DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
Textbände > Bd. II: Kunst und Kultur |
MATTHIAS PFAFFENBICHLER Das frühbarocke Schlachtenbild - vom historischen Ereignisbild zur militärischen Genremalerei |
Obwohl das Interesse sowohl des breiten Publikums als auch der Fachkreise an dem Phänomen der Schlachtenmalerei heute eher gering ist, war diese Bildgattung im 17.
Jahrhundert von beachtlicher Bedeutung. Dabei dürfte wohl die andauernde
Zahl von Kriegen eine Rolle gespielt haben, ebenso die Herausbildung von
Spezialistentum für bestimmte Bildtypen. Der
Großteil
dieser Schlachtenbildspezialisten stammt aus wenigen Zentren der Malerei, vor
allem aus den beiden Niederlanden sowie aus Italien. Die Schlachtenmalerei
dieser Regionen übte einen
großen
Einfluß
auf die Darstellung dieses Themas in Europa aus, wobei viele der in anderen
Teilen Europas tätigen Schlachtenmaler in diesen Zentren geboren oder
ausgebildet wurden.
Grundsätzlich kann die
Schlachtenmalerei in zwei
große
Gruppen geteilt werden: die historischen Ereignisbilder [1] und die
militärische Genremalerei. Das historische Ereignisbild dient immer auch
einem propagandistischen Zweck. Je nach der Absicht, die der Auftraggeber
verfolgt und je nach dem anzusprechenden Publikum wirkt sich der
propagandistische Zweck auf die Darstellungsformen
aus.
Eine Form des historischen Ereignisbildes,
die glorifizierende Schlachtendarstellung, wurde mit ihrer Betonung der
großfigurigen
Komposition vor allem für ein nichtmilitärisches Publikum geschaffen.
In dieser Form des Schlachtenbildes streichen die Maler besonders die Person des
Feldherrn heraus, der sogar die Pose eines antiken Helden einnehmen konnte. In
einer extremen Ausformung der glorifizierenden Schlachtendarstellung konnte der
Künstler die Szenen der Schlacht zum
bloßen
Hintergrund für ein Feldherrenportrait verkümmern lassen. Die
dargestellten Siege wurden oft mehr aufgrund des mit ihnen verbundenen
Prestigegewinns als wegen ihrer militärischen Bedeutung ausgewählt. So
hatte jeder Sieg, den der Auftraggeber in einer Serie von Schlachtenbildern
darstellen
ließ,
eine bestimmte Bedeutung, die er den Betrachtern mitzuteilen wünschte.
Hiermit folgte er genau den Zielen, die auch die Propaganda unserer Zeit
verfolgt: die wunschbildgemäße Präsentation einer Partei und die
Verkündigung zukünftiger Ziele und Absichten. Propaganda diente aber
immer auch zur Verfälschung von Tatsachen. Hier klingt eine Eigenheit
vieler glorifizierender Schlachtenbilder an. Je fragwürdiger ein Sieg von
seiner militärischen Seite war, um so stärker
mußte
er häufig propagandistisch gefeiert
werden.
Eine der
größten
Serien von glorifizierenden Schlachtenbildern des Barock befand sich
ursprünglich im Palast Buen Retiro in Madrid im Salon de los
Reynos [2] und ist heute im Prado ausgestellt. Der Ausstattung des
Schlosses, besonders der des Thronsaales, lag offenbar ein machtpolitisches
Konzept zugrunde. Das Programm der Schlachtenbilderserie wurde von dem Conde
Duque de Olivares, unter Mithilfe des Zeichenlehrers des Königs, Juan
Bautista Maino, entworfen. Olivares bestimmte die Auswahl der dargestellten
Schlachten, Maino und Velázquez die zu beauftragenden Künstler.(Abb.
Luna Nr. 1-11)
Die zwölf Bilder sind nicht
nur eine Verherrlichung der spanischen Waffentaten, sondern auch eine
Feldherrengalerie. In manchem dominiert der General mit seinem Stab die
Darstellung derart,
daß
das Bild eher als Feldherrenportrait denn als Schlachtenstück erscheint.
Das topographisch-taktische Element ist in den Hintergrund gedrängt. Das
Hauptinteresse des Publikums galt sicher den Generälen, die ja einem Teil
der Betrachter persönlich bekannt waren.
Die
Begegnung König Ferdinands von Böhmen und Ungarn mit dem
Kardinal-Infanten Ferdinand vor der Schlacht bei Nördlingen (Abb. 1), von
Peter Paul Rubens ist das einzige mir bekannte Beispiel der kampflosen
Schlachtendarstellung. Gezeigt wird eine Szene vor Beginn der Schlacht, durch
Siegeskränze, die der Adler den beiden Cousins überbringt, wird aber
bereits auf den bevorstehenden Sieg angespielt. Die Begegnung bei
Nördlingen stammt von der Willkommenswand des Pompa Introitus des
Kardinalinfanten in Antwerpen [3]. Der Sieg von Nördlingen war
eines der Hauptthemen für den Einzug des Infanten als neuer Statthalter.
Wie stark die Aufträge von Schlachtenbilderserien von politischen
Überlegungen bestimmt sind, kann man an Peter Paul
Rubens'
Heinrichsserie [4] zeigen. Rubens sollte die Heinrichsgalerie als
Gegenstück zur Medicigalerie im Palais du Luxembourg ausschmücken,
veränderte politische Rahmenbedingungen verhinderten jedoch die
Fertigstellung dieser Serie.
Von der
glorifizierenden Schlachtendarstellung existiert eine besondere Ausformung im
Typus des ideal-illustrierenden Schlachtengemäldes. Hier dient das
Gemälde zur Illustration einer literarischen Vorlage. Die geschilderten
kriegerischen Ereignisse haben ihren Ursprung entweder in der Bibel oder in
antiken Texten. Nach den Forderungen der Modus-Lehre, wie sie aus der antiken
Musiktheorie und Poetik gewonnen wurde, verlangte die Darstellung eines solchen
mit
großem
Anspruch versehenen Themas eine
großfigurige
Darstellung. Peter Paul Rubens malte eine Reihe von Bildern, die diesen
Kriterien entsprechen, beispielhaft angeführt seien die "Amazonenschlacht"
und "Die Niederlage Sanheribs", beide in der Alten Pinakothek,
München.
Neben der glorifizierenden
Schlachtendarstellung tritt das historische Ereignisbild noch in zwei weiteren
Ausformungen auf: in der Form der topographisch-analytischen Darstellung und im
narrativen Schlachtenbild. Die topographisch-analytische Schlachtenmalerei
wandte sich an ein ganz anderes Publikum, als die glorifizierende
Schlachtendarstellung. Ihr Zielpublikum war der Fachkreis von
Militärs. [5] Um die Problemstellung der analytischen
Schlachtenmalerei erfassen zu können,
muß
man sich
bewußt
sein,
daß
die Aufgabe des Künstlers in der Darstellung der Schlacht als einmaligem
historischen Ereignis besteht. [6] Diese Aufgabe, das einzigartige
historische Geschehen zu schildern, forderte eine ganz andere Problemlösung
als die Darstellung des Krieges an sich im genre militaire. Die
analytisch beschreibenden Bilder gaben eine mehr oder weniger unverfälschte
Wiedergabe der historischen Schlacht und stellen daher das bildliche
Gegenstück zu den gedruckten Schlachtenrelationen dar. Wie bei diesen
schriftlichen Quellen lag der propagandistische Effekt nicht so sehr in der
Beschönigung oder Verfälschung historischer Tatsachen, sondern in der
Auswahl der darzustellenden Ereignisse. Gleiches gilt auch für Serien von
Schlachtensiegen, wie z.B. die Piccolomini-Serie im Wiener Kunsthistorischen
Museum von Pieter Snayers. Zwar konnte die einzelnen Gemälde in der
Darstellung der taktischen Situationen durchaus objektiv zu sein, die
Gesamtschau der Serie verfälschte das Bild doch hin zur Glorifizierung,
denn Schlachtendarstellungen dienten nahezu immer der Verherrlichung des
Siegers.
Die Form der analytisch-beschreibenden
Schlachtenschilderung wurde gerne von Feldherren gewählt. Diese hohen
Militärs verlangten vom Maler ein Dokument ihrer militärischen
Glanzleistungen. Daher
mußte
die Darstellung der historischen Ereignisse den Anforderungen eines Fachmannes
genügen. So ergab sich die Notwendigkeit einer genauen Schilderung der
militärischen Situation. Der militärisch Interessierte wollte jedoch
das kriegerische Ereignis in seiner Gesamtheit überblicken, nicht nur einen
Ausschnitt. Diese Forderung nach einer Gesamtschau der taktischen Vorkommnisse
führte zu einem Aufklappen der gemalten Landschaft bis zur Annäherung
an die Landkarte. Bei der genauen Darstellung der historischen Ereignisse war
der Maler, der die Schlacht Jahre, wenn nicht Jahrzehnte danach malen
mußte,
wie man leicht verstehen kann, überfordert. Um den Anforderungen seines
Auftraggebers dennoch gerecht zu werden, stützte sich der Maler häufig
auf Schlachtenberichte, die schon erwähnten Relationen und Stiche, die von
Militäringenieuren angefertigt worden waren. So bediente sich Pieter
Snayers, als er 1644 für Octavio Piccolomini "Die Belagerung der Stadt
Einbeck" (Wien, Kunsthistorisches Museum) malte, die Piccolomini mit Erzherzog
Leopold Wilhelm im Oktober 1641 belagert hatte, eines Stiches des kaiserlichen
Militäringenieurs Carlo Cappi. [7] Das gleiche tat er bei der
für dieselbe Serie gemalten "Einkreisung der Stadt Neunburg vorm Walde"
(Wien, Kunsthistorisches Museum). Diese Militärstiche wurden zu einem
großen
Teil in das "Theatrum Europaeum" aufgenommen. Das Auftreten von Reiterportraits
in solchen taktisch exakten Schlachtenbildern beweist,
daß
bei diesen analytisch-beschreibenden Bildern nicht ganz auf Anklänge aus
den glorifizierenden Bildern verzichtet wurde. Im Unterschied zur
glorifizierenden Schlachtenmalerei nehmen diese Reiterportraits aber nicht das
ganze Bild ein, die Schlacht bleibt dominierend. Die Anhöhen im Vordergrund
ermöglichen jedoch nicht nur die Darstellung des glorifizierten Feldherrn.
Die Notwendigkeit den Übergang vom Vordergrund zum aufgeklappten
Hintergrund zu verschleiern, nutzten die Künstler um weitere Szenen des
Kriegsalltags einzufügen. Schließlich war die Darstellung sich
bewegender Truppenkörper kaum dazu angetan die Gefühle des Betrachters
zu bewegen. In den Genreszenen im Vordergrund aber bot sich die Gelegenheit, die
Unordnung und die Zerstörung, die der Krieg mit sich brachte, sowie das
alltägliche Leben der Soldaten darzustellen und so dem militärischen
Laien einen Zugang zum Bild zu eröffnen. Diese Betonung der
großfigurigen
Komposition findet sich verstärkt im narrativen
Schlachtenbild.
Pieter Snayers war gleichsam der
Schlachtenmaler des Hauses Habsburg und malte die Siege der kaiserlichen und
spanischen Armeen, ohne je einer Schlacht beigewohnt zu haben. Seine
analytisch-topographischen Schlachtenbilder zeigen in einer hochhorizontigen
Landschaft die militärischen Formationen aus der Vogelschau. Ausgezeichnet
wird die Darstellung durch die Genauigkeit, mit der die taktischen Bewegungen
der einzelnen Truppengattungen, der Pikeniere, Musketiere und Reiterei,
aufgezeichnet werden. Die Bilder sind in drei Zonen unterteilt. Im Vordergrund
befinden sich meist Genrefiguren und der kommandierende Feldherr. Im Zentrum des
Bildes findet sich die Aufzeichnung der taktischen Manöver der einzelnen
militärischen Abteilungen, und im letzten Drittel des Bildes geht die
Landschaft in bläulichen Streifen in den ruhigen Himmel über. Die
zuvor beschriebene Dreiteilung der Bilder behielt Pieter Snayers in praktisch
allen seinen Schlachtenbildern bei. Stark variiert bei ihm die
Größe
der Vordergrundgruppen. Ihre
Größe
hängt vom
Ausmaß
der darzustellenden Schlachtensituation ab. Die Variationsmöglichkeit
reicht von einer ganz kleinen Gruppe - wie in der "Niederlage bei Grancourt"
(Wien, Kunsthistorisches Museum) - bis zur "Affaire von München" (Wien,
Kunsthistorisches Museum), wo die Vordergrundfiguren mehr als ein Drittel des
Bildes einnehmen. Hier stellt die Vordergrundszene im Unterschied zu anderen
Bildern auch inhaltlich die wichtigste Begebenheit dar. Auch machte er von der
Vogelperspektive in den einzelnen Bildern sehr unterschiedlich Gebrauch. Er
reicht von sehr nahsichtigen Darstellungen bis zur extremen Aufsicht, so im
Gemälde "Entsatz von St. Omer" (Wien, Kunsthistorisches Museum), bei dem
der Mittelteil fast als Landkarte erscheint. Generell kann man sagen,
daß
die Vordergrundszene um so kleiner ist, je mehr Raum die Schilderung der
Hauptszene in der Mitte bedarf, und daß diese Szene in der Mitte sich um
so weiter der Landkarte annähert, je
größer
das Gebiet war, auf dem die Schacht stattfand. In seinen Vordergrundgruppen
stellt Pieter Snayers fast alle Aspekte des militärischen Lebens seiner
Zeit dar. Dort hat der Soldat, der sich den wundgelaufenen
Fuß
verbindet, genauso seinen Platz wie der siegreiche Feldherr. Man findet dort die
Marketenderinnen genauso wie raufende Soldaten - kurz alle Figuren des genre
militaire. Den Reiz dieser Szenen machen die genau beobachteten Details aus.
Neben Schilderungen des Lagerlebens mit Schankzelten kann man in diesen Szenen
aber auch das Grauen des Krieges sehen, den Tod auf dem Schlachtfeld. Hier wird
in wenigen Figuren die ganze Tragik der Niederlage aufgezeigt. Auf dem Bild der
Schlacht am
Weißen
Berg (Abb. 2), das sich heute in
Schleißheim
bei München befindet, scheint Snayers mehrere Momente der Schlacht
gleichzeitig dargestellt zu haben. Im Vordergrund marschieren die ligistische
und die kaiserliche Armee, begleitet von drei Mönchen, auf. Im Mittelgrund
prallen die Gegner aufeinander, und im Hintergrund sind die Böhmen schon in
voller Flucht begriffen. Diese Vereinigung mehrerer aufeinander folgender
Ereignisse in einem Bild, findet man bei den analytisch-topographischen
Schlachtenbildern immer wieder. Anhand der in der Harrachschen Galerie in Rohrau
befindlichen Bucquoy-Serie läßt sich auch die Teilnahme von Malern an
Feldzügen im Zusammenhang der Schlachtenbilder problematisieren. Statt auf
eine Darstellung aus der eigenen Anschauung hinzuweisen, lassen z.B.
Stadtansichten in den Bildern eher die Verwendung karthographischer Stiche
vermuten. Ein Beleg für hierfür findet sich in
Snayers'
Darstellung der "Belagerung der Stadt Horn" (Rohrau, Harrachsche Galerie):
Zeitgenössischer Stiche beweisen,
daß
es sich bei der dargestellten Stadt nicht um Horn handeln kann. Snayers
muß
also, als er das Bild mit der Aufschrift "Horn in Austriche" malte, diese Stadt
mit einer anderen verwechselt haben.
Unter dem
narrativen Schlachtenbild möchte ich ein Schlachtengemälde verstehen,
daß
zwar eine reale historische Situation zum
Anlaß
hat, aber im Gegensatz zur topographisch-analytischen Darstellung kein genaues
Bild des militärischen Geschehens bietet. Der Betrachter kann die genaue
taktische Situation der Schlacht nicht im Bild erkennen. Da für den
Künstler das militärische Geschehen hier nur von untergeordnetem
Interesse war, konnte er auf den hohen Horizont des topographisch-analytischen
Schlachtenbildes verzichten. Im Unterschied zur glorifizierenden
Schlachtendarstellung wird im narrativen Schlachtenbild die Person des Feldherrn
nicht besonders hervorgehoben. Es wird jedoch eine konkrete Geschichte
erzählt, die ihren Ursprung in der Historie hat, und nicht nur das
allgemeine Erscheinungsbild des Kampfes geschildert. Aus der Verwandtschaft des
narrativen Schlachtenbildes - sowohl mit der glorifizierenden
Schlachtendarstellung als auch mit dem dekorativen Schlachtenbild - ergeben sich
auch die beiden Ausformungen dieses Typus. Die eine näherte sich dem
glorifizierenden Schlachtenbild, betonte aber die Person des Feldherrn nicht,
die andere folgte stilistisch der dekorativen Schlachtendarstellung, bezog sich
aber auf konkrete Ereignisse, im Unterschied zu dem eher am Allgemeinen und an
rein künstlerischen Fragen orientierten, dekorativen
Schlachtenbild.
Ein Beispiel für die
narrative Schlachtendarstellung ist Jan Asselyns Gemälde
"Der Tod
Gustav Adolfs in der Schlacht bei
Lützen".
Hier bettete der Maler die im wesentlichen authentische Szene auf dem linken
Flügel den Tod des Feldherren in ein barockes Reitergetümmel, wie man
es genauso in zahlreichen ornamentalen, ganz ahistorischen Schlachtenbildern
finden kann. Der Tod Gustav Adolfs war eines der Hauptthemen des narrativen
Schlachtenbildes. So gibt es von diesen Ereignis nicht nur zwei Bilder von Jan
Asselyn (Braunschweig, Herzog Anton Ulrich Museum und Kopenhagen, Statens Museum
for Kunst), sondern auch Gemälde von Jan Maertsen de Jonge (Braunschweig,
Herzog Anton Ulrich Museum) und Pieter
Meulener.
In den nördlichen Niederlanden hat
sich ein besonderer Typus von narrativen Schlachtenbildern entwickelt. Bei zwei
niederländischen Künstlern, Pieter de Neyn und Hendrick de Meijer,
lassen sich Schlachtenbilder finden, die stark an die holländische
Tradition der Landschaftsmalerei
anschließen.
Das historische Ereignis wird weitgehend auf die topographisch-landschaftliche
Situation seines historischen Ortes reduziert. Die Darstellung folgt aber nicht
dem analytisch-topographischen Typus, der die Landschaft der Landkarte
annähert, sondern behält den tiefen Horizont der niederländischen
Landschaftsdarstellung bei. Am radikalsten folgt Pieter de Neyn, ein
Schüler Esaias van de Veldes diesem Konzept: in seiner Darstellung der
Belagerung von 's-Herzogenbosch
sind die Geschützbatterien auf die Schanzkörbe auf einer Düne
reduziert. In Hendrick de Meijers Belagerung von Hulst (Amsterdam, Rijksmuseum)
dagegen dominiert das Lager der Belagerer und man sieht kaum Truppenbewegungen.
Im Unterschied zum Genrebild beschränkt er die Darstellung nicht auf
Genrefiguren, sondern konkretisiert sie durch die Silhouette der belagerten
Stadt.
Der wohl bedeutendste Schlachtenmaler des
narrativen und dekorativen Typus ist wohl der italianisierte Franzose Jacques
Courtois. [8] Für den Prinzen Matthias de Medici malte Courtois
eine Serie von
großen
Schlachtenbildern, die Episoden aus dem Krieg von Castro darstellen. [9]
Von seinen rein dekorativen Schlachtenbildern unterscheiden sich seine
narrativen Schlachtengemälde vor allem durch ihre
Größe.
In diesen Bildern entwickelt sich eine nicht nach militärischen
Gesichtspunkten analysierbare Reiterschlacht aus kleinen Figuren. Da der Maler
große Flächen zu füllen hatte, fällt es ihm in diesen
Bildern schwer, dramatische Schwerpunkte zu setzen. Seine narrativen Bilder
haben daher nicht dieselbe malerische Intensität wie seine dekorativen
Bilder.
Die Kunsttheorie gibt uns leider wenig
Hinweise auf die Ausformung des historischen Ereignisbildes, ganz anders liegt
die Quellenlage beim militärischen Genre. Für die sogenannte
dekorative Schlachtendarstellung finden sich in der Kunstliteratur mehrere
Hinweise. So beschäftigte sich Leonardo da Vinci in seinem Traktat
über die Malerei mit diesem Problem. Einige der Aussagen Leonardos sind
für die Praxis der dekorativen Schlachtendarstellung von
großer
Bedeutung, ist doch die Darstellung von Bewegung eines der Hauptanliegen der
Schlachtenmaler. Dieses Interesse an der Darstellung von Bewegung hat Leonardo
auch in seiner Anghiarischlacht bekundet. Wie man sich allerdings die Umsetzung
der theoretischen Ratschläge für die Schlachtenmalerei, die er in
seinemWerk "Trattato della pittura" (Traktat über die Malerei) " im Kapitel
"Come si debbe figurar una bataglia" [10] (Wie man eine Schlacht
darstellen soll) gibt, vorstellen soll, wissen wir nicht, da sich kein
Schlachtenbild Leonardos erhalten hat. In seinen Schriften beschäftigt er
sich vor allem mit atmosphärischen Fragen, mit der Darstellung des Dampfes
und des Staubes, des Lichtes und der Luft: "Vor allen Dingen machst du den Rauch
der Geschütze, der sich in der Luft mit dem Staub vermischt, den die Pferde
der Kämpfenden aufwirbeln. Diese Mischung pflegst du
folgendermaßen
zu machen. Der Rauch, der sich mit der staubigen Luft mengt, sieht, wenn er sich
zu einer gewissen Höhe erhebt, wie dunkle Wölkchen aus, und man sieht
also hier oben deutlicher den Dampf als den Staub. Auf der Seite, von der das
Licht einfällt, wird dies Gemisch von Luft, Rauch und Staub weit heller
aussehen als auf der anderen Seite. Die Kämpfer werden um so weniger
sichtbar sein und desto weniger Unterschied zwischen ihren Lichtern und Schatten
zeigen, je tiefer sie in jener Trübung drinnen
stecken."
Wenn
man die Anweisungen Leonardos liest, denkt man unwillkürlich an Bilder des
Jacques Courtois, gen. Il Borgognone, in denen das Hauptaugenmerk auf der
Darstellung der Bewegung und der Wiedergabe der Lichteffekte durch Staub und
Pulverdampf liegt. Hier erkennt man deutlich,
daß
Leonardo da Vinci die theoretischen Grundlagen für die dekorative
Schlachtenmalerei geschaffen hat, die im 17. Jahrhundert ihre Blüte erleben
wird. Dieser Eindruck ist leicht durch einige weitere Zitate zu belegen:
"Machst du
Pferde, die
außerhalb
des Gewühls rennen, so mache kleine Staubwölkchen hinter ihnen her,
eins vom anderen immer so weit entfernt, als ein Pferdesprung beträgt, das
Wölkchen, das von besagtem Pferd am weitesten weg ist sei am wenigsten
sichtbar, im Gegenteil, es sei schon hoch, zerstreut und dünn, das
nächste hingegen sei am sichtbarsten, kleinsten und
dichtesten". [10]
Der zweite wichtige Kunsttheoretiker des 16. Jahrhunderts, der etwas
Einfluß
auf die Schlachtenmalerei gehabt hat, ist Lodovico Dolce. In seinem "Dialogo
della pittura" [11] (Gespräch über die Malerei)
beschäftigt er sich mit der Gestaltung antiker und moderner Schlachten.
Lodovico Dolce fordert für die Darstellung antiker Themen antike
Rüstungen und für moderne Schlachten moderne Kleidung und
Ausrüstung:
"Man
muß
darin immer auf die Art der Personen Rücksicht nehmen, nicht weniger auf
die Nationen, die Kleidung, die Plätze und auf die Zeit, in solch einer
Weise,
daß,
wenn man eine Kriegstat von Cäsar oder Alexander dem
Großen
malt, dann geht es nicht an,
daß
man diese Waffen und Soldaten in der heutigen Kleidung malt, und man
muß
die makedonischen Rüstungen anders machen und anders die römischen,
und wenn man mit der Darstellung einer modernen Schlacht beauftragt wird, so
soll man das suchen, was sie von einer antiken trennt. Wenn man so Cäsar
darstellen wollte, so ist es lächerlich, wenn man auf seinen Kopf einen
türkischen Turban, oder eines unserer Barette oder sogar eines im
venezianischen
Stil."
Diese Forderung Dolces wurde in der Folge nur teilweise befolgt. Manche Maler
stellten die Personen in ihren biblischen und antiken Schlachten in
zeitgenössischen Uniformen dar; man aktualisierte so antikes Geschehen. Bei
der Darstellung zeitgenössischer Scharmützel wurde jedoch in der Regel
moderne Ausrüstung verwendet. Das kann auch als grober Datierungshinweis
herangezogen werden. Auch bei den Malern, die Dolces Vorschlag folgten, wurde
kaum zwischen biblischen und antiken Szenen unterschieden. Biblische Szenen
werden ebenfalls in antikem Gewand dargestellt. Auch der wichtige
Kunsttheoretiker des 16. Jahrhunderts, Giovanni Paolo Lomazzo, beschäftigte
sich in seinem "Trattato dell'Arte della Pittura Scultura e
Architettura" [12] (Abhandlung über die Kunst der Malerei, Skulptur
und Architektur) mit der Schlachtenmalerei. Sein 29. Kapitel widmete er den
"Composizioni delle guerre e battaglie" (Kompositionen von Krieg und
Schlachten). Wie Dolce beschäftigte sich Lomazzo auch mit der richtigen
Kleidung für das Schlachtenbild
"Die dritte
Überlegung gilt der Kleidung und Uniformen der Soldaten. Insoweit als die
Türken lange Roben verwenden, die bis zu den
Füßen
reichen und Turbane auf dem Kopf, die Italiener und Spanier verwenden kurze
Roben, und die anderen Nationen verwenden verschiedene andere Formen von
Kleidung."
Besonderes Augenmerk richtete Lomazzo auf die Bewaffnung:
"Die vierte
Vorbemerkung ist über die Waffen, die die Nationen benutzen, weil der
Türke verwendet den Bogen, Pfeile, Köcher, lange Gewehre, das
Krummschwert und die kurze Lanze; die Italiener verwenden Armbrüste, kurze
Gewehre, lange Schwerter, Piken und Stangenwaffen, die gleich lang sind, und in
dieser Weise darf sich auf keinen Fall der Maler irren, weil die
Unvorsichtigkeit bemerkt würde. Man malt in gleicher Art die
Verteidigungswaffen in der Form, in der sie verwendet werden, und nicht
anders."
Auch hier wurde das Augenmerk auf eine realistische Darstellung der Bewaffnung
und Ausrüstung gelegt.
Bei der dekorativen
Schlachtendarstellung handelt es sich um das militärische Genrebild. Diese
Schlachtenbilder waren vor allem für Kenner bestimmt, die sich an ihnen
erfreuen wollten. Obwohl in ganz verschiedener Betonung durchaus
zeitgenössische, realistische Einzelheiten der Uniformierung und der
Bewaffnung verwendet wurden, war dies nicht wesentlich. Vielmehr boten sie dem
Künstler in der am häufigsten vorkommenden Ausformung, dem
Bewegungsbild, vor allem Gelegenheit, Bewegung und Affekte darzustellen. Die
Maler interessierten taktische, historische Einzelheiten kaum, wichtiger war
ihnen das Aufeinanderprallen schwer gepanzerter Reiter, der schonungslose
Nahkampf mit Degen und Pistole und das Aufbäumen der Pferde. Das Vorbild
für alle diese Bilder kann man in Leonardo da Vinci´s Anghiarischlacht
finden. Hier gibt es ein wildes Gewühl von Pferden, Waffen, Armen und
haßverzerrten
Gesichtern. Diese Bewegungsbilder boten dem Maler die Möglichkeit, seine
virtuose Beherrschung der künstlerischen Mittel, von Farbe und Linie zu
zeigen. Das oft nicht mehr zu entwirrende Knäuel von Kämpfern erlaubte
ihm das Arrangement nach rein ästhetischen Gesichtspunkten. Diese Form des
Genreschlachtenbildes, die Darstellung der Bewegungsschlacht, ging als
"battaglia eroica" oft eine enge Beziehung mit antikisierender oder biblischer
Schlachtenmalerei ein.
Die zweite Ausformung des
Genrebildes ist das anekdotische Bild, in dem eine Geschichte erzählt wird.
Diese kann die Plünderung eines Dorfes, der Überfall auf eine
Postkutsche oder eine Lagerszene sein.
Eine
besondere Blüte erlebte das dekorative Schlachtenbild in der Barockzeit in
den Niederlanden und in Italien. Von diesen Zentren aus wurden die
mitteleuropäischen Sammlungen mit Bildern versorgt. Die Ausformung der
dekorativen Schlachtendarstellung in enger Beziehung mit der antikisierenden
oder biblischen Schlachtenmalerei bringt eine Reihe von künstlerischen
Problemen mit sich. Nach der Kunsttheorie, der Modus-Lehre, wie sie aus der
antiken Musiktheorie und Poetik gewonnen wurde, verlangt das antike oder
biblische Thema eine ideale,
großfigurige
Darstellung, die jedoch den Intentionen der dekorativen Schlacht, die meist von
einer Unzahl kleiner Figuren bevölkert ist, nicht entspricht. Dieses
Dilemma trifft besonders Aniello Falcone und die ihm folgenden Schlachtenmaler,
wie Salvator Rosa, die die idealisierenden Elemente mit den dekorativen zu
vereinigen suchten. Heute erscheint die antike Verbrämung häufig als
Nebensache, als Selbstrechtfertigung, um den Forderungen nach der
höherrangigen, zuvor angesprochenen Verbindung des Bildungskunstwerks zu
entsprechen. Die Bedeutung Aniello Falcones für die Entwicklung des
Schlachtenbildes in Italien kann kaum überschätzt werden. [13]
Von ihm ging die Neapolitaner Malerschule aus, der letzten Endes auch Salvator
Rosa entstammte. Sie bildete eine Art Gegenstück zur römischen
Bamboccianti-Malerei. Falcone ist daher auch einer der Hauptmeister der
Genremalerei und der ideal-literarischen Schlachtendarstellung. Sein Interesse
lag nicht so sehr bei der Darstellung theatralischer Aspekte antiker oder
biblischer Szenen, sondern gilt vielmehr der Bewegung, Licht und Farben. Hierin
folgt er - trotz der literarischen Themen seiner Bilder - ganz den Vorstellungen
der dekorativen Schlachtenmalerei. Aniello Falcones Hauptschüler und
Nachfolger in Neapel wurde Andrea de Lione. [14] Ebenfalls aus der
Werkstatt Aniello Falcones ging Domenico Gargiulo [15], genannt Micco
Spadaro, hervor. Seine Spezialität wurden Schlachten und bedeutsame
Ereignisse, wie die "Bittprozession beim Ausbruch des Vesuvs 1631" (Neapel,
Museo Nazionale di Napoli) oder der "Aufstand des Masaniello (Neapel, Museo
Nazionale di Napoli). Hier handelt es sich jedoch narrative Bilder, die die
Nähe dieser Gruppe von Gemälden zu der dekorativ-ornamentalen
Darstellung gut veranschaulichen. Ebenso bei Falcone in der kleinfigurigen
Genre-Malerei geschult, jedoch mit einem besonderen Sinn für malerische
Werte ausgestattet, vermochte Salvator Rosa dem Schlachtenbild farbige Reize
abzugewinnen, die sich bei Aniello Falcone nicht finden. [16] Rosa malt
die flutenden Massen des Kampfgetümmels unter der Wirkung
atmosphärischer Erscheinungen wie Licht, Luft und Staub. Als
Landschaftsmaler ausgebildet, schenkte er der Landschaft die gleiche Beachtung
wie der Handlung und erreichte in der Vereinigung von Natur und
militärischer Aktion Lösungen von
großer
Überzeugungskraft. Salvator Rosa vermied in seinen Darstellungen die
modernen Feuerwaffen und beschränkte sich auf Schwerter und Lanzen. Seine
Figuren steckte er in Rüstungen und Kostüme antiken und orientalischen
Ursprungs, um so dem Anspruch der idealen Schlachtendarstellung gerecht zu
werden und seinen literarischen Vorlagen zu
entsprechen.
Für die Entwicklung des
dekorativen Schlachtenbildes in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in
Europa ist eine Reihe von italienischen Künstlern von
großer
Bedeutung. Mit dem Andauern des
großen
Krieges in Europa und dem Übergreifen des
Dreißigjährigen
Krieges auf Oberitalien wurde der Bildtypus des Schlachtenbildes hier immer
beliebter. Vor allem Salvator Rosa und Jacques Courtois waren für die
Popularität der Schlachtenmalerei in Italien verantwortlich. In Neapel kam
es mit Francesco Graziani, genannt Ciccio Napolitano, Filippo di Ligano
(Angeli), genannt Filippo Napoletano, und Pietro Graziani zu einer besonderen
Blüte der ornamentalen Schlachtenmalerei. In Rom wurde die
Schlachtenmalerei zum besonderen Anliegen der Bamboccianti [17] und hier
besonders von Michelangelo Cerquozzi, Pieter van Laer, Jan Miel, Thomas Wyck,
Corneille de Wael, Guillaume Courtois, genannt Guillermo Borgognon und des schon
zuvor erwähnten Jacques Courtois. Callots Darstellungen des Soldatenlebens
mit all seinen Grauen und Schrecklichkeiten faszinierten Maler von Filippo
Napolitano über Pieter van Laer bis Michelangelo Cerquozzi. Im Unterschied
zu den mehr beschreibenden Bildern der flämischen Künstler in der
Nachfolge des Sebastiaen Vrancx interessierte diese italienischen oder
italianisierten Künstler mehr das Spiel des Lichtes und der Farben auf den
wildbewegten Pferden und Menschenkörpern sowie die malerischen Wirkungen,
die sich durch die Darstellung des Pulverrauches und des aufgewirbelten Staubes
erzielen lasssen. Für Jacques Courtois spielte die Forderung der antiken
Rhetorik nach einer dem heroischen Stoff angemessenen
großfigurigen
Darstellung in antikisierendem Kostüm keine Rolle. Er malte die Massen des
Kampfgetümmels unter der Wirkung atmosphärischer Erscheinungen wie
Licht, Luft und Staub. Ihn interessierten die Reflexe des Lichtes auf den sich
schnell bewegenden Körpern der Reiter und Pferde, die malerischen Effekte,
die sich durch die Darstellung des Pulverdampfes und der Feuerblitze der
abgeschossenen Pistolen erzielen lassen. Das Gefühl der Dynamik, der
Unordnung des Schlachtfeldes erhöhte Courtois noch durch seinen
kräftigen Pinselstrich. Durch seine Tenebroso-Malerei unterstützte er
die Wirkung des Kampfes. Die sich auf dem Boden wälzenden Pferde, die
Knäuel der Kämpfer werden durch die starken Hell-Dunkel-Wirkungen noch
weiter fragmentiert und der Eindruck des Tumultes eines Gefechtes
verstärkt. Der Kampf wird zum Vorwand genommen, um eine faszinierende
Komposition von Licht und Schatten, Farbe und Form zu gestalten. (Abb.
3)
Pieter van Laer beschäftigte sich vor
allem mit
Straßenszenen,
aber einige dramatische Bilder von seiner Hand gehören in den Bereich des
genre militaire. Seine Bilder
beeinflußten
Michelangelo Cerquozzi, mit dem das dekorative Schlachtenbild seinen festen
Platz in der römischen Genremalerei findet, entscheidend. Van Laer
übte jedoch nicht nur auf Cerquozzi einen entscheidenden
Einfluß
aus, er hat auch für eine Reihe weiterer Schlachtenmaler eine nicht zu
unterschätzende Bedeutung. Michelangelo Cerquozzi bekam wegen seiner
besonderen Spezialität, der Schlachtenmalerei, den Spitznamen "Michelangelo
delle battagie." Das Bild "Aufstand des Masaniello" aus der Galleria Spada in
Rom, markiert den Beginn seiner Zusammenarbeit mit Viviano
Codazzi.
Als Spezialisten des genre
militaire arbeiten in den südlichen Niederlanden in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts unter anderen Sebastiaen Vrancx, Pieter Snayers
und Pieter Meulener. [18] Als Begründer des flämischen
Militärgenres
muß
man zweifelsohne Sebastiaen Vrancx nennen. Seine Spezialität war die
Darstellung des Reiterkampfes, des Überfalls auf einen Konvoi oder die
Plünderung eines Dorfes. Von Flandern ausgehend, verbreiteten sich diese
Themen nicht nur in den südlichen Niederlanden, sondern auch in Holland,
Italien und Deutschland. Die Themen des Militärlebens werden von den
Meistern dieses Genres immer wieder in unzähligen Variationen aufgenommen.
Bei Vrancx finden sich nie geschlossene, kompakte militärische Formationen.
Charakteristisch für seinen Stil ist die
gleichmäßige
Verteilung von gleich
großen
Figuren über die Bildfläche. Die Personen in den Bildern Vrancxs
folgen dem flämischen Figurenideal der etwas untersetzten Körper. Die
Gesichter sind wenig individualisiert und drücken vor allem die
Brutalität und Angst der Kämpfer aus. Besonderes Augenmerk richtet
Vrancx auf die Gestaltung des Kostüms und der Bewaffnung seiner Figuren,
die ganz der zeitgenössischen Kampftechnik folgen. Vrancx bietet dem
Beschauer keine
großen
Bewegungen im Bild, sondern löst das Bild in anekdotische Einzelszenen auf,
die in ihrer Gesamtheit das Ereignis darstellen. Um das in diese Unzahl von
Einzelszenen aufgegliederte Gemälde nicht zerfallen zu lassen, wird das
Bild meist zu beiden Seiten von Baumgruppen gerahmt. Sebastiaen Vrancx arbeitete
auch mit Jan I. Brueghel zusammen. Bei dieser Zusammenarbeit war Brueghel
für die Landschaft, Sebastiaen Vrancx für die Figuren verantwortlich.
Vrancxs Stil wird durch seinen Schüler Pieter Snayers übernommen und
weiterentwickelt. Snayers ist nicht nur einer der Hauptmeister des
analytisch-topographischen Schlachtenbildes, er folgte seinem Lehrer Sebastiaen
Vrancx auch im Militärgenre. In dieser Gattung des Schlachtenbildes setzte
Pieter Snayers die Arbeit seines Lehrers in extremer Konsequenz fort. Er
übernahm den Kompositionstyp, bereichert ihn aber gelegentlich und
klärt die Erzählung. Die Episoden der Plünderungen und Massaker
werden bei Snayers viel brutaler dargestellt als bei seinem Lehrer. Das Bild
eines Schlachtfeldes, das sich im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet,
zeigt in den Toten und Verwundeten die Tragik und den Schrecken des Krieges.
Snayers Tätigkeit als Maler von Genrebildern spiegelt sich auch in den
Vordergundfiguren der
großen
analytischen Schlachtenbilder wieder. In seinen Reitergefechten hat sich im
Vergleich mit den Bildern seines Lehrers der Horizont gesenkt. Die Reiter
kämpfen zwar noch immer in kleinen Gruppen wie bei Vrancx, sind aber nicht
gleichmäßig
über die Bildfläche verstreut, sondern bilden dramatische
Schwerpunkte, in denen sich die Dynamik des Kampfes
abspielt.
Aber nicht nur die südlichen
Niederlande bildeten einen fruchtbaren Boden für das genre
militäre, auch in den protestantischen Vereinigten Provinzen arbeiteten
Künstler wie Esaias van de Velde, Jan van der Stoffe, Jan Maertsen de
Jonge, Palmedes Palamedesz., Dirck Stoop, Marten Stoop, Pieter Post, Joost
Cornelisz. Droochsloot und Philips Wouwerman an Bildern des dekorativen
Reiterkampfes.
Eine wesentliche Auseinandersetzung
mit dem Thema Krieg und Schlacht findet nicht nur in der Malerei des 17.
Jahrhunderts, sondern auch in der Graphik statt. Jacques Callots Stiche des
Soldatenlebens übten einen ungeheuren
Einfluß
aus. (Abb. 4) Besonders ist der 1633 geschaffene Zyklus von 18 Radierungen, den
"Grandes Miséres de la Guerre" zu nennen. Eine intensive
Auseinandersetzung mit dem Werk Callots findet in Deutschland in den Arbeiten
Hans Ulrich Francks und dessen direkten Kopisten Melchior Küsel statt. Hier
ist Callots
Einfluß
weniger formal - sondern inhaltlich. Zwischen 1643 und 1656 schuf Hans Ulrich
Franck eine 25 Blätter umfassende Folge des genre militaire, in der
das Soldatenleben des
Dreißigjährigen
Krieges geschildert wird. Das erste Blatt stellt bezeichnenderweise das
Kriegsglück dar. Hiermit ist auch schon der Inhalt der Serie beschrieben.
Es geht bei Hans Ulrich Frank, wie bei Callot, um die Darstellung des
Kriegsglücks und nicht um eine Anklage des Krieges an sich. Alle
Interpretationen, die in den Serien Callots oder Franks eine Anklage des Krieges
sehen wollen, gehen an der Wirklichkeit des 17. Jahrhunderts vorbei. Wie in
Grimmelshausens piccaresken Roman
"Simplicius
Simplicissimus"
beschleunigt der Krieg nur das Glücksrad. Der Krieg bringt glückliche
Ereignisse wie den geglückten Überfall mit sich und unglückliche
wie des Reiters Ende. Man kann im Unterschied zu Callot, bei dem die Serie mit
der Belohnung der tapferen Soldaten endet, bei Franck eine negativere Sicht der
Ereignisse konstatieren. Seine Serie wird mit dem Ende des Reiters
abgeschlossen. Formal unterscheidet sich das Werk Francks stark von Callots
Radierungen. Findet man bei Callot breitformatige Bilder, die mit einer Vielzahl
kleiner Figuren gefüllt sind, so beschränkt sich Francks Komposition
auf wenige große Figuren.