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Briefe des Soldaten Johann Heinrich Bettmann an seine Eltern während des Rußlandfeldzuges 1812:


Duba, 8.4.1812

„[...] Ich bin übrigens noch Gesund welches ich mich oft selbst wundern muß, weil mir zu Hause bald dies bald das fehlte, und jetzt nichts und dieses ist das größte Glück für mich, den wer erst krank ist und auf die Wagens muß ist übel daran. [...]“


Klein Eleris, 26.5.1812

„[...] Liebe Eltern ich habe aus Posen an euch geschrieben und aus Culm am ersten Pfingsttag, den wir sind von Posen nach Thorn an der Weichsel Maschirt und von Thorn einen tag weiter bis Culm an der Weichsel, in Culm waren wir 6 Tage und Maschirten den 23. May von Culm bis hier auf die Dörfer und Edelhöfe, hier liegen wir nun bei die Bauern herum und es ist hier doch etwas besser als in der Gegend von Posen, den das Preusche ist nur 1 Stunde von hier. Ich wollte, wen wir jetzt maschiren das wir doch wieder ins Preusche kämen, den da ist es besser, den wo wir liegen ist es Polsch und die Leute haben nicht viel, die Kartoffeln haben sie gepflanzt, Fleisch und brod und Erbsen kriegen wir geliefert, aber Fleisch ist nicht frisch, sondern es stinkt und durch das Brot ist Sand, und die Erbsen sind nicht viel, und wen wir ins Preusche kommen hört dieses auf und die leute müssen uns was geben. [...] Ich glaube aber das wir nach Königsberg gehen und nicht nach Danzig. Den 23. haben wir jeder 40 Stück einige Scharfe Patronen gekriegt, wie lange wir die aber noch tragen müssen, ehe wir dahin kommen, weis ich nicht ich Glaube wir sind noch über 100 Stunde davon, vom Kriege kan ich euch nichts schreiben einige sprechen noch es würde vielleicht noch Friede werden, wir müssen aber alle Tage stark Exerzieren um zu lernen, was vor dem Feinde zu beobachten ist, unser Regiment hat sich sehr verlohren, der eine liegt hier im Hospital der andre da, und unsere Kompagnie war wie wir aus Maastricht gingen 94 Mann stark und jetzt noch 54, und es müssen noch viele gefahren werden. Es sind viele Soldaten, die voller Läuse sind sitzen, ich habe aber keine gekriegt, und hier wo wir jetzt sind, sind ganz so viel nicht mehr, wir sind in Polen recht müde den sie haben nichts, und was sie noch haben, das Graben sie weg, die Edelleute verderben den ganzen Handel, und es ist hier keine Ordnung mehr, den wen wir Pferde kriegen können von die Bauern, so werden sie ihnen weggenommen und müssen wohl 8 bis 14 Tage bleiben, bis wir wieder andere kriegen, die meisten haben sie in den Wald gejagt. [...] Wen sich die Preußen überall so gut gewehret hätten vor 6 Jahren [bei Jena und Auerstädt] wie sie hier getan haben, würden sie nicht verlohren haben, bis Thorn sind die Russen damals gewesen. [...]„


Kowno, 6.7.1812

„[...] Nun liebe Eltern muß ich euch schreiben, das wir jetzt über das Wasser sind welches die Memel heißt in Russ[isch]-Polen, die Armee ist schon 16 Meilen vorwärts, allein ich und noch einige waren zurück bei Mehl und Kornwagen, und wir Maschiren auch zur Armee, sie haben noch gar keine Schlacht gehalten. Die Russen haben hier bis an die Memel gestanden und haben sich freiwillig zurück gezogen, das wir ohne Widerstand über das Wasser Maschiren konnten, aber sie nehmen alles mit, es ist alles sehr theuer, aber nicht das Fleisch, ein brod so wie wir in Osnabrück krigten kostete vor 6 tagen 12 m[arien]gr[oschen], jetzt aber sechse, und wir verkauften es damals für 2 1/4 gr[oschen] und es ist manchmal für Geld nicht zu bekommen. Wir haben Tag und nacht Maschiren müssen und haben alle 24 Stunde nur einmahl was zu essen gekriegt, also können wir das nicht lange aushalten und ich hoffe Gott wird sich unser bald erbarmen, es ist hier nicht so warm wie bei euch, des wegen blühet hier der Rocken [Roggen] erst jetzt, die Kartoffeln gehen eben auf und bohnen sehe ich hier nicht, überhaupt wenig Gartenfrüchte. Ach liebe brüder und Schwester dankt Gott das ihr euch drei mahl Satt essen könnt und habt Schirm, schutz, Genießt es mit Zufriedenheit, ich muß alle nächte drausen liegen und Erbärmlich vieles ausstehen, wen ich an euch denke, so muß ich weinen, doch ich hoffe Gott kann es enden, der tag des Scheidens ist für mich ein Unglücklicher tag gewesen. [...] Wie es noch weiter mit dem Kriege gehen wird weis Gott, man sagt das Unterhandlung des Friedens wäre. [...] Liebe Eltern ich hoffe noch wieder zu euch zu kommen den werde ichs euch alle erzählen solte ich aber nicht wieder zu euch komen, [das Folgende wurde von der Zensur gestrichen, war aber denoch erkennbar:] so bitte ich euch laßt keinen meiner brüder mehr drunter den ich kenne es und schreibe euch die Reine Wahrheit.“

Das war der letzte Brief. Bettman kam nicht mehr zurück.
 
Zitiert nach: Rolf Westheider, Versmold. Eine Stadt auf dem Weg
ins 20. Jahrhundert, 2. Aufl., Bielefeld 1999, S. ...
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