DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
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MARCO CHIARINI Der Dreißigjährige Krieg und seine Auswirkungen auf die Schlachtenmalerei in Italien im 17. und 18. Jahrhundert |
Die italienische Schlachtenmalerei
kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Das Thema findet sich bereits
in der Antike dargestellt, und als eines der berühmtesten Beispiele sei
hier das aus Pompeji stammende, heute im Museo Nazionale von Neapel aufbewahrte
Fußbodenmosaik mit der Darstellung der "Schlacht von Issus" genannt, in
der Alexander der Große den persischen König Issus besiegte.
Vermutlich lag dem Mosaik eine ältere, in Malerei ausgeführte
Darstellung zugrunde.
Der Brauch, berühmte
Ereignisse, seien sie nun mythologischen oder historischen Ursprungs, bildlich
zu überliefern, ist also sehr alt. So finden wir in der römischen
Kunst - vermutlich als ein Reflex auf griechische Werke - auf zahlreichen
Sarkophagen als ein bevorzugtes Motiv die "Amazonenschlacht" oder die
"Siegreichen Feldzüge Alexanders des Großen" dargestellt. Das gleiche
gilt für die aus der Kaiserzeit stammenden monumentalen Säulen, auf
denen in spiralförmigen Relieffriesen die Eroberungskriege der
römischen Kaiser Trajan und Mark Aurel dargestellt
sind.
Diese Tradition riß auch im
Mittelalter nicht ab. Dabei ist es vor allen Dingen die Miniaturmalerei, in der
die Heldentaten von Karl dem Großen und seinen Paladinen oder die
Kreuzzüge verherrlicht werden. Sie bildeten die wichtigste Grundlage
für die Entwicklung einer Thematik, die sich noch im 16. Jahrhundert in den
Ritterepen eines Ariost oder Torquato Tasso niederschlug. Die Renaissance griff
auf das klassische Vorbild antiker Sarkophagreliefs zurück. Sie dienten als
Vorbilder für die Darstellungen an der Vorderseite von Truhen, den
sogenannten cassoni, die von der Antike oder dem Mittelalter inspiriert
waren. Man griff aber auch auf Texte zurück, die antike oder mythologische
Themen behandelten. Ausnahmen bildeten lediglich die Fresken des Spinello
Aretino im Palazzo Pubblico in Siena, in denen eine Seeschlacht wiedergegeben
ist, der Freskenzyklus von Agnolo Gaddi in Santa Croce in Florenz sowie die
Wandmalereien von Piero della Francesca in S. Francesco in Arezzo, in denen im
Rahmen der Darstellung der "Kreuzeslegende" die Siege des Herkules über
Coscroes und der des Konstantin über Maxentius dargestellt sind. Die
Intention dieser Gemälde zielt auf die Verherrlichung von Ereignissen, die
fast als Wunder verstanden wurden und in denen der Held als deus ex
machina den Lauf der Ereignisse bestimmt. Diese Auffassung ist auch in dem
Fresko mit der "Schlacht des Konstantin" offenkundig, die Giulio Romano nach
Entwürfen von Raffael (der schon früher ähnliche Themen in den
Stanzen des Vatikans behandelt hatte) in dem gleichnamigen Saal des Vatikans
ausführte. Sie sollte die weitere Entwicklung des Themas entscheidend
bestimmen. Die eindrucksvolle Schilderung des Geschehens, die Verwendung von
Gewändern all' antica und die großartig wirkende Komposition
blieben für wenigstens ein Jahrhundert unerreichtes Vorbild. Die
Nachwirkungen sind noch in den "Biblischen Schlachten" des Nicolas Poussin, in
dem "Sieg des Alexander über Darius" und in den zahlreichen Darstellungen
von "Joshua, der die Sonne stillstehen läßt" (für die hier
stellvertretend das Bild von Guglielmo Cortese aus der Galerie von Alexander
VII. im Quirinalspalast in Rom genannt sei) zu
spüren.
Diese Thematik wird im Cinquecento
mit dem Wunsch nach einer "privaten" Verherrlichung der Geschichte und der
Ruhmestaten einzelner Familien verknüpft, so z.B. in dem Freskenzyklus
für die Familie Farnese in Caprarola und in dem für die Medici
geschaffenen Bilderzyklus in der Sala del Cinquecento im Palazzo Vecchio in
Florenz. Hier sind die militärischen Unternehmungen von Cosimo I.
antikisierend verbrämt dargestellt, so daß sie fast in eine mythische
Aura gehoben erscheinen. Neben den wichtigen militärischen Unternehmungen
sind aber auch unbedeutendere Episoden der Florentiner Geschichte dargestellt,
die, auf diese Weise in ihrer politischen Bedeutung gesteigert, die Macht und
den europäischen Rang des mediceischen Staates verdeutlichen sollten (wie
dies in analoger Weise für Tizians "Schlacht von Cadore" im Palazzo Ducale
in Venedig galt, die leider nicht erhalten
ist). [1]
Unter diesen Voraussetzungen
wird verständlich, warum die "Schlacht von Anghiari", in der die
Florentiner die Aretiner besiegten, so populär war, ja sich großer
Berühmtheit erfreute. Diese Schlacht wurde von Leonardo da Vinci auf einer
der Wände der Sala del Cinquecento des Palazzo Vecchio so kunstreich
darstellt, daß aus dieser, eigentlich unbedeutenden, Episode der
Florentiner Geschichte ein vielbewundertes Vorbild wurde, das von fundamentaler
Bedeutung für die Entwicklung des Schlachtenbildes, von Peter Paul Rubens
bis Eugène Delacroix, sein sollte.
Noch
Rubens stellte (1627/30) die siegreichen Heldentaten Heinrichs IV. (Abb.1) oder
die Allegorie "Die Schrecken des Krieges" (Florenz, Palazzo Pitti) in dieser
Tradition nunmehr als klassisch geltende Vorbilder in einer heroischen, nicht an
der Wirklichkeit orientierten Bildsprache dar. Wenige Jahre später dagegen
entwickelte sich - zweifellos unter dem Eindruck des Dreißigjährigen
Krieges - in Italien zwischen Rom und Neapel eine ganz andere Auffassung der
Darstellung des Krieges. Der Heroismus des Kriegshelden wird entmythologisiert
und das Kriegsgeschehen auf eine realistischere Ebene projiziert. [2]
Möglicherweise spielte bei dieser Entwicklung auch eine Veränderung
innerhalb der sozialen Schichten des Sammlerpublikums eine Rolle. Dieses, bisher
ausschließlich vom Adel bestimmt, schloß nun auch bürgerliche
Schichten ein, die die lebensnahe, volkstümliche Bildsprache der
Genremalerei bevorzugten und deren Interesse den tatsächlichen,
historischen und zeitgenössischen Ereignissen
galt.
Der Übergang von dem höfischen
Stil eines Raffael, der noch in den Bildern des Cavalier d'Arpino im Salone
degli Orazi und im Salone dei Curiazi im Palazzo dei Conservatori auf dem
Kapitol in Rom (1596) nachwirkte, zu einer neuen, realistischen und im
historischen Sinn getreuen Darstellungsweise wird in Rom an den Werken von
Michelangelo Cerquozzi (1602-1660) deutlich, der damals unter dem Namen
"Michelangelo delle battaglie" bekannt war. Seine führende Rolle in der
Vermittlung zwischen den "Bamboccianti" und der Gattung, dem er seinen
Spitznamen verdankte, ist erst seit kurzem deutlich geworden. [3
]Angeregt vom Beispiel der "Bamboccianti", jener Gruppe von
holländischen und flämischen Malern, die unter Führung von Pieter
van Laer, genannt "Il Bamboccio" seit den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts in
Rom eine realistische Malerei vertraten und die einfache römische
Stadtbevölkerung und deren bescheidene handwerkliche Tätigkeiten
darstellten, entwickelte Cerquozzi eine lebensnahe, fast rohe Darstellungsweise,
die seine Schlachtenbilder der ungeschminkten Tatsachenschilderung eines
Borgognone annäherten. Innerhalb seines Oeuvres sind nicht so sehr die von
Salvator Rosa beeinflußten Bilder wichtig, wie z.B. die
Schlachtendarstellung der Galleria Nazionale in Rom. Von Bedeutung sind vielmehr
die kleinformatigen Gemälde, die sich heute in Lucca, Grenoble und Salzburg
befinden, und in denen die in den Vordergrund gerückte Schilderung des
Kriegsgeschehens, das von dem Zusammenstoß der Reiter bestimmt wird, mit
ihren entfesselnden Wirbeln von Reitern und Pferden die Resultate von Borgognone
vorwegnimmt.
In Neapel war zur gleichen Zeit
Aniello Falcone (1607-1656) tätig. Er entwickelt eine noch kargere
Darstellung des kriegerischen Ereignisse, so daß nunmehr in seinen Bildern
der Held und Protagonist des Geschehens vollständig verschwunden
ist. [4] Dabei gewinnt man bei der Betrachtung seiner Bilder den
Eindruck, daß die verheerenden Ereignisse, die halb Europa, von den
Niederlanden bis Frankreich, von Deutschland bis Skandinavien erschütterten
und ihren Schatten auch auf den Norden Italiens warfen, den nüchternen Stil
seiner Gemälde prägten, in denen nun ohne Rücksicht auf die
Prinzipien "klassischer" Malerei Waffen und Truppenbewegungen präzise und
realistisch geschildert werden. Von Velázquez und Cerquozzi
beeinflußt, wird bereits in den ersten Werken von Falcone (1631, Louvre)
deutlich, daß dieser - wie Fritz Saxl gezeigt hat - für die
Schilderungen des Kriegsgeschehens auf persönliche Erfahrungen
zurückgegriffen hat. Seine Landschaften, die der Umgebung von Neapel
entnommen sind, nehmen in der getreuen Wiedergabe der geographischen
Gegebenheiten die Landschaftsdarstellungen von Borgognone voraus. Seine
Kompositionen sind auf horizontalen, bildparallelen Ebenen aufgebaut, deren
statische Ausgewogenheit auch dann nicht erschüttert wird, wenn - wie in
einem Bild der Pinakothek von Capodimonte in Neapel - eine Reiterschlacht
dargestellt ist. [5]
Dieses neue, an der
Wirklichkeit orientierte Konzept der Schlachtenmalerei wurde dagegen von einem
anderen Vertreter dieser Gattung, Salvator Rosa (1615-1673),
vernachlässigt. In Neapel, Rom und Florenz zu großer Anerkennung
gelangt, konnte er sich dem Reiz fiktiver Schlachtenmalerei nicht entziehen.
Dabei entwickelte er neue Darstellungsprinzipien für diese Thematik. Als
Schüler von Falcone gab er dessen knappe, auf das Wesentliche abzielende,
vereinfachende Darstellungsweise zugunsten bewegter, dynamisch konzipierter
Kompositionen auf, die auf den ästhetischen Prinzipien des Barocks basieren
und deren Erfindungsreichtum für seine Kunst charakteristisch ist. Obwohl
der Künstler das Genre nicht liebte, wurde er von seinen Auftraggebern
angehalten, Kriegsszenen zu malen. So malte er für die Medici das
große Schlachtenbild im Pitti, das an den Anfang seines Florentiner
Aufenthalts datiert werden kann, und ein kleineres Bild, das heute in den
Uffizien aufbewahrt wird. Diese beiden Bilder dokumentieren die ersten
Erfahrungen des Malers auf diesem Gebiet. Der in Florenz entwickelte Typus der
Schlachtendarstellung des Neapolitaner Malers bildete die Grundlage einer
erneuten Wiederaufnahme des Themas. Er ist durch die dynamische Wiedergabe des
im Mittelpunkt des Bildes erscheinenden Knäuels von Reitern und
Infanteristen charakterisiert, dessen Verflechtungen sich jedoch an den Seiten
auflösen, um schließlich in der Staubwolke des Horizontes zu
verschwinden. Das statische Bild, das Falcone für seine Darstellungen
entwickelt hatte, wird also von Rosa in eine Reihe miteinander verflochtener
Figurengruppen aufgelöst, in deren Mittelpunkt immer eine zentrale
Kampfszene steht, die den dramatischen Höhepunkt des Geschehens bildet. Die
Schlachtenbilder von Salvator Rosa haben jedoch nie einen konkreten historischen
Hintergrund. Vielmehr sind sie reine Produkte einer überschäumenden
Phantasie, auch wenn sie vielleicht manchmal von tatsächlich Erlebtem
inspiriert sein mögen. Obwohl Salvator Rosa nur wenige Bilder dieser
Gattung schuf, die vielleicht durch die Ereignisse des
Dreißigjährigen Krieges angeregt waren, so gewannen seine
Gemälde doch fundamentale Bedeutung für die weitere Verbreitung dieses
Themas. Dabei spielte seine Fähigkeit, das kriegerische Geschehen - obwohl
ohne Bezug zu realhistorischen Ereignissen - unmittelbar überzeugend
wiederzugeben, eine große Rolle und hat in entscheidender Weise auf die
realistische Auffassung des Themas eingewirkt. Der Künstler hat aber auch
vielleicht die Stiche von Callot "Les misères de la guerre" (1633)
gekannt, unter denen sich auch eine "Reiterschlacht" befand, da diese nicht nur
ihn, sondern die gesamte jüngere Generation, einschließlich
Borgognone, beeinflußt zu haben
scheint. [6]
Eine Persönlichkeit von
geringer künstlerischer Bedeutung, jedoch von unmittelbarem Einfluß
aufgrund seiner Druckgraphik, war der Florentiner Künstler Stefano della
Bella (1610-1664). Der Künstler hatte sich bereits während seines
Aufenthaltes in Paris im Jahr 1639 mit der Darstellung von Kriegsereignissen
beschäftigt. Aus dieser Zeit stammen drei große Druckplatten, die im
Verlauf der von Richelieu geführten kriegerischen Auseinandersetzungen
entstanden. Richelieu beauftragte Stefano della Bella mit einer Schilderung der
"Belagerung von Omer" (1638), der "Belagerung von Arras" (1641) sowie der
"Eroberung von Rochelle", die im gleichen Jahr entstand. In diesen Werken konnte
der Künstler die Lehren seines Florentiner Meisters Remigio Cantagallina,
vornehmlich aber die des Lothringer Stechers Jacques Callot nutzen. Der Stichel
des Künstlers erfaßte mit minuziöser Genauigkeit die Taktik und
die Bewegung des französischen Heeres, wobei zugleich eine breit angelegte
Vedute den Blick auf die Stadt Arras freigibt, so wie es dann Borgognone in
seinem großen Gemälde des Schlachtfeldes von Lützen für
Mattias de'Medici tut (s.u.). In diesen Jahren stand die künstlerische
Tätigkeit von Stefano della Bella unter dem Einfluß der kriegerischen
Ereignisse in Europa. So entstand eine Reihe von Stichen mit Darstellungen von
Scharmützeln und Artilleriebewegungen, wie z.B. die Serie der
"Verschiedenen Figuren", die in Paris Anfang der 40er Jahre publiziert
wurde. [7] Auch kleinformatige Bilder mit dieser Thematik lassen sich
ihm zuschreiben, ebenso eine Zeichnung des Louvre. Diese ist vermutlich als ein
Entwurf für eine nie ausgeführte Druckplatte zu verstehen, die an die
Belagerung von Casale Monferato durch die spanischen Truppen und an deren
Befreiung durch das französische Heer im Jahre 1629/30 erinnern
sollte. [8]
Jacques Courtois, der nach der
französischen Provinz Burgund, in der er 1621 geboren wurde, "Il
Borgognone" genannt wurde, verhalf der Gattung des Schlachtenbildes nicht nur in
Italien, sondern in ganz Europa zum Durchbruch. Er starb 1676 in Rom. Seine
Popularität ist nicht nur dadurch belegt, daß alle
Gemäldesammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts Schlachtenbilder
besaßen, sondern auch dadurch, daß Bilder mit diesem Sujet generell
ihm zugeschrieben wurden, zumal die Namen der zahllosen unbedeutenden, auf
diesem Feld tätigen Spezialisten schnell in Vergessenheit geraten
waren. [9] Der Erfolg des Malers beruhte vor allen Dingen auf seiner
Fähigkeit, alle technischen Möglichkeiten der Malerei zur Schilderung
des Kampfgeschehens, seien sie nun von der Wirklichkeit oder von der Phantasie
inspiriert, zu nutzen. Wie sein Biograph Filippo Baldinucci betonte, kam er in
seinen Bildern dem realen Kriegsgeschehen näher als irgendein anderer
Maler, da er ihnen eine unmittelbar überzeugende Anschaulichkeit verlieh,
die sie glaubhaft wirken ließ, auch wenn sie vollständig seiner
Phantasie entsprungen waren. Diese Realitätsnähe seiner Bilder
verdankte Borgognone nicht zuletzt seinen persönlichen Erlebnissen im
Dreißigjährigen Krieg. Noch ein Junge, wurde er, kaum in Italien
eingetroffen, von den spanischen Truppen, die in Mailand stationiert waren,
für drei Jahre eingezogen (bis 1639). Er hatte so Gelegenheit, alle
technischen Einzelheiten des Kriegshandwerkes, die später seine Bilder so
außergewöhnlich wahrheitsgetreu und "echt" erscheinen lassen sollten,
aus eigener Anschauung zu studieren. Die kriegerischen Auseinandersetzungen, die
zur Belagerung von Mailand durch die kaiserlichen Truppen und zur Besetzung von
Susa und Casale Monferrato (1629/30) durch die Franzosen geführt hatten,
waren zwar im Jahre 1631 durch einen Friedensschluß beigelegt worden.
Dennoch wird der junge Künstler auch danach noch durch Berichte von
Kriegshandlungen erfahren haben, die er geistig nachvollziehen konnte, so
daß er sich auch Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Kriegsdienst die
Kriegsstimmung vorstellen konnte, zumal damals Mailand die wichtigste
Garnisonsstadt Norditaliens war. Diese frühen Erlebnisse wirkten sich
nachhaltig auf die künstlerische Entwicklung von Borgognone aus. Dem Druck
seiner verschiedenen Auftraggeber nachgebend, widmete er sich
ausschließlich der Schlachtenmalerei und vernachlässigte die
religiöse Malerei vollständig. Borgognone, der von dem Grafen
Algarotti in einem Brief an den Grafen Brühl aus dem Jahre 1743 (vgl. Holt
1969) als der "Raffael der Schlachten und der Prinz Eugen unter den Malern"
bezeichnet wurde, galt seinen Zeitgenossen einhellig als der größte
Schlachtenmaler Europas, als derjenige, der dem Thema eine
Wirklichkeitsnähe zu verleihen wußte, die noch den heutigen
Betrachter beeindruckt. Borgognone hatte mit den Darstellungen all'eroica
begonnen, wie sie vor allem von Salvator Rosa, dem Vorbild seiner frühen
Werke, vertreten worden war. Aber auch die lebensnahe, realistischere
Darstellungsweise eines Cerquozzi blieb nicht ohne Wirkung auf ihn. Mit Hilfe
eines weitangelegten Panoramas, das er nach dem Prinzip der im Norden
entwickelten, durch die Stiche von Callot und Stefano della Bella
beeinflußten Vogelperspektive gestaltete, gelang es Borgognone, den
Betrachter auf eine bislang unbekannte Weise in das Bildgeschehen mit
einzubeziehen. Seine solide künstlerische Ausbildung und das
persönliche Erlebnis des Krieges lassen sich auch in seinen in London
(British Museum) und Florenz (Uffizien) aufbewahrten Skizzenbüchern
ablesen. Sie enthalten Studien, die zum großen Teil nach Beobachtungen
ausgeführt sind, und zeigen deutlich seine große Fähigkeit, in
rasch auf das Papier geworfenen Skizzen die Dynamik von Truppenbewegungen
festzuhalten. Dabei bediente er sich der von Jacques Callot entwickelten
Kompositionsprinzipien. Im Jahre 1647 hatte der Künstler an den
Illustrationen des zweiten Buches von Famiano Strada "De bello belgico"
mitgearbeitet und Entwürfe für vier Szenen beigesteuert, die deutlich
den Einfluß von Callot und Stefano della Bella verraten. In diesen
entwickelte er ein kompositorisches Grundmuster, das er in seinen Gemälden
weiterentwickelte und das von seinen zahlreichen Nachfolgern erfolgreich
aufgenommen wurde.
Auch wenn die Gemälde von
Borgognone nicht immer auf persönlichen Kriegserfahrungen beruhen, so geht
von ihnen doch eine solche Stimmung des Wahrhaftigen, selbst Erlebten aus,
daß Baldinucci schreiben konnte: