DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
Textbände > Bd. II: Kunst und Kultur |
DAVID DAVIES Anatomie der spanischen Habsburgerportraits |
Bestimmte Merkmale spanischer Portraits
aus der Zeit der spanischen Habsburger sind seit langem als eigentümlich
erkannt worden. Die Portraitierten strahlen Würde, Ernst und
Förmlichkeit aus. Männer posieren nicht lässig vor antiken
Säulen oder samtbedeckten Tischen. Nonchalance ist nicht ihr Stil. Weder
trägt man den Kopf zu hoch, noch läßt man ihn hängen.
Hüte sitzen nie in keckem Winkel, die Ellbogen stehen nicht ab. Diese
Männer strahlen nie Charme aus, vermitteln auch nicht übertriebenes
Selbstbewußtsein. Distanziert und unbeteiligt, bewegungs- und
empfindungslos stehen sie da. Sie gestikulieren nicht und unterhalten sich
nicht. Ihre Zurückhaltung ist in der Tat beeindruckend und ihre
Bescheidenheit sprichwörtlich. Diese Männer sind gewöhnlich
schwarz und einfach gekleidet (Abb. 1). Farbige Prachtentfaltung ist außer
bei feierlichen Anlässen nicht nach ihrem Geschmack: Man ist elegant, aber
niemals protzig. Exzesse jeder Art werden vermieden. Auch im Essen und Trinken
gestatten sich diese Männer keine Unmäßigkeit. Ihre Erscheinung
ist im Gegenteil asketisch. Maßvoll geregelt auch der Gesichtsausdruck.
Lachen scheint verpönt gewesen zu sein. Hier gibt es keine lachenden
Kavaliere oder ausgelassene Männergesellschaften. Grimassieren,
Völlerei und Trunkenheit - Unschicklichkeiten jeder Art - scheinen dem
pikarischen Roman, dem bodegón und den Hofnarren vorbehalten
gewesen zu sein. Die spanischen Habsburger dagegen sind ernst, förmlich,
maßvoll und erfüllt von tiefer
Frömmigkeit.
Frauen erscheinen
merkwürdigerweise stark geschminkt, vor allem mit viel Rouge. Ihre Haut ist
weiß wie Elfenbein, und ihre Wangen sind rosig. Anders als bei den Frauen
der bodegones erscheint ihr Teint in Portraits nie kränklich. Oft
sind sie in üppige Seidenroben gehüllt und geschmückt mit
Juwelen. Das Gewand aber verbirgt den Körper, verhüllt ihn von den
Knöcheln bis zu den Händen, dem Kinn oder Nacken. Entblößte
Arme und Decolletés sind selten en vogue. Demonstriert wird
Status, Sexualität wird versteckt (Abb. 2).
Kinder erscheinen in Portraits nie wie Kinder.
Ihr Betragen ist steif und korrekt wie das ihrer Eltern. Nie lachen sie oder
treiben Unfug wie die Gauner und Schelme der bodegónes und der
pikarischen Literatur. Sie sind zu sehen, aber nicht zu hören (Abb.
3).
Diese einfühlenden Beobachtungen aus der
Sicht des zwanzigsten Jahrhunderts gewinnen an historischer Substanz durch
Aussagen zeitgenössischer Beobachter und Reisender über die spanische
Gesellschaft und vor allem den Hof. Im "Buch vom Hofmann", das Baldassare
Castiglione in Spanien vollendete, erklärt Federigo
Fregoso:
"Allgemein
gesprochen scheinen mir die Spanier in den Sitten mehr den Italienern zu
entsprechen als die Franzosen, weil die den Spaniern eigentümliche
gelassene Würde mir sehr viel schicklicher für uns vorkommt als die
hastige Lebhaftigkeit, wie man sie bei den Franzosen fast an jeder Bewegung
kennt
[...]" [1], und an anderer Stelle:
"Ich will nicht leugnen, daß es nicht viele anmaßende Spanier gibt; ich
behaupte nur, daß die, die sehr geachtet werden, zumeist auch sehr
bescheiden sind. Man findet ferner auch derart frostige Personen, die über
jede Art und Weise hinaus die Gesellschaft der Menschen meiden und eine gewisse
Stufe menschlichen Mittelmaßes überschreiten, daß sie entweder
als zu schüchtern oder als zu stolz erachtet werden [...]" [2]
In diesem Zusammenhang erscheint interessant,
daß Bescheidenheit auch in der Malerei bewundert wurde. Pacheco zufolge
war Rubens von eben dieser Qualität in
Velázquez'
Gemälden (die überwiegend Portraits waren) beeindruckt:
"[...] y
favoreció mucho sus obras por su
modestia". [3]
Die Würde der Spanier hebt auch James Howell
hervor, ein Waliser aus Abernant in Carmarthenshire, der große Teile
Europas - die Niederlande, Frankreich, Italien und die Ostküste Spaniens -
bereist hatte und daher das Sozialverhalten seiner Zeitgenossen zu beurteilen
imstande war. Seine zwischen dem 5. Januar und 15. März 1623 datierten
Briefe aus Madrid, von Bedeutung vor allem für die politische Geschichte,
berichten über die Intrigen um das Zustandekommen der Verbindung zwischen
dem englischen Kronprinzen Karl und der Infantin Maria, verraten aber nebenbei
auch einiges über den Charakter der Spanier:
"Betreffs
des Volkes, [...] sein Fehler besteht in allzu großer Würde, was
mancher, der es nicht so gut kennt, für Stolz
hält." [4]
Howell beobachtete auch, daß sich der Spanier förmlich und
würdevoll bewegte:
"Er geht,
als ob er marschiere, und er sieht selten zu Boden, als ob er ihn
verachte." [5]
Nüchterner Ernst war ebenfalls ein Merkmal:
"[...] der
Spanier ist nicht so glatt und ölig in seinen Komplimenten wie der
Italiener; und wenn er auch in seinen Äußerungen kraftvoll ist, wird
er doch nicht wie Franzosen oder Engländer Komplimente
beschwören." [6]
Offenkundige Schmeichelei erregte Mißfallen:
"Hier ist
es nicht Sitte, den König mit Komplimenten zu umgarnen oder ihn mit der
Anrede Sacred Sovereign und Most Excellent Majesty zu
vergöttern". [7]
In der Zurückweisung von Schmeichelei erwies sich die Bescheidenheit des
Spaniers:
"Ich habe
gelesen, hier bei Hof gelte in der Tat die Regel descendendo ascendum est in
Aula, sich zu erniedrigen sei der beste Weg, bei Hof aufzusteigen. Es gibt
da eine Art Demut und Gefälligkeit, die weit entfernt ist von serviler
Gemeinheit oder verächtlicher Schmeichelei und eher als Takt bezeichnet
werden kann denn als
Lobhudelei." [8]
Beeindruckt war Howell auch von der Frömmigkeit. So lobt er zum Beispiel
die Gewohnheit, sich ins Kloster zurückzuziehen:
"Es ist ein
verbreiteter und wirklich lobenswerter Brauch bei den Spaniern, wenn einer die
große Lebenskrise erreicht hat und hinfällig wird [...], sich an
einen Ort der Devotion zurückzuziehen und den Rest seiner Tage in
Meditation und mit der Vorbereitung seiner selbst auf eine andere Welt zu
verbringen. Kaiser Karl wies ihnen den Weg [...], er zog sich in ein Kloster
zurück, und sie (seine beiden Schwestern) wurden Nonnen. Das entspricht der
Veranlagung eines Engländers nicht, der sein Gewand erst abzulegen bereit
ist, wenn er zu Bett
geht." [9]
Bezüglich der Kleidung bemerkt Howell, die Alltagsgewänder der
Männer seien bescheiden, nur zu zeremoniellen Anlässen mache man
Ausnahmen. [10]
Sir Richard Wynn, ein
anderer Waliser in Madrid, der dem Prince of Wales als Kammerherr diente, zeigt
sich erstaunt über die großen Mengen an Schminke, die von den Frauen
aufgelegt wurde,
"so
sichtbar, daß man glaubt, sie trügen Masken statt der eigenen
Gesichter". [11]
Dabei handelte es sich nicht um eine vorübergehende Mode. Schon 1594 hatte
der damalige päpstliche Nuntius Camillo Borghese (der künftige Papst
Paul V.) notiert:
"Frauen
sind gewöhnlich, wie die Männer auch, schwarz gekleidet und tragen
einen Schleier um das Gesicht wie Nonnen [...] in der Regel verwenden alle
Frauen Rouge, wodurch sie ihre natürliche braune Gesichtsfarbe
verändern, und sie legen soviel davon auf, daß sie wirklich wie
gemalt
wirken." [12]
Die Verfasser dieser anschaulichen Beschreibungen
von Sitten und Gebräuchen ihrer spanischen Zeitgenossen hatten als
Ausländer die besten Voraussetzungen zu erkennen, was eigentümlich
war. Signifikant sind daher Zeugnisse, die bestätigen, daß die
Portraits in der Tat solche sozialen Konventionen zutreffend darstellen.
François Bertaut, der Marschall Gramont auf einer Mission nach Spanien
begleitete, berichtet über eine Audienz beim König am 16. Oktober
1659: "Der
König von Spanien trug ein sehr einfaches Gewand und ähnelte stark
seinen Portraits. Er stand am Ende des Raums unter einem sehr reichen Baldachin.
Es war niemand in seiner
Nähe." [13]
Aber geben diese visuellen und literarischen
Zeugnisse den ganzen Menschen wieder oder nur sein für die
Öffentlichkeit bestimmtes Gesicht? Und wenn letzteres zutrifft, warum dann
legte der Dargestellte Wert auf eben diese bestimmten Eigenschaften und sein
Portraitist gleichermaßen? Handelt es sich um typisch spanische Merkmale?
Ist das Spanische der spanischen Habsburger Portraits eine fruchtbare
Arbeitshypothese?
Die Quellen bezeugen eindeutig,
daß diese Verhaltensweisen als einheitlich, charakteristisch und typisch
für den Spanier im Vergleich zu Engländern, Franzosen oder Italienern
gesehen wurden. Sie haben etwas mit nationaler Identität zu tun, sind dem
Individuum nicht angeboren, nicht Manifestationen des einzelnen natürlichen
Körpers oder seiner Psyche. Sie reflektieren bewußt oder
unbewußt, insgesamt oder zum Teil bestimmte gesellschaftliche
Konventionen. In dieser streng hierarchischen Gesellschaft, in der das Betragen
des Königs verbindliches Vorbild war, impliziert ein solches Verhalten den
Wunsch nach Identifikation mit dessen öffentlicher Person.
Übereinstimmung mit dem status quo drückt sich hierin ebenso
aus wie Ergebenheit gegenüber dem Monarchen. Gesellschaftliche Konvention
und politische Einstellung waren auf komplexe Weise miteinander
verflochten.
Will man die theoretischen
Überlegungen hinter diesen Phänomenen verstehen, sollte man sich
zunächst klarmachen, wie in der heutigen Zeit das Erscheinungsbild von
zeitgenössischen Monarchen wie Elisabeth II. und das der spanischen
Habsburger, wie sie sich in ihren Portraits zeigen, rezipiert wird. Königin
Elisabeth II. verkörpert für die Öffentlichkeit jene
Eigenschaften, die ihrer königlichen Majestät angemessen sind:
Würde, Zurückhaltung und Höflichkeit. Sie zeigt, kurz gesagt,
christliche Frömmigkeit, Klugheit, Mäßigung und, in ihrer
Eigenschaft als Truppenchefin verschiedener Regimenter, Tapferkeit. Sichtbar ist
hier die Königin als offizielle oder öffentliche Person.
Königliches Dekorum schließt die öffentliche Zurschaustellung
formlosen Verhaltens aus. Als Mrs. Elizabeth Windsor ist sie für die
Öffentlichkeit nicht vorstellbar, schon gar nicht in Lockenwicklern und
Pantoffeln. Dennoch kann jeder, vor allem dank der Medien, ein gedrucktes Photo
von ihr in Händen halten oder sie im Fernsehen in Nahaufnahme bei sich zu
Hause sehen. Eine solche Vertraulichkeit verwischt nicht nur die Grenzen
zwischen der öffentlichen und privaten Person des Monarchen, sie vermengt
die beiden auch: Die, wenn auch von frühester Jugend an vorhanden, aber
doch nur erworbenen fürstlichen Eigenschaften erscheinen
angeboren.
Die Wahrnehmung dieses fundamentalen
Unterschieds zwischen öffentlicher und privater Person der spanischen
Habsburger ist über die Distanz von Zeit und Raum für den Betrachter
des 20. Jahrhunderts natürlich getrübt. Die Funktion dieser Portraits
und ihr ursprünglicher Kontext sind nach ihrer Überführung aus
den königlichen Palästen in öffentliche Galerien kaum mehr zu
beurteilen. Wie die aus ihrem räumlichen und liturgischen Kontext
entfernten Altarbilder sind diese Portraits ihrer politischen Bedeutung und
ihres Zusammenhangs mit der Förmlichkeit höfischer Rituale
entblößt. An der Museumswand hängt Philipp IV. Schulter an
Schulter mit der Küchenmagd eines bodegón, von jedermann und
aus nächster Nähe zu inspizieren. Niemand betrachtet sein Bild mit
Ehrfurcht vor dem Prototyp. Die Identität des Malers interessiert mehr als
die des Modells. Der Realismus des Stils, nicht die reale Majestät des
Dargestellten fesselt den Betrachter. Aus diesen Gründen werden diese
Bilder häufig als Portraits, die dem natürlichen Körper des
Königs ähneln, wahrgenommen. Sehen ist glauben, aber sehen ist
abhängig von den geistigen Fähigkeiten des Betrachters. Man sollte
daher auf der Hut sein, die Bedeutung solcher Portraits nicht durch Vorurteile
des 20. Jahrhunderts zu verzerren.
Ohne Zweifel
sieht Philipp IV. zum Beispiel in den Portraits von Velázquez wahrhaft
würdevoll und tugendhaft aus. Da Bertauts Bericht überliefert, das
Aussehen des Königs bei einer Audienz im Jahr 1659 habe seinen Portraits
entsprochen, kann man annehmen, daß Velázquez den König
wirklichkeitsgetreu abbildete. Und doch hat Velázquez den König
nicht als private, sondern als öffentliche Person dargestellt, nämlich
so wie er in Audienzen auftrat, d.h. in voller Majestät. Im Kontext
öffentlicher Erscheinungen sei an Baldassare Castigliones Rat an den
Hofmann erinnert, jede Handlung sorgfältigst vorzubereiten, um sie dann
mühelos und ungeplant erscheinen zu lassen
(sprezzatura). [14] Solches Idealverhalten evozierte in der
Vorstellung den Prototyp des von Gott geschaffenen vollkommenen Hofmannes. Die
bewußte Unterscheidung zwischen privater und öffentlicher Erscheinung
bezeugen auch Pantoja de la
Cruz' flächige, stilisierte und ikonische Portraits der spanischen Habsburger
(Abb. 1) einerseits und das intime, psychologische Bildnis des Augustiners Fray
Hernando de Rojas (Madrid, Sammlung Marqués de Espeja) [15] (Abb.
4) andererseits. Dementsprechend verfolgen die formalen Portraits von Pantoja
wie von Velázquez das gleiche Ziel: die Manifestation abstrakter
Herrschaftsprinzipien in der Person des Monarchen. Ihre Mittel freilich sind
verschieden. Velázquez gibt Pantojas Spielkartenbildnisse von König
und Königin auf zugunsten eines vertieften Einblicks in das
Selbstverständnis des Königs von seiner Herrscherrolle. Er evoziert
die Gedanken hinter seiner Stirn. Der König ist Mensch geworden. Seine
Gedanken aber sind unausweichlich auf seine Rolle fixiert. Auf diese Weise kann
der Betrachter seine Bestrebungen würdigen und seine Entschlußkraft
bewundern. Es bleibt daher das Bild eines Königs in Amt und
Würden.
Welche ursprüngliche
Überlegung steht hinter diesen Portraits? Letztlich sind die spezifischen
gesellschaftlichen Konventionen, die durch sie zugleich reflektiert und
propagiert werden, wohl von der Herrschaftsideologie der spanischen Habsburger
abzuleiten, die sich in der Sorge um das religiöse und politische
Wohlergehen des Reichs gefestigt hatte. Zunächst muß daher der
historische Kontext untersucht werden, der in der Tat ohne Beispiel ist. Die
spanischen Habsburger beherrschten nicht einen einheitlichen Nationalstaat,
sondern eine dynastische Konföderation, die sich aus einzelnen, voneinander
unabhängigen Königreichen mit jeweils eigener Verwaltung, Gesetzgebung
und Steuer zusammensetzte. Sie umschloß nicht nur Sizilien und Sardinien,
das Königreich Neapel, das Herzogtum Mailand und die Niederlande, sondern
auch die Philippinen und ausgedehnte Gebiete in Nord- und Südamerika. Von
1580 bis 1640 kontrollierten sie auch Portugal und dessen überseeische
Besitzungen. Außerordentliche politische Macht, militärische
Stärke und wirtschaftliche Prosperität waren denn auch - eine Zeitlang
- selbstverständliche Begleiterscheinungen ihrer Herrschaft. Gleichzeitig
aber sahen sie sich mit ganz außerordentlichen Problemen konfrontiert.
Karl V. erkannte sehr deutlich die Schwierigkeiten einer Herrschaft über so
viele Königreiche. In einem Brief vom 4. Mai 1543 erinnert er seinen Sohn
Philipp, wie viele Herrschaften er zu regieren (señorear) habe,
wie verschieden die eine von der anderen sei, wie weit voneinander entfernt sie
seien und wie sehr voneinander getrennt durch sprachliche Barrieren. Und Philipp
als ihr Herrscher müsse alle, die darin lebten, verstehen und von ihnen
verstanden werden. [16] Das Problem wurde verschärft durch die
ungeheure Ausdehnung des Reiches. Logistik, Kommunikation, Verwaltung und
Verteidigung sicherzustellen, war nur durch strikte Kontrolle möglich.
Schon in Friedenszeiten war dies eine enorme Aufgabe. Nun aber war eine Zeit
religiöser Kämpfe und
Erneuerung.
Spanien unterschied sich auch in
seiner religiösen Struktur von allen übrigen katholischen Ländern
Europas. Aufgrund der historischen Umstände, vor allem der
Reconquista, d.h. der Rückeroberung Spaniens von den Mauren und
seiner Rechristianisierung, hatte sich eine symbiotische Verbindung zwischen den
Katholischen Königen und der katholischen Religion ergeben. Als die
Dynastie der Nasriden 1492 schließlich vor Ferdinand und Isabella
kapitulierte, wurde deren gemeinsame Regierung zum Zeugnis der Einigung der
Halbinsel unter christlicher Herrschaft und eines glühenden religiösen
Reformwillens auf institutioneller wie persönlicher
Ebene.
Verbunden mit dieser Reformbewegung waren
die Bestrebungen zum Schutz der katholischen Kirche vor Ungläubigen und
Häretikern. Die Bedrohung durch den Islam war durch die Vertreibung der
Mauren aus Spanien keineswegs aus der Welt. Zum Christentum konvertierte Mauren,
die sogenannten moriscos, wurden von vielen als potentiell subversive
Elemente angesehen. In diesen Vorstellungen bestärkt wurde man durch die
erste (1499-1500) und vor allem die zweite Revolte (1568-70) der
Alpujarras. [17] Zu der Gefahr im Inneren kam die Bedrohung durch das
Vordringen der Türken nach Westen und die Herrschaft der Mauren in
Nordafrika. 1571 erhielt die islamische Expansionspolitik zwar einen
Rückschlag, als die vereinten Flotten Spaniens, des Papstes und Venedigs
die Türken in der Schlacht bei Lepanto schlugen. Die islamischen
Mächte stellten allerdings trotz dieses unter der brillanten Führung
Don Juans
d'Austria
errungenen Sieges weiterhin eine ernsthafte Bedrohung dar. Tunis wurde 1574 von
den Türken zurückerobert, Fez 1576 in Besitz genommen. Gegen Ende des
Jahrzehnts jedoch war der Sultan durch Unruhen in Persien gebunden, und Philipp
II. mußte seine Streitkräfte im Atlantik für die
Auseinandersetzung mit seinen protestantischen Gegnern
konzentrieren. [18] Der Kriegsschauplatz hatte sich
verlagert.
Die moriscos in Spanien freilich
wurden noch immer mit Argwohn betrachtet, denn die Reinheit ihres christlichen
Glaubens war zweifelhaft. Wie leicht könnten sie einen erneuten Aufstand
nach dem Muster der beiden Revolten der Alpujarras anzetteln und sich mit den
Mauren in Nordafrika verbünden. Die Folge war die Anordnung Philipps III.,
alle moriscos aus Spanien zu vertreiben, die in den Jahren 1609 bis 1614
durchgeführt
wurde. [19]
Moriscos waren freilich
in Spanien nicht die einzige Konvertitengruppe, die mit Argwohn beobachtet
wurde. Die Reinheit des Glaubens derjenigen, die das Judentum abgelegt und sich
zum christlichen Glauben bekehrt hatten, der sogenannten conversos, war
der Kirche und den Katholischen Königen ebenfalls eine große Sorge.
Um den Glauben der conversos auf seine Echtheit zu prüfen,
führten Ferdinand und Isabella 1478 in Spanien die staatliche Inquisition
ein. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Inquisition wurde dieses Tribunal im
wesentlichen von den spanischen Monarchen kontrolliert und war nur mehr nominell
dem Papst unterstellt. Die Krone bestellte die Inquisitoren. [20] Deren
Aufgabe war nicht die Befragung der Juden selbst, die zu diesem Zeitpunkt noch
nicht vertrieben waren, sondern der durch die Taufe in die christliche Kirche
Aufgenommenen. [21] So lange aber Juden der Aufenthalt in Spanien
erlaubt war, war die Überprüfung des Glaubens von jüdischen
Konvertiten äußerst schwierig, so daß die Katholischen
Könige schließlich beschlossen, alle Juden aus ihren
Königreichen zu verbannen. Bezeichnenderweise geschah dies nur wenige
Monate nach dem Sieg über die Muslime und deren Vertreibung im Jahr
1492. [22] Die politische Wiedereroberung sollte als religiöse
Läuterung aufgefaßt werden.
Drastische
Maßnahmen dieser Art waren nicht die einzigen Mittel, die religiöse
Gesundheit der Monarquía Católica zu gewährleisten. Es
gab außerdem eine Flut von Statuten, die sogenannten estatutos de
limpieza de sangre, die gegen
"unreines"
Blut, also gegen moriscos und conversos gerichtet waren, und nicht
nur gegen die ehemaligen Muslime und Juden selbst, sondern auch gegen deren
Nachkommen. Diese Statuten wurden an diversen Kathedralen, in religiösen
und militärischen Orden und bestimmten bürgerlichen Einrichtungen
eingeführt. Das vielleicht bedeutsamste war das der Kathedrale von Toledo,
des Sitzes des Primas, das 1548 durch Juan Martínez Silíco, den
Erzbischof von Toledo und ehemaligen Erzieher Philipps II. eingeführt, von
Papst Paul IV. 1555 genehmigt und von Philipp II. am 6. August 1556
bestätigt wurde. [23] Damit verband sich die Absicht, Personen mit
"unreinem"
Blut, speziell conversos, fernzuhalten und die bereits im Amt
befindlichen kaltzustellen. Der Staatskörper sollte gereinigt
werden.
In soziologischer Hinsicht erzeugten die
Statuten eine spezifische Ausprägung gesellschaftlichen Ansehens, das sich
nicht allein auf die Reinheit des Glaubens, sondern auch auf die Reinheit des
Blutes gründete. Diese wurde im Verein mit legitimer Abstammung zur
Grundlage des Ehrencodex, der die Gesellschaft zutiefst
prägte.
Ihrem Wesen nach war diese
Gesellschaft ebenso streng orthodox wie elitär. Was unter dem Druck der
Notwendigkeit, den katholischen Glauben zu verteidigen und seine Reinheit zu
bewahren, zunächst nur als offizielle Meinung propagiert worden war, hatte
sie geformt. Es galt eine Verpflichtung gegenüber Gott zu erfüllen.
Radikale und extreme Maßnahmen wurden ergriffen, weil die Gesundheit des
Staatskörpers der Monarquía Católica in so
ernsthafter Weise bedroht war. Die Härte, mit der die Statuten durchgesetzt
wurden, erklärt sich nicht mit der islamischen Gefahr allein, sondern ist
im größeren Kontext der Bedrohung durch den Protestantismus zu sehen,
der als gefährliches Geschwür im Inneren der Kirche empfunden
wurde.
Die Forderung nach religiöser
Orthodoxie, im Umgang der Kirche mit moriscos, conversos und
bestimmten spirituellen Gruppierungen wie den Alumbrados (Erleuchtete) immer
schon von großer Bedeutung, wurde nun noch nachdrücklicher erhoben.
Folgerichtig legte man auf eben die Dogmen und Glaubensinhalte, die von den
Protestanten in Frage gestellt wurden, d.h. Rechtfertigung durch den Glauben und
gute Werke, die Siebenzahl der Sakramente, Opfer und Realpräsenz Christi in
der hl. Messe, Anrufung und Fürbitte der Hl. Jungfrau und der Heiligen, nun
ganz besonderen Wert. Das religiöse Leben war geprägt durch
leidenschaftliche Sehnsucht nach spiritueller Erneuerung des individuellen
Glaubens und fanatische Propagierung orthodoxer Glaubensinhalte.
Verhängnisvoll für die spanischen
Habsburger waren auch die politischen Konsequenzen der protestantischen
Reformation. Das, was nach ihrem eigenen Verständnis ihre eigentliche
raison d'être
ausmachte, die ihnen von Gott auferlegte Verpflichtung zu Erhaltung und Schutz
der katholischen Religion einzulösen, war grundsätzlich
gefährdet. Zudem bedrohte die protestantische Ablehnung der Priesterweihe
und -ordination die Kirche als hierarische Institution, so daß folglich
dem Monarchen auch die Möglichkeit, sich der autoritativen
Unterstützung dieser Institution zu bedienen, genommen wäre. Und nicht
nur diese: Auch der Vorstellung vom Monarchen, der von Gottes Gnaden mit
besonderer göttlicher Autorität ausgestattet ist, wäre der Boden
entzogen.
Die Reaktion der Habsburger war, die
eigene Rollenauffassung mit um so größerer Energie zu verteidigen und
zu propagieren. Sie übernahmen die Verantwortung für die katholische
Religion hauptsächlich wegen der Macht und Schlagkraft ihres Militärs,
ihres wirtschaftlichen Reichtums und vor allem wegen ihrer Verantwortung
gegenüber Gott. In Erfüllung einer Pflicht und in Übereinstimmung
mit der Tradition der Katholischen Könige oblag es ihnen
selbstverständlich, die Verteidigung der katholischen Kirche zu
übernehmen.
Ihre Aufgaben waren einzigartig
und gewaltig. Außerhalb der Iberischen Halbinsel sahen sie sich derart
mächtigen politischen Gegnern der katholischen Sache gegenüber,
daß die Konfrontation zwangsläufig große Feldzüge
nötig machte, die wiederum die Reserven an Truppen und Geld dezimierten.
Verschärft wurden diese Probleme durch die Ausgedehntheit und Lage ihrer
Territorien, die, immer stärker bedroht, schwierig zu verteidigen und noch
schwieriger zu versorgen waren. Die spanischen Habsburger aber blieben
entschlossen, ihrer Verpflichtung gegen Gott ehrenvoll und ruhmreich
nachzukommen, damit es, in den berühmten Worten des Dichters Hernando de
Acuña,
"einen Monarchen, ein Reich und ein
Schwert"
gebe. [24]
Diese religiösen und
politischen Bedrängnisse unterschieden sich grundsätzlich von den
Problemen anderer europäischer Monarchen. Es wäre jedoch falsch zu
glauben, daß die Herrschaft der spanischen Habsburger durch diese
Erfordernisse determiniert gewesen sei. Die jeweilige Entscheidung des einzelnen
spanischen habsburgischen Monarchen war durchaus
frei.
Ihre Begriffe vom Königtum
gründeten wie die anderer christlicher Monarchen - Heinrichs IV. von
Frankreich etwa und Jakobs I. von England - fest auf der Heiligen Schrift.
Grundsätzlich waren sie alle der festen Überzeugung, Gott habe die
Welt geschaffen und sie darin zum Herrscher bestellt. Alle Macht ging wie Gnade
letztlich von Gott aus:
"Jedermann
unterwerfe sich den vorgesetzten Obrigkeiten; denn es gibt keine Obrigkeit
außer von Gott, und die bestehenden sind von Gott
angeordnet."
(Röm 13,1). [25] Siege waren gleichfalls stets Gottes Siege:
"Nein, auf
meinen Bogen vertraue ich nicht, und mein Schwert bringt mir nicht den Sieg! /
Nur du verleihst uns den Sieg über unsere Gegner; du machst unsere Hasser
zuschanden."
(Ps 44, 7-8). Als Christen glaubten diese spanischen Monarchen, daß sie
ihre Königreiche
"von Gottes
Gnaden"
regierten. Dementsprechend belehrte Karl V. seinen Sohn Philipp,
"als
hauptsächliche und feste Grundlage deiner Regierung mußt du Gottes
Großmut anerkennen und deine Taten und Wünsche seinem Willen
unterordnen." [26]
In den Worten des gefeierten Politiktheoretikers, des Dominikaners Francisco de
Vitoria:
"Die Macht
der Könige leitet sich sowohl aus dem göttlichen als auch aus dem
Naturrecht ab, nicht aber von dem Gemeinwesen selbst noch direkt von den
Menschen." [27]
Vitoria und andere spanische Politiktheoretiker
vertraten auch die Meinung, die Macht Gottes sei ursprünglich auf das Volk
und von diesem in der Folge auf den König übertragen
worden. [28] Dieselben Vorstellungen findet sich in den Instruktionen
Philipps II. für den Vizekönig von Neapel von 1558:
"Das Volk
wurde nicht um des Fürsten willen erschaffen, sondern der Fürst durch
das Volk
eingesetzt." [29]
Die Ausgangsposition war dadurch keineswegs erschüttert. Dem sakramentalen
Gnadenhaushalt vergleichbar, kam die Macht des Königs nicht vom Volk,
sondern von Gott.
In diesem Zusammenhang waren
Fragen der Legitimität und dynastischen Kontinuität von existentieller
Bedeutung. Erstere zeigte dem Volk, daß die Casa d'Austria das angemessene
Gefäß für den Empfang der göttlichen Gnade war. Diese Macht
zu usurpieren wäre nicht nur politisch und moralisch verwerflich, sondern
auch eine Sünde gegen Gott gewesen. Die Bedeutung der Nachfolge wird in
Tizians Allegorie der Schlacht von Lepanto (Abb. 5) deutlich. Philipp II. bietet
Gott seinen Sohn, den Infanten Ferdinand, dar als Zeugen der kontinuierlichen
Verpflichtung der spanischen Habsburger, die ihnen verliehene Macht zur
Verteidigung der katholischen Kirche einzusetzen. Der Auftrag zu dem
Gemälde könnte in Zusammenhang mit der Vereidigung der Cortes
auf den Thronerben im Mai 1573 stehen. [30] In diesem Kontext ist es
bemerkenswert, daß die Essenz des Mottos in dem "Juramento" für
Baltasar Carlos wiederholt wurde. Er wurde nicht nur als Erbe, der dem Ruhm
seines Vaters nacheifere, angekündigt, sondern auch als der Eroberer neuer
Königreiche. [31]
Diese Macht
auszuüben war allein die Verantwortung der spanischen Habsburger. Auf dem
Reichstag zu Worms 1521 erklärte Karl V.:
"Es ist
nicht mein Wunsch und Wille, daß es viele Herren gebe, sondern einen
einzigen Herrn, wie es Tradition ist im Heiligen Römischen
Reich." [32]
Und Philipp II. erinnerte 1588 den Rat für Italien in gleicher
Absicht:"[...]
da Gott mich mit so vielen [Königreichen] betraut hat, da sie alle in
meiner Obhut stehen [...]" [33]
Alle
diese Monarchen hörten zwar mehr oder weniger auf die Ratschläge ihres
Kronrats und ihrer Ratgeber, doch trugen letztlich sie allein vor Gott die
Verantwortung für die Verteidigung und das Wohlergehen ihrer
Königreiche. Daher resultiert ihre Entschlossenheit, Widerstand gegen ihre
Bemühungen nicht zu dulden, denn das wäre, wie der hl. Paulus die
Römer belehrt hatte, Sünde:
"Wer sich
daher der Obrigkeit widersetzt, der widersetzt sich der Anordnung Gottes, und
die sich widersetzen, werden sich selber das Gericht
zuziehen."
(Röm 13,2). Freilich bedachten sie auch Gottes Macht, sie, wenn sie Unrecht
täten, wie die Könige in der Prophezeiung des Ezechiel zu
zerstören. Sie standen zwar über dem Gesetz, waren aber doch daran
gebunden. [34] Gegen den, der gegen das Gesetz verstößt und
zum Despoten wird, wäre Widerstand legitim. [35] Eben weil er von
Gott eingesetzt war, hatte der König für das Allgemeinwohl zu
wirken.
Staatstheoretiker dieser Zeit verbreiteten
sich über die dieser Rolle immanenten politischen Begriffe und nutzten das
traditionelle Bild vom Staatskörper als Sprachfigur für die
Königreiche unter der Herrschaft spanischer Habsburger. Der König war
das Haupt des Staatskörpers und als pater patriae verantwortlich
für dessen Glieder, etwa des kirchlichen oder militärischen
Arms. [36]
Traditionellen Denkfiguren
zufolge verfügte der König über zwei Körper - den
natürlichen Körper und den politischen Körper. [37] Der
natürliche Körper war an die Person gebunden und Krankheit und Verfall
unterworfen, der politische hingegen war fortdauernd und Träger der
souveränen Herrschaft über den Staatskörper. Der König
selbst war sterblich, in seinem Amt und seiner Würde aber ohne jede
Schwäche und unsterblich. [38] Auf eine knappe Formel gebracht ist
die Vorstellung in der Akklamation:
"Der
König ist tot! Lang lebe der
König!" [39]
Da diese Könige von Gott in die
Verantwortung für ihre Reiche eingesetzt waren, lag es für sie nahe,
sich in der Nachfolge Christi als Haupt des corpus mysticum zu sehen.
Thomas von Aquin bezeichnet die Könige, indem er den hl. Paulus und das
Buch der Weisheit zitiert, als Diener Gottes. [40] Die Vorstellung
findet sich wieder bei dem Jesuiten Francisco Suárez:
"Sobald die
Macht auf den König übertragen ist, wird er sogleich zum
Stellvertreter Gottes
[vicarius]". [41]
Die politische Herrschaft des wahren christlichen Königs war daher
notwendig mit moralischer Verantwortung verknüpft. Thomas von Aquin,
für den Politik ein Teil der Ethik war, führt diese Vorstellung weiter
aus: "[...]
das Ziel der menschlichen Gesellschaft ist ein tugendhaftes Leben [...]. Nun ist
der Mensch, der tugendhaft lebt, zu einem höheren Zweck bestimmt [...]. Das
höchste Ziel gesellschaftlichen Lebens wird also sein, nicht nur in Tugend
zu leben, sondern vielmehr durch ein tugendhaftes Leben zur Anschauung Gottes zu
gelangen [...] Aber die Gottesschau ist ein Ziel, das nicht durch menschliche
Tugend allein erlangt werden kann, sondern nur durch göttliche Gnade [...]
es ist die Pflicht des Königs, das Wohl des Gemeinwesens so zu
fördern, daß es passend in die Seligkeit des Himmels
führt." [42]
Tugend ist dementsprechend nicht wie bei
Aristoteles (Politik Buch VII, Kap.15) als Zweck an sich, sondern als Mittel zum
Zweck zu verstehen; dies aber nicht allein um der Vortrefflichkeit der Stadt
oder des Staates willen, wie Platon erklärt (Politeia, Buch IV), sondern um
Einlaß in die Gottesstadt zu erlangen. Mangel an tugendhaftem Verhalten
war deshalb Sünde. Der politische Körper der spanischen Habsburger und
dessen Darstellungen mußten daher diejenigen Tugenden zeigen, die zum
Wesen christlicher Herrschaft gehören: die göttlichen Tugenden Glaube,
Hoffnung und Liebe sowie die vier Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Tapferkeit,
Klugheit und Mäßigung. Denn der Monarch müsse, wie schon der
Aquinate dargelegt hatte, ein Muster an Tugend sein [43], oder in den
Worten eines zeitgenössischen Theoretikers, des Dominikaners Domingo de
Soto, dem Prinzen sei größere Tugend vonnöten als dem
Bürger, denn
"wie sonst
soll er, wenn er selbst nicht maßvoll und gerecht und stark ist, solche
Tugenden von anderen
verlangen?" [44]
Tatsächlich unterschieden sich diese
religiös-politischen Begriffe vom Königtum nicht wesentlich von denen
anderer christlicher Monarchen. Jakob I. erklärte in "True Law of Free
Monarchies" (1598) und in seiner Rede vor dem Parlament im März 1610,
daß seine Autorität von Gott komme und daher absolut sei. Er stehe
über dem Gesetz, an das er aber zugleich auch gebunden sei, so daß er
abgesetzt werden könne, wenn er die von Gott verliehene Authorität
mißbrauchte. Auch er sah sich als das Haupt des Staatskörpers und
herrschte in dieser Eigenschaft väterlich über seine
Königreiche. [45] Seiner Herrschaft wurde ein prachtvolles Denkmal
gesetzt, als sein Sohn Karl I. Rubens beauftragte, die Decke der Banqueting Hall
in Whitehall mit Gemälden auszustatten. Personifikationen von Tugenden
spielen dort eine große Rolle.
Wenn aber die
religiös-politischen Theorien des Königtums allen gemeinsam waren,
warum war dann der politische Körper der spanischen Habsburger so
besonders? Die Erklärung mag in den einzigartigen historischen
Umständen und dem entschlossenen Eifer der Katholischen Majestäten
liegen, den Katholizismus zu verteidigen und zu fördern und damit auch die
Katholische Monarchie, d.h. ihre eigenen Königreiche. In dieser
Überzeugung wurden sie von der Wiege an erzogen und ausgebildet. Bereits in
der Jugend wurden sie zu Fragen des Regierens und ihrer Person instruiert.
Nichts wurde dem Zufall überlassen. Kein Wunder, daß die Jugendlichen
in den Portraits den Erwachsenen ähneln! Die Unterrichtung erfolgte in
verschiedenen Formen. Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden, zweifellos
als Reaktion auf die ständig wachsenden politischen und religiösen
Probleme, vermehrt politische Traktate in Form der sogenannten
"Fürstenspiegel". [46]
Karl V. selbst schrieb zweimal Belehrungen für seinen Sohn Philipp nieder,
die erste in Form zweier Briefe, von denen einer geheim war (1543), die zweite
war sein politisches Testament (1548). Der junge Prinz wird angehalten, fromm zu
sein, ein Muster an Tugend und pragmatisch. [47] Seinerseits erteilte
Philipp, nachdem er bereits König war, seinem Halbbruder Don Juan
d'Austria
geheime und detaillierte Instruktionen nach dessen Ernennung zum
Oberbefehlshaber der Armada, die von der gegen die Türken gebildeten
Heiligen Liga aufgestellt worden war. [48] Der vertrauliche Charakter
des Briefes läßt den Schluß zu, daß der Brief Philipps
persönliche Empfindungen wiedergibt. Hier geht es nicht um
militärische Strategien, sondern um moralisches Verhalten, von dem der
Erfolg der ersteren letztlich abhängt, da nur durch Frömmigkeit Gottes
Gnade zu erlangen ist. Don Juan soll daher zuerst und vor allem ein guter Christ
sein, und zwar nicht nur innerlich, sondern auch in seiner Erscheinung und
seinem Verhalten, denn ein Mann in seiner herausgehobenen Stellung muß ein
Vorbild für die anderen sein. Er soll daher beten, die Messe hören und
zur Beichte gehen. Sein Verhalten möge, so ermahnt ihn Philipp, ein
Beispiel der Kardinaltugenden - Klugheit, Gerechtigkeit (und Milde), Tapferkeit
und Mäßigkeit - sein. Vor allem zu letzterer gibt es
ausführliche Erläuterungen: Don Juan soll Schmeichler meiden, den
Versuchungen des Fleisches widerstehen, nicht übermäßig essen,
Karten- und Würfelspiel (ein häufiges Thema in Darstellungen des
Lebens der unteren Stände) unterlassen, nicht und vor allem nicht
blasphemisch fluchen, er soll sein Temperament zügeln, allzu große
Vertraulichkeit vermeiden, da sie die Autorität untergräbt, und auf
teure und auffällige Gewänder verzichten. Philipp warnt ihn auch vor
übereilten Reden und Versprechungen; da eine wesentliche Voraussetzung
für den guten Anführer die Bestimmtheit seiner Befehle ist und diese
zudem so gravierende Folgen haben können, ist die vorherige Überlegung
von allergrößter Bedeutung. Ungestüm ist unklug. Selbst in der
Schlacht sähe Philipp ihn lieber als klugen Verlierer denn siegreich durch
Tollkühnheit und blinde Wut. Don Juan sei ein Muster an Selbstbeherrschung,
templanza y moderación. Ungehorsam habe er an erster Stelle vor
Gott, danach vor Philipp zu verantworten.
Die
Konsequenzen für die Erscheinung Don Juans in seinem politischen
Körper liegen auf der Hand. Man darf ihn nur in angemessener Gesellschaft
sehen, niemals mit Leuten niedrigen Standes oder von ausschweifender Lebensart.
Nicht beleibt, sondern von schlanker Gestalt, die Kleidung einfach und ohne
Prunk, muß er ruhig und besonnen erscheinen, niemals außer Fassung
oder heftig, sondern gelassen und distanziert, jede Vertraulichkeit vermeidend,
um seine Autorität nicht zu gefährden. Er muß die Tugend der
Mäßigung verkörpern im wahrsten Sinne des Wortes, nicht um
seiner selbst willen, sondern um seine vornehmste Verpflichtung gegenüber
Gott zu erfüllen. Die vielfältigen Entsprechungen zwischen Philipps
Anweisungen zum Dekorum und der Erscheinung der spanischen Habsburger in ihren
Portraits sind offenkundig.
Philipps
Verständnis von Herrschaft einschließlich seiner väterlichen
Ermahnung an Don Juan weisen manche Ähnlichkeiten mit den Auffassungen des
berühmten Augustiners Alonso de Orozco (1500-1591) auf, die in seinen
Kommentaren zur Regel des hl. Augustinus niedergelegt sind. Insbesondere seine
Ausführungen zur Zurückhaltung in der Kleidung und im Betragen und vor
allem zum Gehorsam gegenüber den Ordensoberen sind verblüffend
ähnlich. [49] Darüber hinaus scheinen Philipps Richtlinien
eine Kenntnis thomistischer Moralprinzipien zu reflektieren. Das ist nicht
überraschend, denn seine moralische Unterweisung lag in der Hand des
königlichen Beichtvaters, der immer dem Dominikanerorden, der orthodoxen
Bastion gegen Häresie, angehörte. [50] Seine Wahl war nicht
gebunden an Konventionen, sondern allein dem persönlichen Gewissen
überlassen. Seine Aufgabe war, die Gesundheit des Staatskörpers zu
garantieren. Philipp erinnert daher Don Juan, er möge sich in allem seinem
Beichtvater unterordnen [51], und in seinen letzten väterlichen
Ermahnungen, die er seinem eigenen Beichtvater Diego de Yepes diktierte,
ermahnte er seinen Sohn Philipp: "Bekenne deine Sünden oft, und suche einen
weisen Beichtvater, der dich darin unterweist, welche Wege zu meiden und welche
einzuschlagen
sind." [52]
Der große Einfluß, den Ordens- und
Weltgeistliche auf die moralischen Normvorstellungen des 16. und 17.
Jahrhunderts im katholischen Teil Europas hatten, ist durch Untersuchungen der
jüngsten Zeit deutlich geworden. [53] Voraussetzung dafür ist
ihre positive Rezeption. Wenn daher dieser
"Zivilisationsprozeß"
letztlich zwar nicht seinen Ursprung an den Höfen hat [54], so
waren diese doch dafür besonders empfänglich und sorgten ihrerseits
für die weitere Verbreitung. Das christlich neuplatonische ethos des
vierten Buchs von Castigliones "Buch vom Hofmann" gibt davon Zeugnis. Es gab,
wie von der Forschung erkannt, zwischen Religion und Politik dieser Monarchen
eine einzigartige symbiotische Wechselbeziehung. Man sah sie als Diener oder
Statthalter Gottes, redete sie mit
"Ihre
Katholischen
Majestäten"
an und hielt sie verantwortlich für die
"Katholische
Monarchie".
Es blieb nicht allein bei dem ständigen Einfluß ihrer
Beichtväter; bezeichnenderweise befragte Philipp II. seine Theologen
über die Rechtmäßigkeit seiner Religionspolitik in den
Niederlanden [55], und Philipp III. etwa berief eigens eine aus
Theologen und Juristen zusammengesetzte Kommission ein, um die Verträge
für die geplante Heirat der Infantin Maria mit dem englischen Kronprinzen
Karl zu verhandeln. [56] Da also die politische Herrschaft der
spanischen Habsburger durch ihren katholischen Glauben geprägt wurde und
nicht umgekehrt, mußten die theologischen und die Kardinaltugenden
für diese Herrscher überragende Bedeutung haben. Es war daher, wie
Philipp II. Don Juan erinnerte, zwingend, daß sich diese Tugenden in
seinem Verhalten deutlich zeigten.
Daraus folgt,
daß ein offizielles Staatsportrait des Monarchen ihm nicht nur
ähneln, sondern ihn auch als Verkörperung dieser der jeweiligen
Gelegenheit angemessenen Tugenden zeigen muß. Da Identität und
Dekorum von so grundlegender Bedeutung waren, war die Zuverlässigkeit der
Darstellung eine unumgängliche Bedingung. Daher waren königliche
Portraits wie sakrale Bilder der Zensur unterworfen. 1633 wurden
Velázquez und Vicente Carducho angewiesen, zeitgenössische Portraits
Philipps IV. und anderer Mitglieder der königlichen Familie zu
überprüfen: Zwölf von insgesamt 84 Portraits entsprachen den
Anforderungen in Ähnlichkeit, Dekorum und künstlerischer
Qualität; bei allen übrigen mußten die Köpfe
überarbeitet werden. Ein Portrait war insgesamt zu verbessern, und in einem
anderen wurde die grüne Farbe der königlichen Reithosen und
Strümpfe gerügt mit der Begründung, sie sei nicht
dezent. [57] Später, 1679, wurden auch Juan Carreño und
Francisco Ricci beauftragt, Portraits des Königshauses zu inspizieren,
damit keines fehlerhaft sei. [58]
Der
Zwang zur Konformität sollte für das Portrait des Königs ein
festes Muster etablieren und mit dessen Hilfe die Wahrnehmung des Betrachters
konditionieren. Dekorum ist deshalb ein signifikantes Kriterium, weil es
impliziert, daß der König als Träger eben jener Eigenschaften
gezeigt wird, die man als wesentlich für die Herrschaft der spanischen
Habsburger erachtete. Er sollte in seinem politischen Körper dargestellt
sein. Die Portraits fordern daher, im Einklang mit den Funktionen sakraler
Kunst, Respekt nicht für sich selbst - dies ist keine reine Kunst um der
Kunst willen -, sondern für den in ihnen repräsentierten Prototyp. Sie
dienen der geistigen Einstimmung des Betrachter auf den König in der von
Gott gegebenen Dignität seines Amtes und auf die von ihm in dieser Stellung
verkörperten Tugenden. Aus diesem Grund waren die Portraits spanischer
Habsburger wirkmächtige Bilder, was in den folgenden Beispielen deutlich
wird.
Ein Stich des Pedro Perret von 1622 zeigt
den Infanten Don Carlos (Abb. 6), der bewundernd und voller Ehrfurcht - er hat
den Hut gezogen - zu einem Portrait Karls V. in Rüstung und mit dem
Feldherrnstab in der Hand hochblickt. [59] Die Aussage wird verdeutlicht
durch die Inschrift auf dem Rahmen des innerbildlichen Portraits "Virtutem ex
me" [60], die Don Carlos auffordert, es dem bedeutenden Großvater,
dessen Namen er trägt, an Tapferkeit gleich zu tun. Im Bild des Infanten -
gerüstet, standhaft in der Haltung und entschlossen im Ausdruck - wird
klar, daß er seiner Verpflichtung nachkommen
wird.
Diesem didaktischen Einsatz eines Portraits
begegnet man ebenfalls, wenn auch nicht mit derselben exemplarischen
Deutlichkeit, in einem Stich von Juan de Courbes: Don García Hurtado de
Mendoza, Vizekönig von Peru (Abb. 7) [61], weist, während er
zu den ehrerbietig vor ihm knienden peruanischen Indianern spricht, auf ein
Portrait Philipps II. unter einem Baldachin. Die kompositorische Formel der
Unterweisung von Besiegten, die die höhere Souveränität des durch
sein Portrait stellvertretend repräsentierten Monarchen anerkennen, kehrt
wieder in Juan Bautista Mainos "Rückeroberung von Bahía" (Museo del
Prado, Madrid, Abb. Luna Nr. ##). Auf dem Bild, ursprünglich für den
Salón de los Reinos im Schloß Buen Retiro gemalt, knien die
besiegten Holländer vor dem spanischen Befehlshaber Don Fadrique de Toledo,
der sie auf einen Wandteppich mit dem Bild Philipps IV. unter einem Baldachin
hinweist. Philipp IV. wird von Minerva, der Göttin des gerechten Krieges,
die Philipp die Siegespalme reicht, und Olivares,der das gezogene Schwert der
Gerechtigkeit in Händen hält, gekrönt. Am Boden liegen
Personifikationen der Häresie, des Streits (oder Neids) und des Betrugs.
Die Inschrift SED DEXTERA SUA auf der den Baldachin bekrönenden Kartusche
erklärt, daß die göttliche Vorsehung, da Philipps Sache gerecht
war, ihr zum Erfolg verhalf. Es ist der Psalmist, der ausruft, daß der
Sieg nicht von Menschenhand, sondern durch den Willen Gottes errungen wird:
"[...] nicht ihr eigener Arm half ihnen zum Sieg, vielmehr deine Rechte, dein Arm und
dein leuchtendes Antlitz, weil du sie geliebt
hast." (Ps 44,4) [62]
Respekt vor dem Prototyp zu
zeigen, d.h. vor dem Monarchen in seinem souveränen Körper, indem man
sein Bildnis ehrt, war keine reine Fiktion, sondern ein Merkmal jedes
Staatsportraits. [63] Besonders deutlich wird dies in
Velázquez' Gemälden "Philipp IV. zu Pferd" und "Philipp IV. in Fraga" (Frick
Collection, New York). Über das erste, nicht erhaltene Gemälde schrieb
Pacheco: "Später,
als Velázquez das Portrait Seiner Majestät zu Pferde vollendet hatte
- alles nach dem Leben gemalt, selbst die Landschaft -, war der König so
zufrieden, daß er die Erlaubnis gab, es in der Calle Mayor,
außerhalb der Kirche San Felipe auszustellen, wo es die Bewunderung aller
am Hofe fand und den Neid der Künstler erweckte, was ich bezeugen
kann." [64]
Von Bedeutung ist, daß das Portrait öffentlich ausgestellt wurde, und
zwar vor dem Augustinerkonvent, der dem Namenspatron des Königs, San
Felipe, geweiht war; seine Verbundenheit mit den Augustinern - als Kind wurde er
in ihrem Habit dargestellt [65] - rührt wahrscheinlich von seiner
Mutter her, die diesen Orden sehr förderte. [66] Die Symbiose von
Religion und Politik in der Herrschaft der spanischen Habsburger jedenfalls
wurde hiermit öffentlich gezeigt. Es ist symptomatisch, daß man vor
allem die erstaunliche Ähnlichkeit des Portraits mit des Königs
politischer Person wahrnahm, d.h., es lenkte den Geist des Betrachters auf seine
souveräne Machtvollkommenheit und seine Verkörperung der Tapferkeit.
Das bezeugen auch die folgenen Verse aus dem rühmenden Sonett von Juan
Vélez de Guevara:
"O Pinsel, du hast
Kühnheit und Stärke mit einer so schön vorgetäuschten
Fülle wiedergegeben, [...]
Sag, schaffst du
ein Bildnis oder bringst du es zum Leben?
[...]
Das Portrait offenbart so herrlich die
königliche Authorität, die Sein Erbe ist, daß sie sogar dem Auge
befiehlt
Und da du ein Bildnis der Macht
geschaffen hast, hast du nachgeahmt, was am schwierigsten ist, Gehorsam zu
leisten ist nämlich leichter." [67]
Kurze Zeit später, 1626, wurde das Portrait
im Salón Nuevo des Alcázar in Madrid ausgestellt. [68] Es
hing an hervorgehobener Stelle gegenüber Tizians großartigem Bildnis
Karls V. [69] Da Philipp in Rüstung gezeigt ist [70],
verkörpert auch er fortitudo, die Beständigkeit. Die
Hängung der Portraits zeigte nicht nur, daß Philipp wie sein Bruder
Don Carlos (Abb. 6) danach strebte, es seinem berühmten Großvater an
Heldenmut gleichzutun, sondern auch, daß die erhabene Casa de
Austria immer zur Verteidigung des katholischen Glaubens und ihres
Königtums bereit sei. 1636 wurde das Velázquez-Portrait durch ein
Bildnis des Königs in Rüstung zu Pferde von Rubens ersetzt, das dieser
1628 schuf (Das Gemälde ist verloren und nur durch eine Kopie in den
Uffizien bekannt). [71] In der Größe war es mit Tizians
Bildnis Karls V. identisch. [72] Der Ausdruck ist derselbe wie in dem
Velázquez-Portrait, aber möglicherweise deutlicher - Philipp wird
von den Personifikationen von Glauben und Gerechtigkeit begleitet - und mit
größerer Bravour vorgetragen.
Jahre
später, 1644, malte Velázquez aus Anlaß des spanischen Sieges
über die Franzosen bei Lérida das Portrait des Königs in Fraga
(Abb. 8), das der Königin nach Madrid geschickt wurde, wo es auf Bitten der
katalanischen Gemeinde in der Kirche San Martín ausgestellt
wurde. [73] Als Zeichen des Respekts vor dem König und
Souverän war es von einem Baldachin überfangen; der König wurde
in seinem Portrait als natürliche Verkörperung von Majestät
wahrgenommen. Palomino zufolge hatte es
"ein so schönes Aussehen, solche Grazie und Majestät, daß es wie ein
zweiter lebender Philipp aussah". [74]
Seine Äußerung erinnert an die Reaktion Pachecos und Vélez de
Guevaras auf das Reiterportrait, aber auch an Bertauts Beobachtung, die
Erscheinung des Königs bei der Audienz habe seinen Portraits ähnlich
gesehen. [75]
Die referierten Zeugnisse
machen deutlich, daß die Könige, um ihre Pflicht gegen Gott
erfüllen zu können und das Wohl ihrer Reiche zu sichern, über die
zu herrschen sie und sie allein von Gott eingesetzt waren, in ihrem moralischen
Verhalten ständig und umfassend geschult wurden. Aufgrund der
überwältigenden Größe ihrer Aufgabe und ihrer
Entschlossenheit und Eifers wurde die Gestaltung ihres politischen Körpers
zu einem exemplum virtutis forciert. Dieses Dekorum war von so eminenter
Bedeutung, daß es in ihren Portraits präzis und unverkennbar manifest
zu sein hatte. Symptomatisch dafür waren die Beispiele von Zensur. Die
Funktion ihrer Portraits war, sie in ihrem politischen Körper darzustellen
und dadurch die Rezeption auf Prototypen ihres Amtes und ihrer Würde zu
lenken. Die spanischen Habsburger schienen daher das Ideal eines christlichen
Königtums, das auf den theologischen und den Kardinaltugenden gründet,
auf natürliche, rigorose und hingebungsvolle Weise zu
verkörpern.