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Auszüge aus der Huldigungspredigt, gehalten in der Domkirche zu Paderborn am 18. October 1815, Paderborn 1815:


„Fürchtet Gott, ehret den König, 1. Petr. 2, 17.

So ist also auch nach dieser denkwürdigen Umkehrung der Dinge das Schicksal unsres theuern Vaterlandes entschieden. Friedrich Wilhelm ist unser König; wir kehren zurück unter einen, durch Sieg und Ruhm verherrlichten Zepter, dem uns die unwiderstehliche Gewalt der allgemeinen Unterjochung auf mehrere Jahre entrissen hatte. Der heutige Tag ist dazu bestimmt, diese Rückkehr öffentlich auszusprechen; ein Fest der Huldigung soll gefeyert werden. Das Wort hat an sich einen sehr bestimmten und einleuchtenden Sinn; aber dennoch wird es sehr verschieden gedeutet; kein Wunder also, wenn auch bey der Feyer selbst der sich eine sich ganz anders benimmt, als der andere. Diesem ist ein Huldigungstag nichts mehr, und nichts weniger, als jeder andere Tag des Jahrs. Denn weil er im strengsten Sinne des Worts für sich allein lebt, und sich um die ganze Welt nicht kümmert, so ist ihm auch das gleichgültig, ob das Ruder des Staats in diese, oder in jene Hand gerathen mag, ob Zepter und Kronen so, oder anders vertheilt werden.

[...]

Ein andrer endlich darf um seines Amts, um seiner äußern Verhältnisse willen nicht zurückbleiben; auch er erscheint einmahl im Tempel Gottes, und hört sogar eine Predigt; aber vorzüglich nur deswegen, um dem Anstande und der Nothwendigkeit zu huldigen. Was ich da vorbringe, soll nichts anders seyn, als was es ist, nähmlich eine ganz allgemeine Bemerkung, die jeder Nachdenkende in der Erfahrung bestättigt finden wird; auf solche Weise, will ich sagen, werden politische Feste überhaupt, und Huldigungsfeste insbesondere von vielen gefeyert. Allein wenn übrigens ein solches Fest, wie das heutige, einen wichtigen Gegenstand hat; wenn es zusammenhängt mit Veränderungen, die auf das Schicksal des Staats einen entscheidenden Einfluß haben, und Aussichten in eine bessere Zeit gewähren: groß ist dann unter einem christlichen Volke auch immer die Zahl derer, die auf eine würdigere Art den festlichen Tag dahin bringen. Das öffentliche Gepränge dient ihnen zum Ausdruck aufrichtiger Empfindungen, oder zur Anregung des stillen und besonnenen Denkens; nicht leer von ernsthaften Betrachtungen, von heilsamen Entschlüssen, von sehnlichen Wünschen und Gebethen bleibt ihr Gemüth; [...]

[...]

Soll ich es einzig oder doch hauptsächlich darauf anlegen, unserm Monarchen eine Lobrede zu halten? Aber wo ist wohl das Lob Friedrich Wilhelms noch unbekannt geblieben? Schon längst ward sein Ruhm auf die mannigfaltigste Weise, besonders von seinen ältern Unterthanen verkündet;...

[...]

Zur Zeit des Unglücks und der Erniedrigung haben sie sein Schicksal, wie das ihrige bedauert; mitempfunden haben sie den Kummer seines Herzens, und mit ungeduldiger Sehnsucht auf die Zeit gewartet, wo es ihnen vergönnt seyn möchte, für Thron und Vaterland das Aeußerste zu wage. Und als nun der erste Strahl der Hoffnung dämmerte; als sie hörten den längst verlangten Aufruf des Königs, der sie an ihr Wort erinnerte: da haben sie ihm das Wort vortrefflich gelöset; haben mit freudigem Muthe sich unter seine Fahnen gedrängt, und, als Theilnehmer am großen Befreyungswerke, Thaten gethan, deren rühmliches Andenken erst dann sterben wird, wenn Europa aufhört, eine Geschichte zu haben.

[...]

... laßt mich reden von dem, was sich darboth, als ich, mit Rücksicht auf Zeit und Ort, den Zuruf des h. Petrus überdachte, fürchtet Gott, ehret den König.

Diese Worte stehen in offenbarer Ubereinstimmung mit dem Ausspruche des Herrn, gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist. Beyde Stellen weisen deutlich darauf hin, daß die Lehre, niemand kann zweyen Herrn dienen, sich hier überhaupt genommen, nicht anwenden lasse; daß Gehorsam gegen Gott und Gehorsam gegen den weltlichen Oberherrn, wenn man beyde wohl versteht, sich recht gut mit einander vertragen; ja, daß sie sogar in einer innigen Verbindung stehen, die nicht auf menschliche Willkühr, sondern auf die Natur der Sache selbst sich gründet. Auch darin bewährt sich nämlich das göttliche Christenthum als die wohlthätigste Anstalt auf Erden, daß es die Verhältnisse heiliget, worin die Mitglieder des Staats gegen einander und gegen ihr rechtmäßiges Oberhaupt stehen; daß es Gottseligkeit und wahren Bürgersinn im untrennbaren Bunde darstellt; daß es uns nicht bloß auffordert, Gott zu ehren, und den Regenten zugleich, sondern auch, das Letztere zu thun um des Erstern willen, dem Könige die gebührende Ehre zu beweisen aus Achtung gegen den König des Himmels und der Erde. Selbst der Apostel, aus dessen Briefe mein Vorspruch genommen ist, drückt diese Verbindung im nähmlichen Kapitel noch deutlicher aus, wenn er spricht: Seyd jeder weltlichen Obrigkeit unterthan um des Herrn willen. Der Zusammenhang berechtigt uns daher unsern Tert also zu nehmen: ehret den König, als solche, die Gott fürchten. Und da ist denn wohl keine Frage wichtiger, als eben die, welche ich zum Hauptgegenstande unsrer heutigen Betrachtung gewählt habe, nämlich:

Wodurch sollen wir als gottesfürchtige Unterthanen den König ehren?

Es sey mir erlaubt, bey der Beantwortung dieser Frage dasjenige hervorzuheben, was mir eben jetzt unsre Aufmerksamkeit und unser Nachdenken besonders zu verdienen scheint. Als gottesfürchtige Unterthanen sollen wir den König ehren

I. durch Gerechtigkeit im Urtheile über seine Regierung;
II. durch Treue im Gehorsam gegen seine Befehle;
III. durch friedliche Vereinigung unter seinem Zepter.

[...]

Nur durch das Daseyn und das Ansehen der Gesetze kann ein Staat bestehen; sie sind das eigentliche Band, wodurch die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft zu einem Ganzen vereiniget, und zusammengehalten werden. Jemehr die Gesetze von ihrem Ansehen verlieren; je willkührlicher sich die Untergebenen dem Willen der Obern widersetzen: desto größere Unordnung und Verwirrung muß nothwendig entstehen. Mit einer allgemeinen Aufkündigung alles Gehorsams, wenn sie durchgesetzt wird, hören alle Staatsverhältnisse auf; ein herrenloser Naturstand tritt dann an die Stelle einer geordneten Gesellschaft. Wo aber so ein Zustand herrscht, da herrscht zugleich das bedauernswürdigste Elend und das größte Verderben. Selbst bey der schlechtesten Verfassung würde ein Land weit glücklicher seyn, als in einer Lage, wo jeder sein eigener Herr wäre; wo Willkühr und Leidenschaften durch kein Gesetz gezügelt würden; wo ein ewiger Krieg aller gegen alle tobte. Es ergibt sich hieraus von selbst die Pflicht, die uns verbindet, gehorsam zu seyn den Gesetzen des Staats; gehorsam dem Oberherrn, der die Gewalt in Händen hat, um den Gesetzen Nachdruck und Geltung zu verschaffen. Ohne diese Unterwürfigkeit können nämlich jene wichtigen Zwecke nicht erreicht werden, zu deren Beförderung wir als Christen offenbar verbunden sind. Laßt den Gehorsam von der Erde verschwinden, so ist sie nichts anders, als ein Schauplatz von Jammer, von Greuelthaten und Verwilderung; so sind Ruhe und Sicherheit, Wohlfahrt und Glück, sittliche und religiöse Bildung nichts mehr, als liebliche Einbildungen und fromme Wünsche. – Darum darf es uns nicht befremden, daß wir im Evangelio diese Pflicht so deutlich ausgesprochen, und so nachdrücklich eingeschärft finden. Wenn der hohe Stifter des Christenthums lehrt, gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist: so spricht sein Apostel noch ausführlicher, jedermann sey den höchsten Obrigkeiten unterthan; denn die Obrigkeit ist von keinem andern, als von Gott; wer sich also der Obrigkeit widersetzt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes; mithin muß man gehorchen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen.
[...]“

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