DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
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BJÖRN GRÄFVERT Landkarten und Krieg - Der schwedische Beitrag im Dreißigjährigen Krieg |
Am 2. Juli 1631 schrieb der
schwedische König Gustav II. Adolf aus Jerichow im nördlichen Sachsen
an einen seiner militärischen Befehlshaber, Johan Banér:
"alle unsere Landkarten hören hier auf". Er
wollte erreichen, daß der fähigste schwedische Kartenzeichner jener
Zeit, Olof Hansson (Örnehufved), zu ihm gesandt würde, um diesen
Mißstand zu beheben.
Diese Begebenheit
illustriert nicht nur das alte Sprichwort
"ohne
Karten kein
Krieg",
sondern macht auch die Notwendigkeit deutlich, schon im Vorfeld Karten des
potentiellen Kriegsschauplatzes zu besorgen. Der König verfügte zu
diesem Zeitpunkt wahrscheinlich über gute Karten der Gegend um seinen
Stützpunkt in Pommern, als er jedoch weiter in den Süden Deutschlands
kam, mußte er sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine schwedische
Karte von Bureus aus dem Jahre 1626 verlassen, die nördlich von Jerichow
endete. Im Verlauf des Krieges gelangten die schwedischen Truppen in Gegenden,
die viel weiter entfernt lagen, als noch 1631 anzunehmen war. Entsprechend stieg
der Bedarf an Karten und Plänen. Die Bitte des schwedischen Königs
weist auf eine Lösung hin: Eigene Kartographen sollten neue Karten der
Gegenden und Orte erstellen, in die das Kriegsglück seine Truppen
verschlug. Offensichtlich war die Lösung des Problems zufriedenstellend,
denn erstaunlicherweise liegen aus den verbleibenden 17 Kriegsjahren keine
weiteren Beschwerden dieser Art vor.
Dieser
Beitrag beschäftigt sich mit den erhaltenen Karten und Plänen,
über die die Schweden während der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges verfügten. Behandelt werden soll das gesamte deutsche Territorium,
einschließlich Preußens, sowie der benachbarten Regionen, die am
Krieg beteiligt waren, wie Böhmen, Mähren und Österreich.
Grundlage der Untersuchung sind Karten, die sich heute im schwedischen
Nationalarchiv und insbesondere im schwedischen Militärarchiv, einer
Sonderabteilung des Nationalarchivs, befinden. Der Beitrag behandelt vorwiegend
gezeichnete sogenannte Manuskriptkarten und -pläne und weniger gedruckte
Karten und Pläne. Dieses Vorgehen entspricht - nebenbei bemerkt - einer
Äußerung des schwedischen Königs, daß er gedruckten Karten
mißtraue und handgezeichnete bevorzuge. Ordres de Bataille werden
ebenfalls nicht berücksichtigt. Ausgehend von diesen Einschränkungen,
wird jedoch eine beträchtliche Anzahl von Karten und Plänen - etwa 400
- aus diesem Zeitraum untersucht.
Die Verwendung
von Kartenmaterial in den Kriegen des 17. Jahrhunderts unterschied sich deutlich
von der heutigen. Während heute Soldaten aller Dienstgrade über Karten
verfügen, waren sie damals nur Befehlshabern und höheren Dienstgraden
zugänglich. Auf diesen Sachverhalt wurde durch den kaiserlichen General
Montecuccoli und andere hingewiesen. Er betonte auch, wie wichtig es sei, je
nach Kriegslage zur Produktion neuer Karten fähig zu sein. Jede Armee
bedurfte einer gewissen Zahl ausgebildeter
Kartographen.
Dies führte - zumindest
während der Kriege des 17. Jahrhunderts - dazu, daß eine
beträchtliche Anzahl von Karten und Plänen, jeweils aber nur in
wenigen Kopien, vorlag. Offensichtlich waren sie besser dazu geeignet,
größere militärische Operationen wie Truppenbewegungen,
Belagerungen oder Schlachten zu planen als deren Details. Da es üblich war,
daß eine Armee gemeinsam marschierte und kämpfte, erklärte sich
die Konzentration von Karten auf die Befehlshaber von selbst. Relativ viele
Karten und Pläne von einzelnen Schlachten oder Belagerungen wurden nicht
zuletzt auch zu propagandistischen Zwecken erst nach dem jeweiligen Ereignis
erstellt. Nur für wenige Pläne kann eindeutig bewiesen werden,
daß sie vor einer Schlacht oder einer Belagerung hergestellt
wurden.
Viele für die Kriegsführung des
17. Jahrhunderts wichtige Informationen, von denen später noch profitiert
werden konnte, wurden in die Karten eingezeichnet. Da ein Großteil des
Krieges in Truppenbewegungen bestand, waren Informationen über
Straßen, Brücken, Furten, Flüsse und Hindernisse wie Berge und
Sümpfe entscheidend. Die Notwendigkeit, Menschen und Pferde zu versorgen,
erforderte Wissen um Städte und Dörfer, Schenken und Rasthäuser
und die genauere Kenntnis darüber, wo die Tiere gefüttert und
getränkt werden konnten. Und selbstverständlich mußte der
Befehlshaber in der Lage sein, Entfernungen abschätzen zu können -
sowohl in bezug auf Gesamtstrecken als auch auf Tagesetappen. Hinzu kam die
Bedeutung politischer Grenzen. Schlachten und Belagerungen erforderten andere
Informationen: Im Belagerungskrieg waren Form und Stärke von
Festungsanlagen ein entscheidender Faktor, ebenso war die Topographie der
Umgebung der belagerten Orte von Interesse.
Bei
genauer Betrachtung der schwedischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg
wird deutlich, daß sie aus verschiedenen Quellen mit Kartenmaterial
versorgt wurden (worüber nur wenige zeitgenössische Belege vorliegen).
Karten, ob nun von schwedischen oder ausländischen Kartographen, konnten
aus Schweden mitgebracht werden oder aus dem Kartenbestand der Verbündeten
stammen. Man konnte sie auf dem deutschen Markt kaufen oder über
Mittelsmänner in Holland, das in der Kartenherstellung führend war,
erwerben.
Viele schwedische Karten scheinen von
schwedischen Kartographen angefertigt worden zu sein. Obwohl die schwedische
Kartenproduktion um 1648 erst auf eine kurze Geschichte zurückblicken
konnte, hatte sie in wenigen Jahrzehnten beachtliche Ausmaße erreicht. Es
gibt nur wenige Hinweise auf eine schwedische Kartographie vor 1600. So
veröffentlichte Olaus Magnus im Jahre 1539 seine
"Carta
Marina",
die von vielen berühmten Kartographen, obwohl ihr Mangel an Genauigkeit
wohlbekannt war, als Vorlage zur Darstellung Skandinaviens benutzt
wurde.
Erst etwa 60 Jahre später begann die
systematische Erforschung Schwedens, wenn auch in eher langsamem Tempo. Den
Anfang machte eine "Laponia"-Karte des Andreas Bureus aus dem Jahre 1611; 1626
folgte die Skandinavien-Karte
"Orbis
arctoi et accurate
delineatio".
Letztere brachte die schwedische Kartographie ein bedeutendes Stück weiter.
Sie ist erstaunlich genau und diente im folgenden Jahrhundert als Grundlage
weiterer Karten von Schweden. Für Gebiete außerhalb Schwedens konnte
Bureus auf vorhandene Karten zurückgreifen.
"Orbis
arctoi"
deckte das Gebiet bis in die Höhe des 52. Breitengrades ab,
einschließlich des Gebietes, wo die schwedischen Truppen erstmals in den
Dreißigjährigen Krieg eingriffen. Sie wird von den
Entscheidungsträgern, die den Feldzug vorbereiteten, benutzt worden sein.
Sie galt als Gegenstand höchster Geheimhaltung und war nur wenigen Menschen
zugänglich. Heute existieren nur noch sieben vollständige Exemplare.
Obwohl diese Karte sehr wichtig war, stellte sie keinesfalls eine Verbesserung
bezüglich der außerhalb von Schweden liegenden Gebiete dar, wie ein
Vergleich mit der Skandinavienkarte des Holländers Adrian Veen aus dem
Jahre 1613 zeigt.
1626 war Andreas Bureus nicht
mehr der einzige schwedische Kartograph, sein Bruder Johannes hatte bereits
einige Stadtpläne und Grenzkarten gezeichnet. Während der 1620er Jahre
trat daneben eine ganze Gruppe von Kartographen auf den Plan, die für die
schwedische Armee arbeiteten. Die meisten von ihnen waren Ausländer, die
ihre Ausbildung in der Fremde erhalten hatten, so die Deutschen Heinrich Thome,
Georg von Schwengell und Georg Kräill von Bemebergh, die modernere
Techniken der Kartenherstellung einbrachten. Ein Schwede aber sollte der
wichtigste unter ihnen werden: Olof Hansson Svart (1600-1644), der im Jahre 1635
als Örnehufvud geadelt wurde. Der Krieg gegen Polen in der östlichen
Ostseeregion führte zu einer wachsenden Nachfrage nach Karten. Auch die
merklich verbesserte Organisation des schwedischen Staates erforderte genaue
Karten, ebenso wie neue Städte neue Stadtpläne brauchten. Eine
Vielzahl topographischer Informationen wurde systematisch gesammelt und
genutzt.
Diese wachsende Aktivität wurde von
zwei Hauptorganisationen getragen: Die im Jahre 1628 gegründete
Landvermessungsbehörde (Lantmäteriet) betreute die Zivilkartographie,
und für Militärkartographie gab es die Festungsbehörde
(Fortifikationen), die 1635 gegründet wurde. Karten, die für die
schwedische Kriegsführung von Interesse waren, stammten also zum
Großteil aus der Festungsbehörde, obwohl natürlich auch die
Zivilvermessung Schwedens an dem intensiven Bemühen teilhatte, die
Ressourcen im Inland für die Bedürfnisse der Kriegsführung in
Mitteleuropa zu mobilisieren.
In den späten
1620er Jahren hatte eine inländische Kartenproduktion sowohl der Zivil- als
auch der Militärkartographie begonnen. Aber Gustav Adolf versuchte
darüber hinaus, moderne Karten in Amsterdam und Deutschland zu
erwerben.
Der Krieg zwischen Schweden und Polen
hatte zur Folge, daß eine größere Zahl von Kartenherstellern
schwedischer und ausländischer Herkunft hervortrat, deren Wissen auf dem
neuesten Stand war und die jetzt lernen mußten, Karten unter
Kriegsbedingungen herzustellen. Sie mußten im Umgang mit vorhandenen
gedruckten Karten geschult sein, mußten wissen, wie man örtliche
Karten findet und wie man Gebiete auskundschaftet, deren Bevölkerung sie
als Feinde betrachtete und sie absichtlich in die Irre führte. Dies alles
war später im Krieg in Deutschland von großem
Nutzen.
Der schwedisch-polnische Krieg unterschied
sich vom Dreißigjährigen Krieg, obwohl auch er seine religiöse
Seite - Katholiken gegen Protestanten - hatte. Nach der Eroberung Rigas 1621
stießen die Schweden Richtung Südwesten vor; ab dem Jahre 1626
verschob sich der Hauptkriegsschauplatz nach Preußen, näher dem
Gebiet des Dreißigjährigen Krieges. Der schwedisch-polnische Krieg
endete 1629 mit einem entscheidenden schwedischen Sieg, durch den Schweden die
Kontrolle über den Großteil der südöstlichen
Ostseeküste gewann. Eine große Anzahl von Stadt- und
Festungsplänen, Schlachtplänen sowie einige neue topographische Karten
entstanden während dieses Krieges und der sich daran anschließenden
Besatzungszeit bis 1635. Unter den genannten topographischen Karten war
diejenige des Weichselgebiets von Olof Hansson Svart, auch bekannt unter dem
latinisierten Namen Olaus Ioannis Gothus, (Sveriges krig 1:66) von besonderer
Bedeutung. Wegen ihrer Genauigkeit diente sie später vielen
Kartenherstellern als Vorlage. Svart gab auch einige Karten kleinerer Gebiete
heraus. Eine zeigte die westliche Hälfte der Danziger Niederung (Sveriges
krig 1:69), eine andere den Marienburger Werder und angrenzende Gebiete der
Danziger Niederung (Sveriges krig 1:70), eine dritte das Gebiet
Mewe-Marienwerder (Sveriges krig 1:73a) und eine weitere das Weichseldelta
(Sveriges krig 1:68). Zusammen stehen sie für eine intensive
kartographische Erfassungs eines relativ begrenzten Gebietes. Ein weiterer
Kartograph im schwedischen Dienst, Heinrich Thome, stellte eine schöne
Karte des gesamten preußischen Gebiets von Polangen bis Danzig her. Und
schließlich findet sich im Nationalarchiv eine handgezeichnete Karte in
großem Maßstab des nördlichen Teils des schwedisch okkupierten
Gebiets von Memel bis Pillau.
Um 1629 wandte sich
das schwedische Interesse mehr und mehr den Ereignissen in Deutschland zu. Schon
1628 hatte die Stadt Stralsund den schwedischen König um Hilfe ersucht und
diese erhalten. Im Juni 1630 landeten Gustav Adolf und der Großteil der
schwedischen Armee auf deutschem Boden. Von diesem Moment an bis zum Frieden von
1648 war Schweden einer der Hauptteilnehmer am
Krieg.
Die umfangreiche Kartenherstellung in der
schwedischen Armee während dieser Zeit (1628) 1630-1648 wird im Folgenden
in zwei Hauptteilen vorgestellt, die sich auf topographische Karten einerseits
und auf Stadt-, Festungs- und Schlachtpläne etc. andererseits
beziehen.
Von den topographischen Karten, die
während des Dreißigjährigen Krieges von schwedischer Seite
hergestellt wurden, sind die von Olof Hansson Örnehufvud die bekanntesten.
Vier Karten Örnehufvuds der wichtigsten Kriegsschauplätzen sind -
über die bereits erwähnten fünf Karten hinaus -
bekannt:
1. Ohne Titel, Brandenburg, das Gebiet
Stettin-Landsberg-Grünberg-Dessau-Magdeburg-Helmstedt-Salzwedel-Wittstock-Strasburg.
Undatiert, wohl zwischen 1630 und 1634, 58,5 x 10,2 cm, Maßstab ca. 1:350
000, Handzeichnung, bisterbraune Tinte auf Pergament. Schwedisches
Militärarchiv, Sveriges krig 2:51.
2. Ohne
Titel, Meissen-Thüringen und Mansfeld. 1633, 72,8 x 91 cm, Maßstab
ca. 1:300 000, Handzeichnung, bisterbraune Tinte auf Papier. Schwedisches
Militärarchiv, Sveriges krig 2:50.
3. Nova
Totius Eichsfeldiae. Geographica Descripto (Eichsfeld). Undatiert (1630-1634),
41 x 60,6 cm, Maßstab ca. 1:140 000, Handzeichnung, bisterbraune Tinte auf
Papier (auf Stoff aufgezogen). Schwedisches Militärarchiv, Sveriges krig
2:52.
4. Südlicher Teil von Bremen-Verden
(Gebiet östlich der Weser von Bremen bis Hameln). Undatiert (1630-1634),
28,5 x 43,2 cm, Maßstab ca. 1:30 000, Handzeichnung, bisterbraune Tinte
auf Papier. Schwedisches Militärarchiv, Sveriges krig
3:115.
Drei dieser Karten waren schon früh
bekannt. Die Brandenburg-Karte wurde schon im Hondius-Atlas von 1638
veröffentlicht, die Meißen-Karte zuerst von Janssonius 1649 und die
Eichsfeld-Karte erstmals von C. Blaeu 1633. Einzig die Bremen-Verden-Karte
scheint nicht von anderen Kartographen benutzt worden zu
sein.
Örnehufvuds Brandenburg-Karte ersetzte
die von Mercator (1585, kopiert von Ortelius 1590) als Standardkarte der Region.
Die neue Karte war viel detaillierter und vermittelte einen relativ guten
Eindruck der örtlichen Topographie. Sie wurde erst 1724 von Grundlings
Karte ersetzt.
Es ist nicht bekannt, wie
Örnehufvud die Brandenburg-Karte herstellte. Höchstwahrscheinlich
hatte er wegen der vielen anderen Verpflichtungen, denen er als
Oberquartiermeister während der ständigen militärischen
Operationen nachkommen mußte, keine Zeit für genaue Vermessungen.
Statt dessen verließ er sich wohl auf mündliche Berichte,
geschätzte Weglängen und einige visuelle Eindrücke. Die Karte
enthält eine Vielzahl Informationen, die für die Kriegsführung im
17. Jahrhundert von Nutzen sein konnten, so Angaben zu Ortsnamen, Wasserwegen,
Brücken, Höhenangaben und Gebietsbeschreibungen, ferner einige
Straßen. Die anderen drei Karten enthalten im wesentlichen dieselbe
Information mit einigen wichtigen Ausnahmen. Nur die Bremen-Verden-Karte zeigt
einige Straßen, und von den vier Karten ist die Eichsfeld-Karte die
einzige, auf der Grenzen eingezeichnet sind. Weder die Eichsfeld- noch die
Bremen-Verden-Karte zeigen
Brücken.
Vergleicht man die in diesen Karten
gegebenen Informationen mit dem erwartungsgemäß Wichtigen, fällt
überraschend das weitgehende Fehlen von Grenzen und Straßen auf.
Informationen über Straßen dürften für die Planung von
Truppenbewegungen entscheidend gewesen sein. Wie ist dieses Informationsdefizit
zu erklären? Grenzen scheinen bis zum Ende des Jahrhunderts kaum jemals in
Karten eingezeichnet worden zu sein. Warum? Möglicherweise weil sich
Grenzverläufe in der Zeit häufig änderten und die Karten
möglichst lange Gültigkeit haben sollten. Aber gilt dies auch für
Straßen? Hier kann man kaum so argumentieren, da viele Straßen alten
Pfaden folgten, die oftmals sogar aus römischer Zeit stammten. Prinzipiell
sprach nichts dagegen, Straßen auf Karten einzuzeichnen. So wurde
beispielsweise für Karten von Schweden, die um die gleiche Zeit
herauskamen, ausdrücklich angeordnet, daß Straßen verzeichnet
werden sollten. Die Erklärung, daß das jeweilige Straßensystem
nicht bekannt gewesen sei, trifft ebenfalls nicht zu. Um 1630 existierten einige
Wegeverzeichnisse, die Straßenbeschreibungen enthielten; viele von ihnen
dienten als Grundlagen für Straßenkarten. Sogar erste
Entfernungstabellen erschienen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Hierdurch war den Schweden das vergleichsweise ausgedehnte deutsche
Straßennetz relativ gut bekannt. Auch militärische Geheimhaltung kann
nicht als Erklärung dienen, da die Straßen ohnehin wohlbekannt waren.
Das scheinbare Paradoxon der fehlenden
Straßen in Karten läßt sich folgendermaßen erklären:
Erstens waren die Straßen nicht so wichtig, wie zu vermuten wäre. Auf
ebenem Gelände konnten die Truppen marschieren, unabhängig davon, ob
eine Straße vorhanden war oder nicht. Wichtiger als Straßen waren
Brücken, Furten und Pässe. Waren diese neben Städten und
Dörfern auf den Karten eingezeichnet, so waren auch die Hauptrichtungen der
Straßen ersichtlich. Zweitens war es immer noch üblich, zum
Kartenzeichnen von einem erhöhten Punkt aus die Richtung anderer Punkte in
der Landschaft auszumachen. Entfernungen brachte man in Erfahrung, indem man
ortskundige Menschen befragte. Dies alles machte das Einzeichnen von
Straßen und Flüssen in Karten schwierig. Waren Brücken und
Furten erst einmal eingezeichnet, wurde ein Flußverlauf oftmals nur
ungenau markiert.
Die Örnehufvud-Karten sind
die wichtigsten, aber nicht die einzigen Karten, die von den Schweden
während des Dreißigjährigen Kriegs hergestellt wurden.
Vermutlich im Februar 1631 wurde ein Aufklärungsreport und eine
Straßenkarte für das Gebiet der mecklenburgisch-pommerschen Grenze
zwischen Ribnitz und Demmin erstellt, wohl auf Veranlassung Johan Banérs.
Dies ist ungewöhnlich, da hier ein beschränktes Gebiet sehr
detailliert - wenn auch primitiv - kartographiert wurde. Andere Karten deckten
in der Regel ein bedeutend größeres Gebiet ab und waren demzufolge
auch weniger detailliert.
Von Paulus Morsheusser,
Oberquartiermeister in Gustav Horns Armee, stammt - wahrscheinlich aus den
Jahren 1633-1634 - eine gut gezeichnete Karte des Bodenseegebiets. Auch hier
handelt es sich um eine handgezeichnete Karte, die im wesentlichen gleiche
Informationen enthält wie die Örnehufvud-Karten, obwohl sie mehr
Straßenangaben - sicher jedoch nicht alle - und keine Grenzen zeigt. Der
Maßstab ist ca. 1:150 000. Wie auf den Örnehufvud-Karten ist eine
Vielzahl von Ortsnamen angegeben. Die Karte belegt, in welch großem Gebiet
Mitteleuropas die schwedischen Armeen bereits wenige Jahre nach ihrer Landung in
Norddeutschland operierten. Von etwa 1633 datiert eine eher kleine gedruckte
Karte des Weserraumes und den angrenzenden Regionen Niedersachsens und
Westfalens, wo - wie es die Überschrift der Karte auf deutsch
ausdrückt -
"die
meisten der schwedischen Armeen heutzutage
sind".
Obwohl der Hinweis auf schwedische Truppen vermuten läßt, daß
es sich dabei um eine Karte schwedischer Herkunft handelt, kann dies nicht mit
Bestimmtheit angenommen werden.
Aus dem folgenden
Jahrzehnt sind keine weiteren Karten dieser Art erhalten. Aber gegen Kriegsende
erschienen zwei weitere, die einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Eine stammt aus
dem Jahre 1648 und zeigt die Truppenbewegungen unter Lennart Torstensson
zwischen Februar und November 1645. Kartograph war Erik Dahlberg, dessen Name
für schwedische Festungsanlagen und Kartographie während der zweiten
Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts bedeutsam werden sollte. Die Karte
zeigt die Marschroute der Armee durch Böhmen, Österreich und
Mähren sowie einige Flüsse und Geländeformationen, ferner
wichtige Städte und Festungen des Gebiets, einschließlich der
schwedischen und kaiserlichen Garnisonen und der verschiedenen Orte, in denen
das schwedische Hauptquartier untergebracht war. Ihr Maßstab beträgt
ca. 1:750 000; es handelt sich um eine handgezeichnete Karte. Aus dem selben
Jahr, 1648, stammt die gedruckte Karte des Oberquartiermeisters in Carl Gustaf
Wrangels Armee, Georg Wilhem Kleinstretls, die zum Teil das gleiche Gebiet
umfaßt. Sie zeigt die deutschen Kriegsschauplätze der Jahre 1645 bis
1648 und umfaßt die Marschroute der schwedischen Hauptarmee. Detailliert
sind Flußverläufe, zahlreiche Städte und Festungen, einige
Hügel etc. angegeben, aber keine Straßen außer den
tatsächlich benutzten Routen, auch fehlen Angaben zu Grenzverläufen.
Das kartierte Gebiet erstreckt sich vom Harz bis zum Bodensee und von Mainz bis
Wien. Sogar Nachtquartiere sind eingezeichnet und von 1 bis 311 durchnumeriert.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß Dahlbergs und Kleinstretls Karten auf
derselben Quelle basieren, die allerdings noch nicht aufgefunden
wurde.
Vier weitere Karten dieser Zeit, die sich
im Militärarchiv erhalten haben, verdienen erwähnt zu werden. Die
erste Karte, die den Grenzverlauf zwischen Böhmen und der Oberpfalz zeigt,
wurde 1629 von Tobias Schubharten hergestellt. Es handelt sich um eine
große, ausgesprochen schöne Karte, die die grenznahe Region
detailliert darstellt und eine große Anzahl von Grenzposten zwischen
"Flossenburgisch
Schauer-Tanne"
und "Peter
Wiesse (Statt
Waltmünchen)"
aufführt. Die Karte wurde nicht von einem Schweden angefertigt, denkbar ist
also, daß sie käuflich erworben wurde oder, was wahrscheinlicher ist,
Kriegsbeute war. Sie wurde wohl für die Operation der schwedischen Truppen
in dieser Region benutzt. Die zweite Karte wurde von Erik Dahlberg gezeichnet
und ist im gleichen gebundenen Werk (Handritade kartverk 21, Manuscript atlases
21) von 1648 enthalten wie die Karte mit den Truppenbewegungen der schwedischen
Truppen im Jahre 1645. Diese Karte umfaßt das Gebiet von Travemünde
an der Ostsee bis Boitzenburg an der Elbe. Sie zeigt die 1638 projektierte
dänische Befestigungslinie, die Holstein vom Südosten abriegeln
sollte. Sie enthält kaum topographische Details, abgesehen von wenigen
Städten, Seen und Flüssen und der geplanten Linie der Befestigungen.
Die dritte Karte, handgezeichnet und auf Pergament, deckt das Gebiet der unteren
Oder von der Flußmündung bis gerade südlich von Garz ab und
zeigt in erster Linie den Flußverlauf sowie wenige Kilometer des im Osten
angrenzenden Gebiets. Die Karte entstand wahrscheinlich im Zusammenhang mit den
langwierigen Diskussionen über den Verlauf der Ostgrenze von
Schwedisch-Pommern. Demzufolge entstand sie wahrscheinlich um 1651 und kann als
Beispiel der Durchführung des Westfälischen Friedens gelten. Sie
könnte jedoch auch älter sein, möglicherweise von 1630/31, da sie
ein Gebiet abdeckt, das die Schweden nach dem Friedensschluß zu behalten
beabsichtigten. Ihr Autor ist unbekannt. Die Karte ist relativ detailliert und
verzeichnet viele Städte und Dörfer sowie einige Straßen und
Brücken, Wälder und Seen. Besonders die verschiedenen Grenzen sind
deutlich eingezeichnet, offensichtlich das Hauptanliegen der Karte. Eine
vergleichbare Karte, von Hand auf Pergament gezeichnet, zeigt das linke Ufer des
Elbeunterlaufs bis auf die Höhe von Stade-Ösel. Sie ist
außergewöhnlich schön gearbeitet, trägt aber kein Datum,
keinen Titel, weder Angaben zu ihrem Zweck noch den Namen des Kartographen. Es
ist daher nicht sicher, ob sie aus der Kriegszeit stammt, denn sie bildet ein
Gebiet ab, das nach dem Frieden in schwedischer Hand bleiben sollte. Sie
enthält Informationen über einige Städte, topographische Merkmale
und Grenzen, aber in erster Linie Straßen und Deiche. Windmühlen sind
ebenfalls ein auffallendes Charakteristikum dieser
Karte.
Die topographischen Karten, die hier
besprochen wurden, sind zum Großteil von Hand gezeichnet.
Selbstverständlich hatten die Schweden auch Zugang zu einer gewissen Zahl
von gedruckten Karten, hauptsächlich holländischer oder deutscher
Herkunft. Da diese jedoch
"Standardkarten"
der Zeit darstellten, soll hier nicht näher auf sie eingegangen werden.
Zusammenfassend läßt sich über
die bislang untersuchten Karten sagen, daß ihre Anzahl gering ist, nur
etwa 20 sind erhalten. Die meisten zeigen Gebiete Norddeutschlands und
entstanden während der frühen Jahre der schwedischen
Kriegsbeteiligung, einige wenige datieren jedoch aus den letzten
Kriegsjahren.
Wenn die Anzahl topographischer
Karten schwedischer Kartographen eher begrenzt ist, so gilt dies keinesfalls
für die Stadt- und Befestigungs- sowie Schlachtpläne. Im
Militärarchiv und im Nationalarchiv konnte eine Gesamtzahl von 379
Stück ermittelt werden. Von diesen wurden 118 als Schlachtpläne
klassifiziert, der Rest als Stadt- und Befestigungspläne. 15 befinden sich
im Nationalarchiv, während die überwältigende Mehrheit, 96
Prozent, im Militärarchiv lagert. Unter den 379 Karten befinden sich keine
gedruckten Karten oder Zeichnungen. Des weiteren sind keine Ordres de
Bataille, d. h. standardisierte Zeichnungen von Truppenbewegungen meist im
Rahmen einer Schlachtdarstellung enthalten. Sie weisen kaum topographische
Details auf und werden deshalb hier nicht in Betracht gezogen. Andererseits sind
die Karten des schwedischen Feldzugs in Preußen eingeschlossen.
Natürlich sind viele der Karten undatiert bzw. lassen sich nicht leicht in
die Zeit des Dreißigjährigen Krieges datieren. Einige
Ungewißheiten bleiben zwar, beeinflussen aber weder die Gesamtzahl der
Karten wesentlich noch deren zeitliche oder räumliche
Einordnung.
Die Entstehungszeit dieser Karten
scheint mit den verschiedenen Phasen schwedischer Beteiligung am Krieg
einherzugehen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen - zehn, um genau zu sein, die
zwischen 1618 und 1623 gezeichnet wurden (und demzufolge von den Schweden
erworben worden sein müssen) - entstand der größte Teil nach
1626. Sie beziehen sich fast ausschließlich auf die schwedischen
Aktivitäten in Preußen, obwohl sich schwedische Truppen seit 1628 in
der Gegend um Stralsund aufhielten. Insgesamt lassen sich für die Jahre
1626 bis 1629 46 Karten nachweisen. Aus den ersten Jahre schwedischer
Kriegsbeteiligung ab 1630 stammen eine große Anzahl von Karten. 82 Karten
lassen sich in den Zeitraum zwischen 1630 und 1633 datieren, wobei das Jahr 1632
mit 25 Karten die höchste Zahl aufweist. Danach geht die Anzahl der Karten
langsam zurück. In den folgenden Jahren, 1634 bis 1637, entstanden nur 19,
in den Jahren von 1638 bis 1641 noch weniger, nämlich 16 Karten. Dies
entspricht dem Zeitraum, in dem die schwedische Kriegsbeteiligung allgemein
nachließ. In den Jahren 1642 bis 1645 steigt die Zahl wieder auf 32
Exemplare. Die letzte Periode von 1646 bis1648 weist eine drastische Zunahme auf
67 Karten auf; in der Tat liegt ein höherer jährlicher Durchschnitt
vor als für den Zeitraum zwischen 1632 und 1635; ein eindeutiger
Höhepunkt wird im Jahre 1648 mit 54 Karten erreicht. Dafür gibt es
zwei Erklärungen: Zum einen kam es vor dem Frieden zu einem letzten Schub
an Aktivitäten, zum anderen - und das ist der wichtigere Grund - stellte
Erik Dahlberg in diesem Jahr eine große Anzahl von Karten her, die
gemeinsam in einem Band erschienen. Einige stammten zwar aus dem Jahr 1648,
zeigten aber die Situation, wie sie sich einige Jahre zuvor dargestellt hatte.
Diese werden hier in die Aufstellung früherer Jahre einbezogen, da es sich
dabei um Varianten nicht mehr erhaltener älterer Karten handelt. Zu den
jährlichen Zahlen siehe Appendix 1.
Die
Gesamtverteilung auf die Gebiete wird aus Appendix 2 und Ziffer 6 ersichtlich.
Einige Gebiete mit besonders hoher Konzentration fallen auf. Preußen ist
mit nicht weniger als 71 Karten und Plänen aus den Jahren 1626 bis 1635
vertreten. Die Kriegsereignisse in diesem Gebiet sind natürlich nicht
ausschließlich dem Dreißigjährigen Krieg zuzuordnen, sondern
grenzten an den Hauptkriegsschauplatz an und waren vom
Dreißigjährigen Krieg mitbestimmt. Einer der Gründe, weshalb in
dieser Gegend so viele Karten entstanden oder erworben wurden, liegt darin,
daß die Schweden hofften, wenigstens beträchtliche Gebietsteile,
vornehmlich Flußmündungen und bestehende Befestigungen, behalten zu
können, und auch in anderer Hinsicht an der Gegend interessiert waren. Sie
mußten das Gebiet jedoch 1635 verlassen.
Eine hohe Kartendichte läßt sich auch
für Pommern und die benachbarten Regionen feststellen. Die Gegend von
Rostock bis Kolberg bis nach Wittstock-Schwedt im Süden findet sich auf 73
Karten und Plänen. Gründe hierfür liegen sicherlich sowohl in der
langen Dauer der schwedischen Besetzung - einige Gebiete waren von 1628 bis 1638
okkupiert, die meisten von 1630 oder 1631 bis 1648 - als auch, wie im Falle
Preußens, in den schwedischen Hoffnungen, diesen Stützpunkt auch nach
dem Friedensschluß zu behalten. Diese Hoffnung wurde in diesem Fall zum
großen Teil erfüllt.
Keine andere
Gegend weist ähnliche Konzentrationen auf. Ein relativ kleiner Landstrich
um Hameln kommt auf 19 Karten, von denen neun die Stadt selbst zeigen; in den
meisten Fällen handelt es sich um Karten aus dem Jahre 1633, als die
Schlacht um Hameln stattfand. Eine weitere, eher auffällige Konzentration
für ein kleines Gebiet findet sich für den Teil des Rheinverlaufs von
Rees bis Moers mit 14 Karten. Wenige weitere Regionen, wie den Unterlauf der
Weser, die Gegend um Leipzig sowie das Gebiet südlich von Braunschweig bis
Osterwieck, sind aufgrund von jeweils neun Karten interessant. Abgesehen davon
kann für die Gegend zwischen Rhein und Oder eine relativ
gleichmäßige Verteilung festgestellt werden, so gibt es einige wenige
Karten des linken Rheinufers, und vor allem einige der Region im Norden genau
östlich der Oder. Die Donau dagegen bildet keine Begrenzung nach
Süden: Eine nicht unerhebliche Zahl, zehn Karten, zeigt die Gegend von
Konstanz bis München südlich des
Flusses.
Zwei große Lücken tun sich
jedoch in der Verteilung auf: eine zwischen dem von Schweden und Polen
umkämpften preußischen Kriegsschauplatz und dem pommerschen Gebiet;
die andere östlich von Hanau, Richtung Bamberg, und südlich Richtung
Böhmen, bis Prag und Brünn.
Die 379
Stadt- und Festungspläne verteilen sich auf nicht weniger als 195
verschiedene Städte und Festungen, im Durchschnitt also auf weniger als
zwei pro Ort. Keine einzige Stadt wird durch mehr als elf Pläne
repräsentiert; diese hohe Zahl läßt sich allein für Stettin
konstatieren. Diese Pläne decken den gesamten Zeitraum von 1629 bis 1648
ab. Stettin galt als eine der wichtigen Städte, die die Schweden nach dem
Krieg zu behalten hofften - was ihnen auch gelang. Die am zweithäufigsten
dargestellte Stadt ist Hameln mit neun Karten, die sich fast alle auf die
Vorkommnisse von 1633 beziehen. Marienburg liegt an dritter Stelle mit acht
Karten, gefolgt von Elbing und Kolberg mit jeweils sieben. Pillau, Stralsund und
Wismar sind auf sechs Karten aufgeführt, während Danzig, Dirschau,
Glogau, Landsberg (bei Posen), Montauer Spitze, Osnabrück, Rheinberg,
Rostock und Wollin auf jeweils fünf Plänen auftauchen. Die meisten
dieser Orte befinden sich direkt in oder in der Nähe von Preußen oder
Pommern; Ausnahmen stellen Hameln, Osnabrück und Rheinberg
dar.
Die große Zahl der Orte, von denen sich
Karten finden, zeugt sowohl von der umfassenden Beteiligung der Schweden am
Dreißigjährigen Krieg, von dem großen Gebiet, das die Truppen
durchquerten, als auch von der wichtigen Bedeutung, die Städten und
Festungen in diesem Krieg zukam. Während des Krieges kam es häufig zu
Belagerungen, es wurden jedoch auch Baumaßnahmen an bestehenden
Befestigungsanlagen durchgeführt, und in nicht wenigen Fällen wurden
neue Stützpunkte errichtet, speziell in Gebieten, die die Schweden nach dem
Krieg zu behalten hofften. Die Stadt- und Festungspläne wurden also
möglicherweise im Vorfeld einer geplanten Belagerung erworben, dienten als
wichtiges Medium für die Planung, können aber auch als Aufzeichnungen
der Befestigungsarbeiten erst nach dem entsprechenden Ereignis erstellt worden
sein. Eine Gemeinsamkeit besteht darin, daß das Hauptaugenmerk in der
Regel auf der Darstellung der Befestigungen lag. Was sich innerhalb der
Stadtmauern befand, war zumeist von geringerem Interesse, aber je nach Grad der
Wichtigkeit flossen auch solche Informationen in die Pläne
ein.
Zweifelsohne gehören einige der
frühesten erhaltenen Pläne einiger bedeutsamer deutscher Städte
zur hier besprochenen Gruppe. Dies ist bekanntermaßen der Fall für
Städte wie Kassel, Magdeburg und Osnabrück, aber damit sind sicher
noch nicht alle genannt. Zusammenfassend läßt sich feststellen,
daß die Pläne einen sehr wichtigen Teil früher Kartographie
deutscher Städte darstellen.
Ein
Schlachtplan enthält oftmals interessante Informationen topographischer
Art. Zu dieser Kategorie gehören sowohl Pläne von Belagerungen als
auch von Schlachten, die auf offenem Feld geführt wurden. Die Wichtigkeit
einer Schlacht scheint nicht mit der Anzahl der erhaltenen Pläne zu
korrelieren. Die größte Anzahl damaliger Pläne, sechs an der
Zahl, zeigt die Belagerung von und den Angriff auf Hameln im Jahre 1633. Jeweils
vier Pläne erinnern an die Eroberung Osnabrücks, ebenfalls im Jahre
1633, und an die Schlacht bei Leipzig, die sogenannte Schlacht Breitenfeld II,
die 1642 stattfand. Jeweils drei Pläne beschreiben die Ereignisse von
Dessau 1631, Mainz im selben Jahr, Nürnberg 1632, Wittstock 1636 und Glogau
1642. Im Gegensatz dazu findet sich z.B. der für die Schweden so wichtige
Sieg in der ersten Schlacht bei Breitenfeld im Jahre 1631 auf nur einem
zeitgenössischem Plan, die vernichtende Niederlage bei Nördlingen 1634
taucht überhaupt nicht auf und die überaus wichtige Schlacht von
Lützen im Jahre 1632 nur auf zweien. Die Erklärung hierfür
dürfte in folgender Faktoren liegen: Die am besten dokumentierten
Belagerungen von Hameln und Osnabrück fanden während eines Feldzugs
unter demselben Befehlshaber statt und stammen wahrscheinlich vom selben
Kartographen. Entweder wurden ungewöhnlich viele Karten zu diesen
Ereignissen hergestellt oder diese Karten sind ausgesprochen gut
erhalten.
Bislang wurde die Produktion
schwedischer Seekarten während dieser Zeit noch mit keinem Wort
erwähnt. Seekarten waren sehr wichtig für die Truppentransporte
über die Ostsee. Zunächst griff man auf Karten holländischer
Herkunft zurück. Die erste schwedische Seekarte erschien erst im Jahre 1644
und stammte von Johan Månsson. Sie basiert auf holländischen Karten,
und der einzige Fortschritt bestand darin, daß sie den Bottnischen
Meerbusen, ein Gebiet, das für Holland von geringerem Interesse war,
abbildete. Es sollte weitere 50 Jahre dauern, bis die nächste rein
schwedische Karte der Ostsee
erschien.
Zusammenfassend läßt sich
feststellen, daß die schwedische Kartographie während des
Dreißigjährigen Krieges bedeutende Fortschritte machte. Nach
zögernden Anfängen vor Kriegsbeginn entstanden zwei Behörden, die
für Militär- und Zivilkartographie verantwortlich waren; eine ganze
neue Gruppe speziell auf militärischem Gebiet ausgebildeter Kartographen
trat auf den Plan, und die Kartenproduktion erhöhte sich drastisch, sowohl
in Hinblick auf Qualität als auch auf Quantität. Aber diese
Entwicklung ist nicht nur für Schweden von Interesse. Die Beteiligung am
Krieg bedeutete, daß eine große Anzahl von Karten und Plänen
des vom Krieg verwüsteten Gebietes in den Besitz der schwedischen Armeen
gelangte. In diesem Bestand ist ein wichtiger Teil der zeitgenössischen
Kartographie Mitteleuropas erhalten. Viele der Karten sind die frühesten
existierenden des betreffenden Gebietes überhaupt, sie stehen für eine
bedeutende Zunahme geographischer Kenntnisse. Das Erbe der schwedischen
Intervention war auch von kartographischer Bedeutung. Nach dem
Friedensschluß kamen wichtige Gebiete, nämlich der westliche Teil
Pommerns, Bremen-Verden und Wismar unter schwedische Kontrolle. In diesen
Gebieten wurde die schwedische Kartographie sehr intensiv fortgeführt, bis
sie 1815 abgetreten wurden. Besonders Schwedisch-Pommern, einschließlich
der Stadt Stralsund, findet sich buchstäblich auf Tausenden von Karten und
Plänen aus der schwedischen Zeit.
LITERATUR