriegsparteien durch Subsidien, die
verbündete Staaten leisteten, in den Stand gesetzt, flüssige Mittel
bereitzustellen.
Zu den bekanntesten Beispielen
gehören: die französischen Subsidien an Schweden (seit 1631), die
spanischen Hilfsgelder für den Kaiser (seit 1619, oft abhängig vom
Eingang der amerikanischen Silberflotten) und die päpstlichen für
Kaiser und Liga. [2]
Die zentrale Gestalt
des gesamten Kriegswesens war der Lohn-Soldat, der meist aus freien Stücken
antrat und diente: der freie Söldner. Als Erbe und Nachfahre der auf Zeit
gemieteten "Landsknechte" erreichte das söldnerische "Kriegsvolk" gleichsam
Dauerdasein und höchste Vollendung. Arbeit gegen Lohn in Geldform war
Bestandteil der spätfeudalen Gesellschaft und Wirtschaft. Söldnerische
"Lohnarbeit" funktionierte meist nur als Massenerscheinung, für die rasch
und möglichst auf Dauer große Geldmengen nötig waren. Sie
dienten vorwiegend destruktiven Zwecken, überlasteten also Wirtschaft und
Finanzen der Kriegsherren und ihrer Länder. Gewinne flossen aus dem
Kriegshandwerk vor allem unternehmerisch-ausbeuterischen Befehlshabern zu, die
entsprechende Geldmittel besaßen, verwalteten oder
erpreßten.
Nach Schätzungen erreichten
die im Reich bis 1630 agierenden Streitkräfte etwa 150.000 Mann, in den
folgenden Jahren wurden es 250.000 Mann, um gegen Ende des Krieges wieder auf
den vorigen Stand zurückzufallen. Der Troß-Appendix der Armeen ist
hier nicht inbegriffen. Mit solchen Kopfzahlen oszillierte der Anteil der
Soldaten und ihres Anhangs an der Gesamtbevölkerung des Reiches um ein
Prozent, aber sie existierten eben fast ausschließlich
unproduktiv. [3]
Die Kosten für die
Streitkräfte gliedern sich in drei Bereiche: Formierungs- bzw.
Personalkosten (Werbe- bzw. Handgeld, Antritts- bzw. Laufgeld),
Ausrüstungskosten (für Waffen, Munition, Pferde und Transportmittel)
und Unterhalts- bzw. Versorgungskosten (Sold, Löhnung und Zahlungen
für Offiziere und Stäbe, teilweise Proviant). Der Großteil wurde
mit Umlaufmitteln beglichen, doch griff man gegebenenfalls häufig auf
Naturalentgelt zurück: Brotgetreide, Bier, Kleidung und
Schuhwerk. [4]
Um eine militärische
Einheit aufzustellen, bedurfte es eines dazu berechtigten Kriegsherrn (Kaiser,
Fürsten, Reichsstädte), der an einen erfahrenen Militär ein
Werbepatent vergab. Bevorzugt wurden solvente Personen, die Personal- und
Ausrüstungskosten vorschießen konnten - für Reiter zweifach
höher als für das Fußvolk. Der Inhaber eines Werbepatents war
gewöhnlich auch der künftige Kommandeur der Einheit, Finanzverwaltung
und militärische Befehlsgewalt lagen in einer Hand. Der Werbeunternehmer
und Oberst eines Regiments vergab seinerseits an niedere Offiziersränge
Patente, um eine Kompanie (Fähnlein) anzuwerben. Die auf Werbeplätzen
(Märkte, Straßen, Gasthäuser) angeheuerten "Knechte" erhielten
neben dem "Hand-" oder "Laufgeld" einen Zettel mit der Angabe eines
Musterplatzes, zu dem sie sich umgehend, aber nur in kleinen Trupps, zu begeben
hatten. Nicht wenige, so wird häufig beklagt, entwichen unterwegs mit dem
Laufgeld. Lauf- und Musterplätze sollten so gewählt sein, daß
die einheimische Bevölkerung möglichst wenig belästigt und
geschädigt wurde. Die Erfahrungen mit dem noch nicht unter
Militärrecht stehenden, vielfach frei agierenden Kriegsvolk gaben zu dieser
Maßgabe Anlaß. Die Inhaber der Werbevollmacht stellten dem
künftigen Soldaten auf dem Musterplatz Unterkunft, anfänglichen
Proviant und Ausrüstung, falls dies von den Angeworbenen nicht mitgebracht
wurde. Die Kosten für die Ausstattung zogen die Kommandeure den Soldaten
vom Sold ab. Der Preis für eine Muskete betrug, grob angeschlagen, einen
Monatssold. Von diesem hatte der Soldat seinen Lebensunterhalt (Nahrung,
Kleidung, Schuhwerk) zu bestreiten. [5] Bei dem üblichen Monatssold
(vier Reichstaler für einen Fußsoldaten, das Doppelte für
Reiter) war nur ein Leben nahe der Armut möglich, daher auch die dauernde
Suche nach billigem Einkauf und zusätzlichem Gewinn. Der Markt im Lager und
auf Ruheplätzen bot sich nicht zuletzt als Austauschort für Waren und
Geld aus dunklen Quellen an.
Die Geldmittel, die
zur Aufstellung einer Söldnereinheit unbedingt erforderlich waren, wurden
vom Kriegsherrn selbst bereitgestellt oder diesem von solventen Offizieren
vorgeschossen. Der Kriegsherr trug seine Schuld vorwiegend in der Weise ab,
daß er dem Obristen (im Falle eines Regiments) Einkünfte,
Landgüter, Rechte, Privilegien, Pfründen und Titel übereignete.
Floß schon Geld in die Regimentskasse, das vom Kriegsherrn stammte, dann
reichte es kaum für drei Monatssolde, wobei der Regimentskommandeur meist
einen Teil für sich abzweigte. Das Modell der späteren
"Kompaniewirtschaft" existierte bereits. Grimmelshausens Parabel vom
militärischen Ständebaum, auf den der Goldregen fällt, "unten"
aber am wenigsten ankommt, reflektiert gängige Praxis, wenn auch nur deren
Geldseite, denn für die Monate, in denen die "Untersten" keinen Sold
erhielten, mußten sich diese andere Quellen erschließen - am
wenigsten allerdings durch Arbeit. [6] Diese Quellen lagen im jeweiligen
Aufenthaltsgebiet einer Einheit. Die Soldaten wurden für die kälteren
fünf bis sechs Monate in Privathäuser einquartiert, Fußvolk in
den Städten, Reiter meist auf Dörfern. Ihr Unterhalt (Verpflegung,
Wohnung, Heizung, Licht u.a.m.) ging also zu Lasten der betroffenen Haushalte.
Ausgenommen blieben fürstliche, adlige, ratsherrliche und Pfarrhäuser,
solange das die Versorgungslage und die Disziplin der Soldaten
zuließ.
Aus einer Verordnung des Rats der
Stadt Leipzig vom Jahre 1639 erfahren wir folgendes: "Als lässet E.E. Rath/
Krafft solcher ertheilten Ordre, hiermit allen und jeden Bürgern und
Inwohnern allhier/ welche entweder mit Gefreyheten oder gemeinen Soldaten
beleget/ anbefehlen/ daß sie denselben / neben den gewöhnlichen
Servitz, als Holtz/ Saltz und Liecht/ oder anstatt desselben / täglich 1.
Groschen/ mehr nicht als eine Suppen/ Zugemüse/ Käse und Brodt/
zusambt einer Kannen Bier des Tages uber reichen/ den Gefreyheten aber/ damit
sie einen Vortheil für den gemeinen Soldaten haben/ beneben des vorigen
Vivers, wöchentlich zwey mal Fleisch speisen sollen." [7] Im
alltäglichen Verkehr zwischen den soldatischen Einliegern und den
Bürgern mochte vieles anders sein. Die Überlieferung läßt
keinen Zweifel daran, daß die Einquartierung von Kriegsleuten als oft
unerträgliche Last empfunden wurde, der man sich zu widersetzen oder von
der man sich loszukaufen suchte.
Dergestalt war
das Überwälzen des Heeresunterhalts auf die Bevölkerung eine Art
Soldersatz. Mit der Einquartierung ging oft eine weitere Belastung einher - die
"Kontribution": Städten, Ländern und Landschaften wurde von den
Befehlshabern die kurzfristige und einmalige Zahlung einer hohen Geldsumme
auferlegt, die in aller Kürze nur durch Kreditaufnahme erbracht werden
konnte. Hier liegt eine der Quellen für die oft nicht abzutragende
Verschuldung von Gemeinwesen und den Ruin der Kreditgeber. Diesem Zustand
suchten die Regierungen am Ende des Krieges durch Moratorien zu
begegnen.
Die Kontribution als Mittel der
Kriegsfinanzierung und privaten Bereicherung wird Wallenstein zugeschrieben,
doch verfuhren auch andere Feldherren auf ähnliche Weise. Im
günstigsten Falle legte man ihr eine vertragliche Vereinbarung zwischen
Militär und örtlichen Behörden zugrunde, die die Abschöpfung
der Bevölkerung auf ein Maß reduzierte, das die weitere Existenz von
Handel, Produktion und Ernährung garantieren
sollte. [8]
Die Grundzüge
militärischer Einquartierung und Kontribution lassen sich aus den
Verträgen ablesen, die Befehlshaber mit dem Herzog von Pommern abschlossen.
Die zweiseitige "Franzburger Kapitulation" vom 10. November 1627 wurde ihm von
Feldmarschall Hans Georg von Arnim im Namen Wallensteins aufgezwungen, worauf
sich im Herzogtum acht Regimenter einquartierten (etwa 24.000 Mann). In einer
fürstlichen "Contributions- und Steuerordnung" vom 7. Januar 1628 suchte
die einheimische Regierung die Unterhaltsleistungen zu fixieren und
aufzuschlüsseln. Die Franzburger Vereinbarung legte dem Kriegsvolk eine
Reihe Verhaltensregeln und Beschränkungen auf: Commercien, Märkte,
Produktion und Verkehr nicht zu behindern, bestimmte Marschrouten einzuhalten,
sich mit den Verpflegungssätzen und dem Service zu begnügen, sich
jedes eigenen Feuers zu enthalten, den großen "Droß an Weiber und
Gesinde und Pagagie Pferden/ welche sich bey allen Regimentern befinden/ und mit
Vivers zu versehen unmüglich [...]" abzuschaffen u.a.m. Die Offiziere
sollten sich ebenfalls mit den fixierten Sonderrationen begnügen und scharf
gegen jegliche Übergriffe der Soldaten auf die Bürger und Bauern
vorgehen. Der "Landmann" solle seine Arbeit ungehindert verrichten können
und vor "gewaltsamen Einfällen/ Abnahme oder Verwechslung der Pferde/
Viehes oder Getreides/ Plünderung der Leute/ und anderen Zwangs Mitteln
[...] bei Leibs- und Lebens Strafe [...]" geschützt werden. [9] Die
Alltagspraxis der jahrelangen Einquartierung wich erheblich von diesen Normen
ab, wie der um Kaisertreue bemühte Herzog Bogislav XIV. nach
Verdrängung des kaiserlichen Militärs 1630 in einem Traktat, betitelt
"Dreyjährige Drancksahl des Hertzogthumbs Pommern [...]", schildern
ließ. [10]
Nach der Landung einer
schwedischen Armee unter König Gustav Adolf am 26. Juni 1630 und der
Vertreibung der Kaiserlichen nahm an deren Stelle schwedisches Militär
Quartier in Pommern. Die rechtliche Basis dafür lieferte die (ebenfalls
unter Druck) abgeschlossene "Capitulation und Alliance" vom 10. Juli sowie die
"Pommersche Defensionsverfassung" vom 30. August 1630. Die wechselseitigen
Verpflichtungen und die Verhaltensnormen, die die Koexistenz zwischen
Militär und Bevölkerung zu regulieren suchten, ähneln denen der
Franzburger Vereinbarung. Die Verträge mit den Schweden erlegten jedoch dem
Lande eine neue Verpflichtung auf - die Zahlung von insgesamt 200.000
Reichstalern an drei Terminen. Diese Summe sollte die Verteidigungshilfe der
Schweden entgelten, weitere Auflagen waren für eventuelle
Defensionsfälle vorgesehen. [11] Es handelte sich um eine
Landes-Kontribution, die als Steuer von den Einwohnern erhoben wurde. Da die
schwedische Militärpräsenz und die Kriegssituation im Reich
andauerten, konnte die Zahlung weiterer Summen bis Kriegsende schwedischerseits
begründet und gegen alle Widerstände durchgesetzt werden. Aus Mangel
an barem Gelde boten die Landstände vielfach Naturallieferungen an. Den
Verträgen entgegen stand auch die Einführung neuer Land- und (vor
allem) Seezölle (Lizenten) in den Hafenstädten. Die Zolleinnahmen
flossen größtenteils in die schwedische
Kriegskasse.
Hing den Armeen hinten ein
großer, schwerfälliger, aber notwendiger Troß an, so ragte
"oben" aus ihnen der Stand der hohen Offiziere mit ihrem Stabs- und
Dienstleistungspersonal heraus. Zu einem repräsentativen "Obristen-Staat an
der Tafel" zählt Kirchhof folgende Personen: Prediger, Schreiber,
Hofmeister, Küchenmeister, Stallmeister, Trabanten, Lakaien und Köche.
Als "Ämter vom Herrn" weist er aus: den Wagenmeister mit Fuhrknechten,
Schulzen, Pfeifer, Trommler, Feldscherer und Dolmetscher. Diese von Wallhausen
als "Befehlsstellen" bezeichneten Funktionäre und der wandernde Hofstaat
eines Regimentskommandeurs wurde des weiteren begleitet von Personen, die
"Ämter vom gemeinen Mann" bekleideten. Es handelte sich im wesentlichen um
den Profoß mit Gehilfen und Gesinde, die die Disziplinar- und
Strafvollzugsgewalt ausübten. Kompanien bzw. Fähnlein hatten ebenfalls
einen derartigen "Kopf", wenn auch in geringerem Maßstab. Auf ihn entfiel
mindestens ein Zehntel der Gesamtkosten für eine
Einheit. [12]
Wie aus dem Vorigen
ersichtlich, verfügten die Regimenter und Kompanien sowie ihre Stäbe
über einen eigenen Fuhrpark. Reichte er zur Beförderung von Personen
und Gütern nicht aus, dann nahm das Militär (meist unentgeltliche)
Transportleistungen der Einwohner in Anspruch oder requirierte bäuerliche
Gespanne. Die Akten sind voll von Klagen über weggeführtes Zugvieh.
Der Bedarf der Reiterei an Pferden konnte vielfach nicht gedeckt werden,
soldatischer Viehdiebstahl war eine vielbeklagte Erscheinung wie auch das
Abweiden von junger Feldfrucht nach langen Mangelwintern durch
Militärpferde.
Angesichts der spezifischen
Verhältnisse während des Dreißigjährigen Krieges liegt es
nahe, zwischen Heeresunterhalt und Heeresfinanzierung zu unterscheiden. Die
Beschaffung und Investition von Bargeld zur Vorfinanzierung, Ausrüstung und
partiellen Entlohnung einer Armee bildet den monetären Teil des
Heeresunterhalts, der andere bestand in außerordentlichen Leistungen der
nichtmilitärischen Bevölkerung, vor allem im Unterbringungsgebiet der
Streitkräfte.
Der jährliche Bedarf an
reinen Geldmitteln, um ein "hochdeutsches" Regiment Fußsoldaten (etwa
3.000 Mann) unter Fahnen und Waffen zu halten, betrug nach Wallhausen 324.000
Gulden, allerdings für die Zeit vor dem "Großen Krieg" berechnet. Bei
einem Laufgeldsatz von eineinhalb Gulden je Neugeworbenen ergaben sich allein
schon Werbekosten von 45.000 Gulden. Lag die künftige Regimentsmannschaft
auf dem Musterplatz, dann waren monatlich 60.000 Gulden aufzubringen. Die
adäquaten Durchzugs- und Abdankungskosten schätzte der
außerordentlich erfahrene Wallhausen auf je 45.000 Gulden. [13]
Nach anderen, für die Kriegszeit gültigen Berechnungen lagen die
jährlichen Haltungskosten höher: bei einem Regiment zu Fuß
zwischen 400.000 und 450.000 Gulden, bei einem Reiterregiment (1.200 Mann und
mindestens ebenso viele Pferde) zwischen 260.000 und 300.000 Gulden. Der
Troß ist nicht besonders ausgewiesen, da er am Heereskörper
partizipierte oder sich irregulär selbst
versorgte.
Wurden zehn Regimenter zu einer Armee
von etwa 30.000 Mann zusammengeführt, dann mußte, grob
geschätzt, folgendes eingekauft werden: 30.000 Stück Ober- und
Unterbekleidung, 60.000 Paar Schuhe (die wegen der häufigen und langen
Märsche rasch verschlissen, Barfußlaufen der Soldaten war keineswegs
selten), 30.000 Säbel oder Degen, je nach Waffengattung eine entsprechende
Menge Musketen, Pistolen, Piken, Schutzwaffen (Helme, Rüstungen) u.a.m. mit
dazugehöriger Munition, Schanzzeug, Wagen und Fahnen sowie
Musikinstrumente. [14] Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar
veranschlagte 1625 für zehn Fahnen den Preis von 300
Gulden. [15]
Derselbe Fürst und
Heerführer sandte im Herbst des Jahres 1625 an seinen Kriegsherrn,
König Christian IV. von Dänemark, ein Memorial, das die Unterbringung
und Versorgung von 4.000 kranken Soldaten betraf. Die Finanzierung oblag der
Kriegskasse. Johann Ernst schlug vor, je zehn Kranke einer Pflegerin gegen einen
Wochenlohn von einem Gulden anzuvertrauen. Es mußten also vierhundert
"Weiber" gewonnen werden, dazu noch drei bis vier Ärzte, ein Apotheker und
"etliche Prediger", letztere für ein Monatsentgelt von 25 Gulden. Die
Verpflegung sollten umherfahrende Marketender liefern gegen Bezahlung, die aus
dem Pflegegeld abgezweigt wurde. Nach diesen Angaben war bei gleichbleibender
Krankenzahl eine wöchentliche Ausgabe von weit über 400 Gulden
nötig. Es scheint allerdings, daß ein solcher Aufwand mit
untauglichen Soldaten eher selten
war. [16]
Als das Kriegsgeschehen anfangs
nur wenige Regionen des Reiches erfaßte und Armeen von 20.000 Mann als
große Streitmacht galten, waren Produktion und Handel imstande, die
erforderlichen Ausrüstungen und Unterhaltsmittel bereitzustellen; Soldaten
anzuwerben machte keine Schwierigkeiten. Im Reich existierte weiterhin eine
entwickelte Bergbau- und Metallproduktion; neben dem differenzierten
Zunfthandwerk gab es exportorientierte (Textil-) Gewerbelandschaften in
Oberdeutschland, Sachsen, Böhmen und Schlesien; aus norddeutschen Gebieten
gingen Getreide und Getreideprodukte (Mehl, Malz, Bier) sowie Vieh über
Wasserwege in andere Länder. Unter diesen Bedingungen konnte sich ein Krieg
als wirtschafts-exogenes Phänomen zunächst durchaus
entfalten.
Der Besitz von Waffen und
Kriegsgerät war in der Gesellschaft nichts Ungewöhnliches; er war
Recht und Pflicht des Adels, der städtischen Gemeinwesen und ihrer
Vollbürger, mancherorts auch der Bauern. Die größeren
Fürstenresidenzen und Reichsstädte verfügten über
umfangreiche Kriegsvorräte in den Zeughäusern und Festungen. Das
Plattnerhandwerk und die Herstellung von Hieb- und Stichwaffen hatten in
Deutschland eine lange Tradition (Augsburg, Nürnberg, Innsbruck u.a.),
ebenso der Metallguß, der sich in einigen Orten von den Glocken auf
Geschützrohre umstellen
mußte. [17]
Die Disposition zur
Handhabung organisierter bewaffneter Gewalt war gegeben, zumal auswärtige
Kriege Teile des Reiches mittelbar oder durch Feldzüge erfaßten - im
Südosten die Türkenabwehr, im Nordwesten der fortdauernde Kampf
zwischen Spanien und den Vereinigten Niederlanden, im Nordosten der
schwedisch-polnische Konflikt. Für deren Bedarf arbeitete auch das
Waffenhandwerk verschiedener Reichsterritorien und Städte. Die umfangreiche
Artilleriebeute, die Tilly nach seinem Sieg bei Stadtlohn über Herzog
Christian von Braunschweig am 6. August 1623 machte, erweist die Dimensionen der
materiellen Rüstung und ihrer Herkunft: 8 Halbkartaunen (teils mit
holländischen Wappen), 6 "holländische Stücke", 3
Feuermörser, 2.000 Kanonenkugeln, 119 Handgranaten, 75 Zentner
Schießpulver, 195 Lunten, 386 Fässer mit Musketenkugeln; nicht
genannte Mengen an Wagen, Artilleriegerät und -zubehör, Brettern,
Brechstangen und Hölzern verschiedener Art; an Schanzzeug 1.800 Wurf- und
Steckschaufeln (Spaten), 575 Hacken, 275 Pickel und 170 Beile. Der geschlagene
"tolle Halberstädter" (er war zugleich Administrator des Stifts
Halberstadt), dem von seinen 20.000 nur noch 6.000 Mann blieben, war demnach in
den Niederlanden und in deutschen Territorien ausgerüstet
worden. [18] Ähnliches gilt für andere Armeen des
Dreißigjährigen Krieges; spanische Truppen versorgten sich
traditionell aus reichlichen Quellen Spaniens und Italiens, dänische und
(vor allem) schwedische aus eigenem Aufkommen. Der derzeitige Forschungsstand
erlaubt keinen geschlossenen Überblick über die Massenproduktion von
Waffen, Kriegsgerät, Munition, Kleidung, Schuhwerk und Proviant sowie
über den Handel mit diesen Waren. Doch selbst ein lückenhaftes Bild
vermittelt Vorstellungen von deren
Umfang. [19]
Als Ort der Massenfertigung
von Armeewaffen ragt vor allem das Städtchen Suhl in Thüringen
(Grafschaft Henneberg) hervor. Dort erreichte die Metallverarbeitung in
Schmelzhütten, Hammerwerken und Schmieden einen hohen Stand dank der nahen
Erzvorkommen, der Wasserkraft und Holzvorräte, aber auch dank
verlegerischer Organisation, weiträumiger und geschickter
Marktorientierung, streng überwachter Qualität und fortgeschrittener
Arbeitsteilung in der Produktion. Neben Suhl stehen weitere Produktionszentren
wie Essen, Nürnberg und Augsburg, Brescia und Lüttich. Es wird
berichtet, daß die Suhler Meister auch nachts arbeiteten, um den Bedarf an
Gewehrläufen und allerlei Kleinausrüstung zu befriedigen.
Gewehrläufe oder komplette Musketen und Pistolen gingen zu Tausenden nach
Ungarn, Polen (Danzig), der Eidgenossenschaft, Dänemark und an deutsche
Abnehmer. Am Standort Suhl nahmen Mitglieder der Meisterfamilie Klett die
führende Stellung als Marktvermittler ein, wobei sie auch, wie viele
andere, den Handel mit Artikeln der "Nürnberger Ware" (Pulverflaschen,
Harnischteile) nicht verschmähten. [20] Für die
Eidgenossenschaft ist ermittelt worden, daß die Klett schon vor dem Kriege
(1603-1613) jährlich etwa 2.300 Musketenrohre mit Garnituren, Halbharnische
und Pulverflaschen lieferten. Danach nahm der Handel ab, hörte jedoch bis
1634 nie ganz auf. Während des Krieges stiegen die Preise, aber auch die
Außenstände wuchsen deutlich. [21] Sowohl in dieser Hinsicht
als auch wegen der gehandelten Mengen ist eine vom Suhler Rat aufgestellte
"Specification" aus dem Jahre 1632 aussagekräftig, "was den
Büchsenhändlern zu Suhl für gelieferte Büchsengewehre noch
zu bezahlen ist":
Schuld (Rtlr.) |
Schuldner/Ware |
3.862 |
Kurfürst von Sachsen |
2.716 |
Ders., für 1.296 Musketen, die an dessen Wittenberger Händler geliefert wurden |
4.044 |
Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar (als schwedischer General) |
5.773 |
Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar und Landgraf Wilhelm von Hessen, nach Kassel geliefert |
6.000 |
Gustav Adolf, über den schwedischen Generalkriegskommissar Sigmund Heußner geliefert, aber von Tilly bei Bamberg erbeutet |
8.000 |
Kurfürst von Brandenburg |
1.388 |
Hennebergische Landschaft, für das Landesaufgebot |
1.950 |
Rat zu Aschersleben |
750 |
Bischof von Halle (sehr langer Außenstand) |
Der Suhler Rat fand bei
Gustav Adolf Anerkennung für sein Bemühen, dem "evangelischen Wesen an
(die handt) zu gehen". [22] Doch zur Abnehmerschaft der Suhler Waffen
gehörten auch gegnerische katholische Fürsten. Erzherzog Leopold von
Tirol, Regent der Vorlande, bestellte bei Suhler Händlern 1621-1623
mehrfach Musketen, Pistolen, Rüstungen und Lunten zu Tausenden. Der Kaiser,
über Tirol mit diesen Verbindung knüpfend, übertraf diese Mengen
noch und gab im Dezember 1630 10.000 Musketen und Rüstungen in Auftrag.
Davor war die kaiserliche Armee durch Wallenstein aus dessen Herzogtum Friedland
versorgt worden. Doch ehe dieser seine eigene Rüstungsproduktion aus dem
Boden gestampft hatte, ließ er sich im Jahre 1625 komplette
Ausrüstungen aus Suhl für sieben Regimenter (etwa 15.000 Mann)
liefern. [23] Im Jahre 1634 endete abrupt die Konjunktur der Suhler
Massenfertigung, da die Stadt von Herzog Wilhelm von Weimar (als
Heerführer Schwedens) besetzt und im Gegenzug von den Truppen des
kaiserlichen Generals Isolani im Oktober 1634 geplündert und völlig
niedergebrannt wurde. Es wuchs nun ein konkurrierendes Zentrum in Zella, wo, wie
es heißt, ein "großer Verlag" tätig wurde. [24] Nach
wenigen Jahren arbeiteten auch die Suhler Meister wieder - wiederum nach
Massenbestellungen des Kaiserhofes. Dieser bemühte sich um
größere Eigenproduktion in den Erbländern, und ab 1639 begann
ein neues Zentrum der Waffenerzeugung in Steyr zu liefern. Im Jahre 1648
verpflichteten sich die Steyrer Händler, 15.000 Gewehre in fünf Jahren
für das kaiserliche Militär zu erbringen. Doch dadurch entstanden den
Suhler Lieferanten keine ernsthaften Marktprobleme. Ihre Einbußen gingen
nicht zuletzt auf die schlechte Zahlungsmoral der kaiserlichen Behörden
zurück - eine allgemeine Erscheinung, die, wie oben gezeigt, auch bei
protestantischen fürstlichen Auftraggebern gang und gäbe war. Um die
Schulden wenigstens teilweise zu begleichen, zahlte der Wiener Hof mit Stahl,
Eisen und metallischen Halbfabrikaten. Er plante sogar, den Suhler
Gläubigern den Abbau der innerbergischen Erzvorkommen zu übertragen.
Da nach 1648 die Kette der Kriege in Europa nicht abriß, blieb Suhl ein
wichtiges Zentrum massenhafter
Waffenproduktion. [25]
Das zweite
leistungsfähige Zentrum der Herstellung von Handfeuerwaffen war Essen, von
wo aus beide Parteien des spanisch-niederländischen Krieges beliefert
wurden. Im Jahre 1620 verkauften die dortigen Händler 15.000 Gewehre im
Rahmen der ersten großen Konjunktur. Nach einem Rückgang in den
Jahren 1623 bis 1630 stiegen die Zahlen im "schwedischen Krieg" wieder an, um in
den vierziger Jahren erneut zu kulminieren mit 7.400 Stück 1642, 6.500 -
1644, 3.400 - 1645 und 4.300 - 1646. [26] Die Fertigung solcher Mengen
in kurzer Zeit brachte auch minderwertige, ja unbrauchbare Stücke hervor,
für die die Zahlung verweigert wurde. Für das Transportgewerbe
eröffnete sich eine günstige, wenn auch höchst riskante
Gewinnquelle, wie aus Klagen von Fuhrleuten
hervorgeht. [27]
Nach detaillierten
Forschungen kann das Herzogtum Friedland als Exempel für eine
kriegsgeborene Produktionslandschaft eigener Art gelten. Durch den
mächtigen Feldherrn Wallenstein entstanden dort große
Kriegsunternehmen fast aus dem Nichts. In der Tat stellte dieser, der hier "mit
eiserner Hand" regierte, die Wirtschaft in wenigen Jahren weitgehend auf den
Bedarf der kaiserlichen Armee ein, die er seit 1625 kommandierte. Er bezog das
Territorium zugleich in ein weiträumiges System der Heeresbelieferung ein,
dessen Hauptnerv die Elbe war. Von Bauern und Adelshöfen aufgekauftes
Getreide wurde zentral gelagert und verschifft oder zu ganzen Ladungen Brot
(Zwieback) verarbeitet, Handwerker verschiedener Branchen stellten große
Mengen Kleidung, Schuhwerk, Lederzeug, Schanzgerät, aber auch Salpeter und
Lunten her, ebenso Blank- und Feuerwaffen. Die relativ kleinen Eisenhütten
und Hammerwerke in Raspenau und Hohenelbe wurden zügig um Gießereien
und Schmiedewerke ergänzt. Aus Italien herbeigeholte Manager und Fachleute
vermittelten Dynamik und Innovation. Nach Wallensteins Ende und der Zerschlagung
des Herzogtums Friedland folgten Verfall und Zerstörung. [28] Eine
solche Umstellung auf den Kriegsbedarf vollzogen auch kleinere Produktionsorte
wie die hessische Hütte in Fischbach oder einige Harzer Hütten. Der
sonst mit künstlerischem Anspruch betriebene Geschützrohrguß
unter berühmten Meistern wie den Herolds in Dresden, Martin Frey in
München, Johann Hilger in Freiberg und Gerdt Benning in Danzig mußte
sich sicherlich auf schmucklose Massenware
ausrichten. [29]
Die Armee, mit der Gustav
Adolf im Jahre 1630 auf Reichsboden landete, und die nahezu jährlich aus
Schweden nachgeholten Kontingente wurden fast ausschließlich mit
einheimischer Produktion ausgerüstet. Hier erscheint die durch den Krieg
entfachte Konjunktur noch auffallender als in den traditionellen deutschen
Zentren, weil der Herrscher und große Sachkenner des Kriegshandwerks sie
zielbewußt förderte oder erzwang. Er nahm außerdem die
Geschäftsverbindungen und Kapitalien eingewanderter calvinistischer
Unternehmer wie der Familien Trip und de Geer sowie die hohe Schmiedekunst
herbeigeholter wallonischer Meister in Anspruch. So entstand, nicht zuletzt aus
den Nachfrageimpulsen des "deutschen Krieges", eine auf herkömmliche
Kleinproduktion, Bergbau, Eisenverhüttung, reichliche Holzvorräte und
Wasserkraft gestützte Rüstungslandschaft in Mittelschweden - eine der
Bedingungen, auf die sich die schwedische Großmacht gründete. Die im
kriegsgeschüttelten Reich wirkenden Hemmnisse, Brüche und Katastrophen
entfielen in Schweden. [30]
Die
schwedische Staats- und Kriegführung vermochte zu Beginn ihres "deutschen
Krieges", wenn auch mit Mühe, die dortigen Streitkräfte samt Nachschub
zu finanzieren: aus Eigenmitteln und fremden Quellen wie den französischen
Subsidien und aus den besetzten bzw. verbündeten deutschen Territorien
(Pommern, Brandenburg). Je mehr die Streitmacht auf dem deutschen
Kriegsschauplatz anwuchs und je größer das beherrschte Gebiet wurde,
desto deutlicher schrumpfte der schwedische Eigenanteil. Die Kosten der Armee
stiegen von fast 3,5 Millionen im Jahre 1630 auf 10,4 Millionen Reichstaler
1632, hielten sich dann aber etwa auf dieser Höhe. Nach Gustav Adolfs Tod
offenbarte sich die Überspannung der Kräfte in einer akuten
Finanzkrise und daraus folgenden Armee-Unruhen, so daß Reichskanzler Axel
Oxenstierna als Verantwortlicher für den weiterlaufenden Krieg dessen
Finanzierung umbaute.
Im Rahmen des "Heilbronner
Bundes" mit deutschen Reichsständen (1633-1635) verlagerte er auf diese die
Aufbringung und Verwaltung der Kriegsfinanzen. Damit nährte sich der Krieg
weitgehend aus deutschen Quellen, seine Führung aber verblieb in den
Händen des Kanzlers. Das ganze Gefüge des inzwischen aufgebauten
bürokratischen Systems der Beschaffung, Verwaltung und Verteilung der
Eigen- und Fremdmittel (wozu nicht zuletzt kriegsrechtliche Beschlagnahmen
zählten) sowie die Abwälzung auf deutsche Partner (zu drei Vierteln)
funktionierte nur bei Siegerposition und Übermacht. Es stürzte nach
der schwedischen Niederlage bei Nördlingen 1634 und dem nachfolgenden
Rückzug aus Oberdeutschland in sich zusammen. Notgedrungen kehrte man zur
Finanzierung aus eigenen Mittel zurück, die aber unbedingt der
Ergänzung durch französische Subsidienzahlung bedurften, sollte der
Krieg sich wieder offensiv entfalten. Diese Rückwendung auf den deutschen
Schauplatz war begleitet von dem Versuch, das vorige bewährte
Finanzierungsmodell zu rekonstruieren; doch er gelang nur teilweise. Nicht
zuletzt deshalb stellt sich der "schwedische Krieg" in seiner letzten Phase
weithin als diffuses, ungeregeltes und willkürlich gehandhabtes Unternehmen
dar, dessen Ende vorgezeichnet
war. [31]
In Deutschland, den Niederlanden
und eidgenössischen Orten forderte der anhaltende riesige Armee- und
Kriegsbedarf das Engagement des Handels und des zinstragenden Kapitals heraus.
Zahllose Kaufleute und Kapitalbesitzer, auch einzelne unternehmerische Adlige
und Bauern, suchten von sich aus im Handels- und Kreditgeschäft tätig
zu werden oder wurden dazu gezwungen. Am Ende des "böhmischen Krieges"
(1621) berichtete der bekannte kursächsische Agent-Diplomat Friedrich
Lebzelter, er sei nach Süddeutschland gereist, um für einen Zinssatz
von 7-8 Prozent Anleihen einzuwerben. In Nürnberg trieb er insgesamt 70.000
Gulden von den Viatis und Peller, im Hoff, Gebhardt und Gamersfeld auf. Die
italienischen Bankiers Benicioni und Sini erklärten sich bereit, eine
Anleihe von 230.000 Gulden vom Großherzog von Toskana zu vermitteln,
wollten dafür aber zu Hoffaktoren ernannt werden. In Augsburg sprach
Lebzelter bei den Fuggern vor, die durch den Eingang einer spanischen
Silberflotte wieder gut bei Kasse waren. Sie fungierten auch als Bürgen
für Genueser Bankhäuser, die die Streitmacht der Liga durch Kredite,
verzinst mit 12 Prozent, finanzierten. Die Städte Erfurt und
Mühlhausen stellten 50.000 bzw. 20.000 Gulden zum gängigen Zinssatz
von 5 Prozent bereit. [32]
Eine lange
Reihe weiterer bedeutender Handelshäuser wie die Fugger, Rehlinger, von
Bodeck, de Witte, Bassevi, Burlamachi, Blommaert, Herwarth - um nur einige zu
nennen - machte in großem und kleinem Maßstab Geschäfte mit
nahen und fernen Partnern des Kriegshandwerks. Aus der Amsterdamer Handelswelt
gingen 1622-1634 nach Hamburg laufend Lieferungen von Blei, Salpeter, Schwefel,
Lunten (1629 ein Posten von 1.000 Zentnern), Munition, Geschützen,
Spießen und Musketen. Ein Teil davon wurde beim Gegner Spanien
abgesetzt. [33] In Hamburg nahmen Agenten und Residenten
kriegführender Mächte (Dänemark, Niederlande, Schweden,
Frankreich, Spanien, Braunschweiger Herzöge) ihren Sitz, um Informationen
über das Kriegsgeschehen zu sammeln und zu verschicken, Preisbewegungen zu
beobachten, Liefer- und Kreditquellen aufzuspüren und manches
auszuspionieren. Wie Nürnberg der erste Platz für den Heeresaufbau
Wallensteins nach 1625 war, so war Hamburg in der Zeit von 1598 bis 1660
führend im nordeuropäischen Waffenhandel, gefolgt von Emden und
Bremen. [34] Die Grafschaft Oldenburg galt als wichtige Adresse für
den Einkauf von Pferden. Diese Orte gehörten - wie auch eidgenössische
Städte, Danzig, Lübeck, Bremen, die Territorien Salzburg, Vorarlberg
und Tirol - zu den "neutralen Inseln" oder geschonten Gebieten im Meer des hin-
und herwogenden Krieges, ohne deren Ressourcen der lange und auszehrende
Konflikt nicht laufen konnte.
Die vielgestaltige,
durch den Krieg verursachte Destruktion führte, im ganzen gesehen, zur
Schrumpfung der Produktivkräfte, Kapitalien, Geldmittel und Ressourcen. Die
Versuche, dem mit Geldverschlechterung oder geringwertigen Kupfermünzen
schwedischer Emission zu begegnen, scheiterten nach kurzer Zeit. Die
Rückkehr zum rechtlichen und tatsächlichen Friedenszustand im Lande
und zu stabilen Herrschaftsverhältnissen war eine Grundbedingung für
die nicht nur teil- oder zeitweise, sondern allgemeine Rekonstruktion des Waren-
und Geldverkehrs.
ANMERKUNGEN
1. Heilmann 1868, I, II/2; Frauenholz 1938; Parker 1988, S. 303-316; Parker 1987a,
S. 280-300: Abschnitt "The universal soldier"; Sörensson
1977.
2. Albrecht 1977; Kellenbenz 1977; Ernst
1991.
3. Oschmann 1991, S. 23-25, 550-564; Redlich
1964.
4. Krüger
1988.
5. Details dazu in Kirchhof 1976; Lavater
1651; Wallhausen 1615; Newmayr von Ramsla 1630.
6.
Grimmelshausen 1959, I, S. 50 (1. Buch, 16.
Kapitel).
7. Alter Druck, Stadtarchiv
Leipzig.
8. Ritter
1903.
9. Lungwitz 1633, S.
64-70.
10. Dreyjährige Drangksahl des
Hertzogthumbs Pommern, Stettin 1630.
11.
Vertragstexte in Sveriges traktater med främmande magter, V, 1 (1572-1632),
Stockholm 1903, S. 380-404.
12. Kirchhof 1976, S.
57f.
13. Wallhausen 1615, S.
15f.
14. Parker 1988, S. 310; Parker 1987a, S.
290.
15. Bestallung Herzog Johann Ernsts von
Sachsen-Weimar vom 16. Januar 1620 zum Regimentsobersten durch König
Friedrich von der Pfalz, Staatsarchiv Weimar, H
18.
16. Ebenda.
17.
Müller/Köller 1986; Müller
1968.
18. Bellus 1632, S.
37.
19. Einen mehr allgemein gehaltenen
Überblick bietet Lugs 1970, I, S.
482-505.
20. Kühnert 1967. Das Archiv in Suhl
ist vernichtet worden, doch findet sich in den Archiven zahlreicher deutscher
und ausländischer Territorien und Städte reichlich Material zum Handel
mit Suhler Massenware.
21. Schneider
1968.
22. Staatsarchiv Weimar, H 172, fol. 107;
Schreiben Gustav Adolfs an Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar vom 12. Juli 1632,
ebenda, H 172, fol. 117.
23. Valentinitsch
1987.
24. Schreiben des Händlers Johann
Arnold an Herzog Wilhelm vom 17. Oktober 1631, Staatsarchiv Weimar, H
172.
25. Heilmann 1868, I, S. 312, Hayward 1968,
I, S. 138 f.
26. Mews 1909, S. 16-19, 90
f.
27. Aufschlußreich der Briefwechsel des
Nürnberger Rüstungslieferanten Georg Naegelein mit Landgraf
Ludwig V. von Hessen-Darmstadt 1613-1615, wo sich der Händler gegen
Qualitätskritik mit dem Hinweis verteidigt, er hätte in 36 Jahren
insgesamt 30.000 Harnische und Spieße geliefert. Auch Suhler Ware wird
ausdrücklich erwähnt. Staatsarchiv Darmstadt, E 8 A, Nr. 10/7, fol.
2-41.
28. Ernstberger 1929; Janá ek 1978,
S. 346-356.
29. Müller
1968.
30. Dahlgreen 1923; Generalstaben 1936f.,
III, S. 254-262.
31. Siehe dazu die Ergebnisse
eines langjährigen Forschungsprojektes: Landberg 1971, mit Beiträgen
von Lars Ekholm, Sven Lundkvist, Sven A. Nilsson und Roland
Nordlund.
32. Müller 1838, S.
29-33.
33. Dillen 1970, S. 314-319; Murray 1972,
S.29-33.
34. Baasch 1932. Ansonsten findet der
umfangreiche Handel mit Waffen und Kriegsmaterial in Kompendien zur
Wirtschaftsgeschichte kaum
Erwähnung.
© 2001 Forschungsstelle "Westfälischer Friede", Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Domplatz 10, 48143 Münster, Deutschland/Germany. - Stand dieser Seite: 2. Mai 2002