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Peter Berghaus, Daniel Chodowiecki: Arminius und Flavus an der Weser (Das Kunstwerk des Monats Mai 1980), Münster 1980:


„Der Ruhm des Arminius gründet sich nicht allein auf seinen Sieg des Jahres 9 n.Chr. über die Legionen des Varus in der Schlacht am Teutoburger Wald. Gleichzeitig galt er von jeher als ein Symbol deutscher Treue und Aufrichtigkeit. Man berief sich dabei auf den römischen Schriftsteller Tacitus, der in seinen Annalen, Buch II, Kapitel 9-10, eine Begegnung des Arminius mit seinem in römischem Sold stehenden Bruder Flavus schildert. Das Treffen muß etwas im Jahre 15 n.Chr. an der Weser stattgefunden haben, als Germanicus Feldzüge in Nordwestdeutschland unternahm:

„Zwischen den Römern und den Cheruskern floß der Weserstrom. An seinem Ufer machte Arminius mit den übrigen Häuptlingen halt und nachdem ihm auf sein Befragen die Ankunft des Cäsars bestätigt worden war, bat er um die Erlaubnis, sich mit seinem Bruder unterreden zu dürfen. Dieser stand nämlich im römischen Heere, mit dem Beinamen Flavus (der Blonde). Er war durch seine Treue gegen uns rühmlich bekannt wie auch dadurch, daß er vor einigen Jahren im Kampfe unter dem Kommando des Tiberius ein Auge verloren hatte. Darauf wurde er mit Genehmigung des Feldherrn von Stertinius geleitet und als er dann (allein) ein Stück weitergegangen war, von Arminius begrüßt. Dieser befahl seinem Gefolge, sich zu entfernen, und forderte, daß dies auch die Bogenschützen, die vorn an unserem Ufer aufgestellt waren, täten. Als dies geschehen, fragte er seinen Bruder, woher die Entstellung seines Gesichtes rühre. Als dieser den Ort und die Schlacht nannte, fragte er ihn, was für einen Lohn er dafür empfangen hätte. Flavus erzählte von erhaltenem Gold, einer Halskette, einem Kranz und anderen kriegerischen Auszeichnungen, während Arminius den niedrigen Lohn seiner Knechtschaft verspottete. Darauf begannen sie in verschiedenem Sinne: der eine sprach von der Größe Roms, der Macht des Cäsars, den schweren Strafen für die Besiegten und der Milde gegen den, der sich freiwillig unterwürfe. Auch würden Gattin und Sohn des Bruders keineswegs feindlich behandelt. – Der andere sprach von dem heiligen Rechte des Vaterlandes, der Freiheit, die sie von den Ahnen ererbt, den heimischen Göttern Germaniens und von ihrer Mutter, die seine Bitten unterstützte. Der Bruder solle doch nicht zum Abtrünnigen und Verräter seiner Verwandten und Freunde oder gar seines Volkes werden, anstatt dessen Anführer zu sein. – Allmählich erhitzten sich die Gemüter, und sie wären nicht einmal durch den Strom zwischen ihnen gehindert worden, handgemein zu werden, wenn nicht Stertinius herangesprengt wäre und Flavus, der zornig erregt nach seinem Pferde und Waffen rief, zurückgehalten hätte. Auf dem anderen Ufer sah man Arminius, wie er sich in Drohungen erging und die Schlacht ankündigte. Denn er bediente sich größtenteils der lateinischen Sprache, da er ja einst im römischen Lager als Führer seiner Landsleute Kriegsdienste geleistet hatte.“

[…]

Die Zeichnung Chodowieckis zeigt in ihrem klassizistischen Stil zwei durch die Weser getrennte Kriegergruppen. Jenseits des Flusses steht vor dem Hintergrund einer Hügelkette, vor Bäumen und einem Zeltlager Flavus mit einem Gefolge weiterer römischer Soldaten. Als römischer Offizier gekleidet, stemmt er großspurig die Linke in die Hüfte und hält mit der Rechten die bei Tacitus erwähnte Goldkette empor. Ihm gegenüber, am diesseitigen Ufer, stehen einige Germanen, kenntlich an ihrer Haartracht und den umgeworfenen Bärenfellen. Den Lanzen der Römer setzen sie Streitkeulen entgegen. Hermann der Cherusker ist mit einer gleichermaßen drohenden und beschwörenden Geste in den Fluß vorgetreten und stampft voller Wut mit dem Fuß in das Wasser. Unter die Darstellung hat der Künstler zusätzlich noch einen römischen Offizier gesetzt, der auf der Radierung fehlt. Die Radierung übernimmt den zeichnerischen Vorwurf exakt bis in das kleinste Detail hinein. Hier und da nur werden Einzelheiten wie die Einäugigkeit des Flavus stärker betont, unbedeutende Flächen wie die Wolkenfelder unmerklich verändert.
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