DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
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MICHIEL P. VAN MAARSEVEEN Die Darstellung des Achtzigjährigen Krieges in der Malerei der nördlichen Niederlande des 17. Jahrhunderts: Belagerungsdarstellungen |
I. Einleitung
Die aufsehenerregenden Siege, die der
Statthalter Friedrich Heinrich, Befehlshaber der republikanischen Truppen, im
zweiten Viertel des 17. Jahrhundert erlangte, boten Künstlern ausreichend
Stoff, um sie in Öl zu verewigen. Seine wichtigsten Erfolge wie die
Belagerung von 's-
(1629), die Eroberung von Maastricht (1632), die Einnahme von Breda (1637) und
die Belagerung von Hulst (1645) sind mehrmals auf unterschiedliche Weise gemalt
worden. In diesem Artikel soll eine Übersicht über die Künstler
dieser Darstellungen gegeben werden. Die Betonung liegt dabei auf der Art der
Visualisierung, der Themenwahl und den eventuellen Auftraggebern.
Bevor man sich den Darstellungen der
Kriegshandlungen nach dem Zwölfjährigen Waffenstillstand (1609-1621)
zuwendet, ist es notwendig, einen kurzen Blick auf die Gemälde aus der
ersten Phase des Achtzigjährigen Krieges zu werfen.
II. Die Gemälde aus der ersten Phase des
Achtzigjährigen Krieges
Die siebziger Jahre
des 16. Jahrhunderts waren eine kritische Phase des Aufstands gegen die
spanische Gewalt. Städte wie Mechelen, Zutphen und Naarden wurden
geplündert. Haarlem wurde nach monatelanger Belagerung zur Übergabe
gezwungen, Alkmaar und Leiden konnten mit knapper Not der spanischen Macht
widerstehen. Am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, also etwa
zwanzig bis dreißig Jahre später, entstand das Bedürfnis, die
überstandenen Gefahren für die Nachkommen festzuhalten. Die
Darstellungen dieser Ereignisse können auch als Reflektion über die
Vergangenheit betrachtet werden und als ein Versuch, diese einschneidenden
Vorfälle für spätere Generationen im Bild zu überliefern.
Höchstwahrscheinlich wurden viele dieser Werke von einer Stadtverwaltung
oder städtischen Institution in Auftrag gegeben. [1] Bei drei
Tafeln, die die Belagerung von Alkmaar darstellen, war dies zweifellos so, denn
es handelt sich um Bestellungen von zwei Schützen der Stadt. [2]
Ebenfalls sind die Gemälde mit den verschiedenen Belagerungen von Venlo,
die Frans Everts (tätig im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts) um 1613
für das Rathaus malte, als Auftragswerke angefertigt worden. [3]
Auch wenn archivalische Quellen fehlen, spricht der ausgesprochen
dokumentarische Charakter dieser frühen Gemälde für eine
Bestimmung im öffentlichen Raum.
Nach der
ersten, defensiven Phase des niederländischen Aufstandes, bei dem die
Initiative in spanischer Hand lag, begann mit der Statthalterschaft von Moritz
eine Zeit, in der die nördlichen Niederlande viele Städte von den
spanischen Truppen zurückerobern konnten. Es ist bemerkenswert, daß,
abgesehen von der Schlacht bei Nieuwpoort, von keinem der Siege
Moritz' ein
Gemälde überliefert ist. In der Graphik und der Münzkunst sind
die Eroberungen des Prinzen festgehalten, aber kein Maler widmete sich dem
Thema. Für diese Tatsache gibt es keine befriedigende Erklärung.
Zur selben Zeit stellten
südniederländische Maler die wenigen spanischen Eroberungen bereits
dar. Im Escorial bei Madrid hängen in der Galería de Paseo
Gemälde anonymer südniederländischer Künstler vom Anfang des
17. Jahrhunderts, auf denen die militärischen Triumphe von Philipp II. in
den Niederlanden abgebildet sind. Über die Entstehung der Werke ist wenig
bekannt, sie verdeutlichen aber, daß um 1600 in den südlichen
Niederlanden bereits gemalte Darstellungen von zeitgenössischen
militärischen Auseinandersetzungen angefertigt wurden.
III. Die dreißiger
Jahre
Erst im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts
wurden in großem Maße die Erfolge der nördlichen Niederlande im
Bild thematisiert. Als erste Belagerung von republikanischer Seite nach Ende des
Zwölfjährigen Waffenstillstands malte 1630 der Maler und Ingenieur
Daniel Cletcher (?-1632) aus Den Haag die Belagerung von Grol im Jahre
1627. [4] Ein Pendant zeigt die Belagerung von
's-
im Jahre 1629 (Abb. 1). Mit diesen beiden Werken, den einzigen
Belagerungendarstellungen Cletchers, entfernt er sich von früheren
Verbildlichungen dieses Themas. Während um 1600 Schlachtenmaler der
nördlichen, aber auch der südlichen Niederlande die belagerte Stadt
immer ins Zentrum stellten, verliert bei Cletcher die Lage der Stadt in der
Landschaft an Bedeutung. Die nordniederländischen Maler wählten bei
der Darstellung von Belagerungen einen tieferen Horizont, der im Laufe des
Jahrhunderts immer weiter sank. Damit konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf
die Personen im Vordergrund und die Ereignisse im Mittelgrund, wo bei Cletcher
der Aufmarsch zur Festung zu sehen ist. In den südlichen Niederlanden, wo
Pieter Snayers (1592-1667) viele Belagerungen malte, blieb der Horizont hoch.
Auch im Werk von Pauwels van Hillegaert
(1595/96-1640) ist eine Absenkung des Horizontes zu erkennen, wie das 1631
entstandene Bild "Prinz
Friedrich Heinrich bei der Belagerung von
's- im Jahre 1629" (Abb.
2) zeigt. Die Figuren sind auf einem fiktiven Hügel plaziert, wodurch der
Maler die Möglichkeit erhält, auch die dahinterliegende Landschaft mit
den Befestigungsanlagen, die Friedrich Heinrich hatte anlegen lassen,
wiederzugeben. Van Hillegaert scheint vom Werk Sebastiaen
Vrancx'
(1573-1647) beeinflußt, der in den wenigen von ihm bekannten
Belagerungsdarstellungen immer das Lager der Belagerer ins Zentrum stellte.
Pauwels van Hillegaert war der wichtigste Maler
von Kriegshandlungen des Achtzigjährigen Krieges. Häufig kombinierte
er die Darstellung mit einem Portrait des Statthalters zu Pferde (Abb. 3). So
malte er kleine Reiterportraits Friederich Heinrichs mit dem Prinzen im
Vordergrund und der Belagerung einer Stadt im Hintergrund. Da der Horizont auf
das untere Viertel des Bildes abgesenkt ist, hebt sich die Figur des Prinzen zu
Pferde deutlich vor dem Himmel ab. Diese Darstellungen zeigen den Prinzen vor
allem in seiner Rolle als militärischer Befehlshaber, wobei der Hintergrund
von nebensächlicher, nur dekorativer Bedeutung ist. Bei Friedrich Heinrich
wählte van Hillegaert zumeist die Belagerung von Maastricht als
Hintergrund, auffälligerweise jedoch nicht die von
's-Hertogenbosch. [5]
Neben diesen Bildnissen Friedrich Heinrichs existieren ähnliche Portraits
von Prinz Moritz und Gustav Adolf von
Schweden. [6]
Die kleinen
Reiterstücke können aufgrund ihrer Komposition in zwei Gruppen geteilt
werden. Meistens zeigt van Hillegaert den Feldherrn seitlich auf kurbettierendem
Pferd. Der Portraitierte schaut den Betrachter von der Seite an, während
sein Pferd den Kopf eben abgewendet hat. Der zweite Typus zeigt das Pferd von
vorne, beide - Pferd und Reiter - sehen den Betrachter an.
Zeitgleich mit Pauwels van Hillegaert war auch
Hendrik Ambrosius Pacx (1602/03-nach 1658) tätig. Auch Pacx malte
Reiterportraits von Friedrich Heinrich mit der Belagerung von
's-Hertogenbosch
oder Maastricht im Hintergrund. [7] Seine Reiterportraits sind,
verglichen mit denen von van Hillegaert, breiter angelegt. Der Prinz wird immer
begleitet von einem Schildknappen, der seinen Helm trägt.
Beide Maler schufen sehr ähnliche Werke von
Mitgliedern der Familie des Statthalters. In einige Fällen malten van
Hillegaert und Pacx sogar identische Darstellungen. Trotz stilistischer
Nähe beider scheint Pacx van Hillegaert technisch zu übertreffen.
Seine Figuren sind heller und schärfer gemalt. Da aber eine Untersuchung zu
Leben und Werk der beiden Künstler fehlt, ist ihr Verhältnis
zueinander schwierig einzuschätzen. Sicher ist jedenfalls, daß sie
gegenseitig ihre Werke gekannt haben.
IV. Die
vierziger Jahre
Die meisten Darstellungen
militärischer Erfolge, die die Truppen der Republik unter der Leitung von
Friedrich Heinrich erlangten, entstanden in den dreißiger Jahren des 17.
Jahrhunderts. Der Tod Pauwels van Hillegaerts 1640 führte zu einer
Unterbrechung in der Entwicklung dieses Typus. Wir wissen nur von zwei Malern,
die im folgenden Jahrzehnt die Siege von Friedrich Heinrich und seinen Truppen
in Öl festhielten: Gerrit van Santen (tätig zwischen 1629 und 1650)
und Jan Breecker (tätig zwischen 1632 und 1646) schufen in den vierziger
Jahren einige Bilder für die Burg Buren. Von diesen ist nur
"Die
Belagerung der Schenkenschanze im Jahre
1636"
erhalten geblieben (Abb. 4). [8] Das Gemälde zeigt die
Rückeroberung der Schenkenschanze durch die Truppen der Republik im Jahre
1636, nachdem die Festung ein Jahr zuvor überraschend durch die spanischen
Truppen eingenommen worden war.
Über die
Tätigkeit von Jan Breecker sind wir allein durch die Inventare der Burg
Buren informiert, für die er 1644 und 1646 sechs Werke geliefert hatte. Nur
ein frühes Werk von ihm, das 1632 datierte Reiterportrait Friedrich
Heinrichs, ist heute noch bekannt. [9]
V.
Monumentale Portraitserien
Die kleinen
Reiterportraits von Pauwels van Hillegaert bilden die Voraussetzung für die
monumentalen Reiterportraitserien, die zwischen etwa 1635 und 1650 entstanden
und von denen noch vier existieren. Anfang des 17. Jahrhunderts wollten viele
holländische Regenten ihre Rathäuser mit Portraits der Familie des
Statthalters ausschmücken. Der größte Lieferant dieser Portraits
war der Delfter Künstler Michiel Jansz. van Mierevelt (1567-1641). Auch im
zweiten Viertel des Jahrhunderts bestellten die Stadtregierungen der Republik
Oranierportraits. Nun bevorzugte man aber den dargestellten Prinzen nicht
stehend, sondern auf einem Pferd sitzend mit militärischen Ereignissen im
Hintergrund. Auffallend ist das große Format dieser Reiterserien: Sie
messen durchschnittlich 2 m in der Höhe und 1,5 m in der Breite.
Die erste Folge stammt von Herman Mijnert Doncker
(vor 1620-nach 1656), der 1636 für das Rathaus von Edam zwei Portraits von
Moritz und Friedrich Heinrich zu Pferde fertigte. [10] 1643 malte Isaac
Isaacsz. (1599-nach 1668) für das Rathaus von Harderwijk ebenfalls eine
Folge von Reiterportraits der Familie des Statthalters. [11] Neben den
Prinzen Moritz und Friedrich Heinrich (Abb. 5) ist diesmal auch Wilhelm von
Oranien dargestellt. Im Hintergrund der Bilder sind drei militärische
Erfolge der Republik festgehalten. Hinter Friedrich Heinrich ist die Belagerung
von
's-Hertogenbosch
abgebildet, und das aufrückende Geschwader von Reitern hinter Moritz
verweist vermutlich auf die Schlacht bei
Nieuwpoort. [12]
Als dritte Portraitfolge
der Familie des Statthalters zu Pferde sollen drei Gemälde angeführt
werden, die Jacob Fransz. van der Merck (ca. 1610-1664) von den Prinzen Moritz,
Friedrich Heinrich und Wilhelm II. malte. [13] Die letzten beiden Bilder
sind von van der Merck mit den Jahreszahlen 1643 und 1647 bezeichnet. Die Werke
unterscheiden sich von den anderen drei Portraitfolgen durch die
Hinzufügung eines Puttos, der den jeweiligen Prinzen mit Lorbeer
bekränzt. Derartige allegorische Motive sind bei Reiterportraits
ungewöhnlich. Im königlichen Palais auf dem Dam hängt die letzte
und zugleich umfangreichste Folge von Reiterportraits der Oranier. Sie wurde
wahrscheinlich von dem flämischen Portraitmaler Anselm van Hulle (1601-nach
1674) in den vierziger Jahren angefertigt. [14] Van Hulle malte
Reiterstücke von Wilhelm von Oranien, dessen drei Söhnen Moritz,
Friedrich Heinrich, Philipp Wilhelm sowie seinem Enkel Wilhelm II. Auch wenn die
Oranier ausdrücklich als Befehlshaber der republikanischen Truppen
portraitiert sind, fehlen hier im Hintergrund, im Gegensatz zu den
vorhergehenden drei Folgen von Doncker, Isaacsz. und van der Merck, Hinweise auf
bekannte Feldschlachten oder Belagerungen. Das monumentale Reiterportrait der
Oranierfamilie ist eine typische Erscheinung des Zeitraums von ungefähr
1635 bis 1650 und kommt anschließend nicht mehr vor. Dies hängt nur
am Rande mit der Beendigung der militärischen Aktivitäten des Landes
durch den Friedensschluß von Münster 1648 zusammen, denn
Belagerungsszenen werden in den fünfziger Jahren noch immer gemalt. Einen
wichtigerer Grund ist die erste statthalterlose Zeit (1650-1672). Das
eigensinnige Auftreten des jungen Statthalters Wilhelm II., der die Einstellung
der Feindseligkeiten und damit den Wegfall der Möglichkeit, sich im Kampf
zu beweisen, nur schwer akzeptieren konnte, führte schließlich zu
einem Angriff auf die Stadt Amsterdam, die dem jungen Prinzen bei seinen
ehrgeizigen Plänen entgegenstand. Nur der vorzeitige Tod von Wilhelm II. im
Jahre 1650 behütete die Provinz Holland vor weiteren Aktivitäten
dieses streitbaren Statthalters. Das Auftreten von Wilhelm II. hatte zur Folge,
daß die Oranier in Mißkredit gerieten und ihre Bedeutung im
Machtfeld der Republik stark begrenzt wurde.
VI. Die Belagerungsbilder nach dem Frieden
von Münster
Natürlich bedeutete die
Unterzeichnung des Friedensvertrages in Münster, daß die historische
Grundlage für Bilder von Kriegshandlungen verschwand, doch führte dies
nicht zu einem abrupten Ende des Genres. Im Gegenteil, um 1655 zeigte der
Rotterdamer Maler Hendrik de Meyer (?-vor 1698) plötzlich großes
Interesse an der Darstellung von zwei wichtigen Siegen aus der Spätzeit der
Feldherrenschaft Friedrich Heinrichs, für die es offensichtlich auch in
dieser Zeit noch einen Markt gab. In der kurzen Zeitspanne von etwa 1654 bis
1656 [15] fertigte de Meyer fünf Gemälde von der Belagerung
von Breda 1637 (Abb. 6) und sieben Werke mit der Einnahme von Hulst unter
Leitung Friedrich Heinrichs im Jahre 1645.
De
Meyer ging vermutlich von Pauwels van Hillegaerts Gemälden mit der
Belagerung von
's-Hertogenbosch
aus und entwickelte in seinen Bildern dieses Sujet weiter. Den extrem hohen
Horizont auf südniederländischen Bildern hat van Hillegaert in seinen
Werken zu einem realistischeren Verhältnis von Himmel und Landschaft
gesenkt. Heinrich de Meyer zog ihn noch tiefer, so daß die Landschaft nur
noch ein Viertel des Bildes einnahm. Folglich wurden die Darstellungen
kompakter.
Auffallend ist, daß de Meyer eine
ausgesprochene Vorliebe für die Darstellung der Belagerungen von Breda und
Hulst nicht aber für die Einnahme von
's-Hertogenbosch
oder Maastricht hatte. Nur ausnahmsweise malte er einmal die Eroberung von Sas
van Gent im Jahre 1644 [16], ebenso die Eroberung von Hulst, ein Gefecht
kurz vor Ende des Achtzigjährigen Krieges. Warum von der Belagerung von Sas
van Gent nur ein Werk bekannt ist, während de Meyer die Einnahme von Hulst
im folgenden Jahr noch häufiger thematisierte, ist rätselhaft.
Möglicherweise liegt es daran, daß mit Hulst die Sicherung der
Republik vollständig erreicht war.
Nachdem
Hendrik de Meyer keine Belagerungsszenen mehr malte, brach eine Periode von
ungefähr 25 Jahren an, in denen keine Bilder dieses Sujets entstanden. Um
1680 stellte der Dordrechter Abraham van Calraet (1642-1722) wieder Belagerungen
dar. Er malte vier fast identische Darstellungen der Belagerung von
Breda. [17] In seinen Werken kombiniert Abraham van Calraet den
niedrigen Blickpunkt de Meyers mit van Hillegaerts Art, Friedrich Heinrich und
sein Gefolge vor dem Lager Vught während der Belagerung von
's-Hertogenbosch
zu portraitieren (Abb. 2). Mit van Calraet endet die Darstellung von
Kriegshandlungen aus dem Achtzigjährigen Krieg. Maler aus dem letzten
Viertel des 17. Jahrhunderts bevorzugten Ereignisse der zeitgenössischen
Geschichte. Die unangenehme Situation, in der die Republik 1672 steckte und die
darauf folgende Rettung der Nation durch Wilhelm III. boten hierfür
genügend Stoff. Der neue Pauwels van Hillegaert heißt Jan
Huchtenburg. Huchtenburg trat am Ende des 17. Jahrhundert als visueller
Protokollant des Krieges zu Lande hervor und kann sich in seiner
Produktivität mit van Hillegaert messen.
VII. Darstellungstypen
Versucht man die Belagerungsszenen des zweiten
Viertels des 17. Jahrhunderts zu klassifizieren, zeigt sich, daß die
Gemälde nach Thema und Komposition in vier Bildtypen eingeteilt werden
können.
Die erste Gruppe bilden Ansichten
der Stadt vom Lager der Belagerer aus gesehen, wobei die Betonung ganz auf dem
Lager im Vordergrund liegt, dem die belagerte Stadt in der Ferne als Silhouette
am Horizont untergeordnet ist. Von großer Bedeutung für den Charakter
der Darstellung ist die Höhe des Horizonts. Die extrem hohe Scheidung von
Land und Himmel im Werk von Pieter Snayers ruft eine andere Wirkung hervor als
der niedrige Horizont auf Bildern Hendrik de
Meyers.
Die zweite Kategorie der Belagerungsszenen
ist eigentlich eine Weiterentwicklung der ersten, unterscheidet sich aber durch
das Reiterportrait des Feldherren im Vordergrund, natürlich immer Friedrich
Heinrich. Sein Bildnis erhält eine besondere Betonung innerhalb der
Darstellung, obwohl es im Verhältnis nur einen kleinen Teil der
Bildfläche beansprucht.
Ausgehend von diesem
Panorama mit Reiterportrait entwickelt sich der dritte Darstellungtypus: das
Reiterportrait mit einer Belagerung im Hintergrund. Hierzu gehören sowohl
die kleinen Reiterportraits van Hillegaerts als auch die monumentalen Portraits,
die zwischen 1635 und 1650 entstanden. Auf diesen Werken ist das Bildnis des
Feldherren zu Pferd isoliert, und die Kriegshandlungen sind weit in den
Hintergrund verdrängt.
Die letzte Gruppe von
Belagerungsszenen zeigt den Auszug der Belagerten nach Unterzeichnung des
Kapitulationsvertrages. Das früheste Beispiel ist
"Der Auszug
der Verteidiger von
's-Hertogenbosch
am 17. September
1629" von
Pauwels van Hillegaert. [18] Dieses Ereignis bildete für die
sieghafte Partei den Höhepunkt nach monatelanger Belagerung, denn damit war
der Sieg endgültig besiegelt.
Nach van
Hillegaert widmete sich vor allem Hendrik de Meyer dem Thema des Auszugs. Anders
als die Panoramadarstellungen von van Hillegaert, sind die
'Auszüge' de Meyers komprimiert (Abb. 5).
Neben der Frage,
welche Szenen einer Belagerung der Künstler des 17. Jahrhunderts festhielt,
ist mindestens ebenso relevant, was er nicht darstellte. Die Antwort auf diese
Frage ist genauso bestürzend wie einfach: den Kampf an sich. Dies
hängt damit zusammen, daß Künstler die Stadt aus einem
großen Abstand und nicht von den Schanzen aus oder aus den Laufgräben
malten, in denen der eigentliche Kampf stattfand. Befehlshaber wagten sich
meistens nicht in diese Bereiche und ließen sich in den sicheren
Basislagern portraitieren, wo sie keine Gefahr liefen, erschossen zu werden. Die
Berichte über Friedrich Heinrich, der sich unter Gefahr seines eigenen
Lebens in Schußentfernung der Stadt begab, zeugt einerseits von dem Mut
des Prinzen, macht aber auch deutlich, daß die Anwesenheit der hohen
Militärs in den ersten Reihen höchst ungewöhnlich war.
VIII.
Auftraggeber
Wie bereits erwähnt, wurden die
nordniederländischen Gemälde mit Episoden aus der ersten Phase des
Achtzigjährigen Krieges höchstwahrscheinlich von städtischen
Institutionen in Auftrag gegeben. Auch die monumentalen Portraitfolgen aus dem
zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts sind meistens von Stadtregierungen bestellt
worden. Wählten die Stadtregierungen Reiterportraits mit der Darstellung
von Kriegshandlungen im Hintergrund, so hatten Friedrich Heinrich und sein Hof
deutlich Vorrang vor dem Panorama der Belagerungsszene. Die Werke, die Daniel
Cletcher von der Belagerung von Grol und der Belagerung von
's-Hertogenbosch
malte, waren Teil der Gemäldesammlung des Statthalters im "Binnenhof". Im
Inventar von 1632 werden beide Stücke als in der
"galerije
van Zijne
Excellentie"
inmitten einer großen Anzahl von Portraits, mythologischen und biblischen
Historien und Landschaften hängend aufgeführt. [19] Weil die
Bilder Cletchers 1630 datiert und zwei Jahre später bereits in der Sammlung
von Friedrich Heinrich verzeichnet sind, ist anzunehmen, daß sie im
Auftrag des Prinzen angefertigt wurden. Vorstellbar ist, daß sich
Friedrich Heinrich und Daniel Cletcher persönlich kannten: Clechter war
Mitglied der St. Lukasgilde in Den Haag [20], darüber hinaus war er
der Quartiermeister von Johan Albert, Graf von Solms-Braunfels, dem Schwager von
Friedrich Heinrich. Außer den beiden Belagerungsdarstellungen in der
Galerie von Friedrich Heinrich hing auch in der Galerie von Amalia von Solms
eines seiner Werke. [21]
Nicht nur im
Quartier des Statthalters, sondern auch in der Burg Buren hingen
Belagerungsdarstellungen. Die alte Festung, die durch die Heirat Wilhelm von
Oraniens mit Anna von Egmond-Buren in den Besitz der Oranier kam, lag auf dem
Weg von der Residenz des Statthalters zu den südlichen
Kriegsschauplätzen. Gemälde mit den wichtigsten Eroberungen des
Prinzen schmückten den langen Tanzsaal oder die Galerie.
Jan Breecker lieferte für diesen Saal 1646
drei Werke, die die Belagerung von
's-Hertogenbosch
(1629), Rijnbeek (1633) und Breda (1637) zeigten und für die er am 3.
März 1646 einen Betrag von 478 Gulden empfing. [22] Bereits 1644
hatte Breecker einen Kontrakt über die Anfertigung von drei Bildern
unterzeichnet, auf denen die Überquerung des Flusses Florival im
flämischen Brabant durch die Truppen der Republik zu sehen war.
Hierfür wurden ihm insgesamt 408 Gulden ausbezahlt. [23]
Gerrit van Santen fertigte für die neue
Galerie von Buren zwei große Gemälde mit der Belagerung von Sas van
Gent (1644) und der von Hulst (1645), beides erst kurz zuvor errungene Erfolge
Friedrich Heinrichs. Gleichzeitig lieferte van Santen zwei Stücke mit der
Belagerung von Wesel und der Schenkenschanze in kleinem Format. Für diese
vier Arbeiten empfing er am 8. Februar 1647 eine Summe von 260
Gulden. [24] Darüber hinaus malte er noch fünf Werke für
die Galerie: die Belagerungen von Grol (1627), Wesel (1629), Maastricht (1632),
Schenkenschanze (1636) und Gennep (1641). Am 18. Dezember 1647 wurden ihm
dafür insgesamt 590 Gulden ausbezahlt. [25] Von allen fünfzehn
Belagerungsgemälden in Buren ist nur eines der beiden Werke mit Friedrich
Heinrichs Belagerung der Schenkenschanze erhalten geblieben (Abb. 4).
Die Figur Friedrich Heinrichs scheint auf dem
Gemälde zu fehlen, denn keiner der Reiter im Vordergrund trägt
erkennbare Gesichtszüge oder besondere Kleidung, die auf einen Prinzen
weisen würde. Die einzige Person, die in Betracht käme, ist der Reiter
auf dem Schimmel, der eine Gruppe Pikeniere kommandiert, da aber der Mann dem
Betrachter den Rücken zukehrt, kann kaum der Prinz gemeint sein. Auch auf
den beiden Werken Cletchers im Quartier des Statthalters ist die Person
Friedrich Heinrichs nicht oder nur mit Mühe zu erkennen. In der
Gemäldesammlung des Prinzen finden sich keine Darstellungen mit expliziter
Selbstverherrlichung. Besonders bemerkenswert ist dieser Umstand angesichts der
vielen Darstellungen erfolgreicher Belagerungen, auf denen das Bildnis des
Statthalters an prominenter Stelle erscheint. Es entsteht der Eindruck,
daß die städtischen Einrichtungen Gemälden, auf denen Friedrich
Heinrich als glorreicher Feldherr portraitiert ist, den Vorrang gaben,
während der Prinz es vorzog, seinen eigenen Beitrag am Kampf gegen die
ausländischen Mächte nicht zu sehr zu unterstreichen. Der Statthalter
wollte die Generalstaaten, die formell über ihm standen, offensichtlich
nicht beleidigen. [26]
Von allen drei
Künstlern, die im Auftrag Friedrich Heinrichs seine militärischen
Erfolge festhielten, sind heute kaum Werke bekannt. Auffälligerweise
bemühte der Prinz sich nicht um renommierte Maler wie Ambrosius Pacx oder
Pauwels van Hillegaert. Über die Gründe können wir nur
mutmaßen. Für den Auftrag von Buren kam van Hillegaert nicht in
Frage, weil er einige Jahre vor der Vergabe bereits verstorben war. Erstaunlich
bleibt, daß im Quartier des Statthalters Arbeiten von Künstlern wie
Daniel Cletcher hingen, während Werke von van Hillegaert fehlen, der
nachweislich seit 1621 [27] Gemälde der Familie des Statthalters im
Feld fertigte.
Allerdings kann nicht
ausgeschlossen werden, daß Friedrich Heinrich trotzdem Werke des
Amsterdamers besaß, obschon Hinweise in den Inventaren,
Schatzkammerrechnungen und Ordonnanzbüchern Friedrich Heinrichs fehlen.
Denn diese Quellen sind bestimmt nicht vollständig. Darüber hinaus
verdeutlichen die 1754 und 1763/64 angefertigten Inventare des Binnenhofs und
eine Beschreibung der Gemälde im Palast Het Loo von 1763, daß die
Oranier im 18. Jahrhundert zwei Werke von van Hillegaert besaßen:
"Die
Prinzen Moritz und Friedrich Heinrich zu
Pferde" [28]
und "Prinz
Friedrich Heinrich und Graf Ernst Casimir vor der Belagerung von
s'-Hertogenbosch
im Jahre
1629". [29]
Die Herkunft dieser Stücke ist nicht bekannt, aber es ist durchaus
möglich, daß diese ehemals Eigentum von Friedrich Heinrich gewesen
sind.
Es liegt auf der Hand, daß
Belagerungsszenen nicht nur für lokale Obrigkeiten und den Statthalter,
sondern auch für den freien Markt produziert wurden. Auf jeden Fall weisen
die vielen Varianten von Friedrich Heinrich zu Pferde vor Maastricht oder
's-Hertogenbosch
von Pauwels van Hillegaert in diese Richtung. [30] Auch der Umstand,
daß Hendrik de Meyer und nach ihm Abraham van Calraet von der Belagerung
von Breda mehrere Versionen malten, die einander sehr stark gleichen, deutet
daraufhin, daß von mehreren Seiten Interesse für diese Art
Gemälde bestanden. Archivalische Beweise für eine Unterstützung
dieser Behauptung sind noch nicht gefunden. Dessenungeachtet waren die
Belagerungsbilder vorrangig für Institutionen der Obrigkeit und die direkte
Umgebung des statthalterlichen Hofes bestimmt.
IX.
Schluß
Aus dem Zeitraum zwischen 1621 und
1648 sind insgesamt mehr als hundert Gemälde mit Belagerungen bekannt,
unter denen die Reiterportraits den größten Teil ausmachen. Auch wenn
die Anzahl der Gemälde recht groß ist, steht sie in keinem
Verhältnis zu den zahllosen Darstellungen von Kriegshandlungen, die nicht
mit einem bestimmten Ereignis in Zusammenhang gebracht werden
können. [31] Diese Gemälde waren für das breite Publikum
bestimmt, während die Belagerungsdarstellungen hauptsächlich für
die Machthaber angefertigt wurden. So gesehen, spiegelt sich der Unterschied
zwischen Gemälden mit konkreten Kampfhandlungen und allgemeinen
Darstellungen des Soldatenlebens im Publikum, für das die Werke bestimmt
waren.