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Edikt zur Militär-Rekrutierung im Hochstift Münster, 17. März 1766


Maximilian Friedrich, Erzbischof zu Cöln etc., Bischof zu Münster etc.

Wir thuen kund, und hiermit zu wissen: als bey denen hiebevor in Unserem Hochstift Münster vorgewesenen Werbungen sich unterschiedlich geäussert hat, daß die Art wie selbe angestellet worden, dem Lande fast beschwerlich und schädlich gewesen, als wodurch Theils die denen Kirchspielen so kostbare Ankauffung deren Recrouten, Theils aber, da selbe mit Übergehung deren Bauren-Söhnen schier allein auf die Häußlinge [Kötter, Landarbeiter] gefallen, eine ungleiche Behandlung von Unterthanen gleichen Standes und mithin die Entweichung deren Geringeren ausser Landes, und desselben merckliche Entvölckerung veranlasset worden, Wir dahero mit Unseren Treu-gehorsamsten Land-Ständen wegen einer anderweiten Werbungs-Art, vermittels welcher allsolchen Bedruck- und Unordnungen abgeholffen, die nöthige Werbungen erleichtert, zugleich auch die Bevölckerung, Handelschaft und Gewerb, fort der Anbau deren öden Gründen begünstiget werden könne, Uns berathschlaget, und solchemnach dieserthalben zu verordnen gnädigst gut gefunden haben, daß

1. Garaus keine gewaltsame Werbung gestatten, sonderen

2. Bey einer vorzunehmenden Werbung alle in jedem Ort befindliche junge Burschen, welche, wie hiernächst folget, davon nicht ausgenommen worden, auf einen sicheren von denen Beamten für jeder Gerichtsbarkeit [d.h. Gerichtsbezirk] zu benennenden Tag und Ort in Gegenwart derenselben, und des Orts Richteren, auch deren dabey zu erscheinen verlangenden Guts-Herren, oder von denselben dazu abzuschickenden Mandatarien [d.h. Bevollmächtigten], ohne jedoch, daß dieserthalben einige beamtliche jura [Gebühren] gefordert, obsonsten denen Gemeinheiten [Gemeinden] einige Kösten, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, angerechnet oder aufgebürdet werden dörfen, versammelt und aufgeschrieben, sodann

3. Die darunter befindliche ohnverheyrathete zwischen achtzehn und vierzig Jahren alte, und die gehörige Grösse habende, offenbar nicht untaugliche ausgezogen werden, und darüber Loosen sollen, welche unter ihnen und zwar nicht nach dem Geburts-, sondern nach dem würcklichen Wohn-Ort zu dienen haben, da dann

4. Die welche das Looß betroffen hat, und tauglich befunden werden, von Stund an assentiret [= verpflichtet], und auf erfolgende Ordre zum Regiment gebracht, indessen

5. Die auf Zuschlägen [= aus Gemeindebesitz einem Einzelnen zugeschlagenes, d.h. zu Besitz und Nutzung abgetrenntes Ackerland] neu anbauende, oder wüste Erbe von neuen bestellende, und in denen adlichen Hovesaaten [Wirtschaftshof eines Adelssitzes], obsonsten auf befreyten dem adlichen Landsäßigen Adel zugehörigen Gründen würcklich wohnende, oder bey ihren Guts-Herrn in Diensten stehende junge Mannschaft, welche daselbst zum Acker-Bau obsonsten ohnentbährlich seynd von der Versammel- und Ausschreibung, gleichwie von der Loßung und Dienst-Annehmung die würcklich Studirende ausgenommen seyen, jedoch auch zur Verhütung aler Unterschleife die Cavalier selbst, oder auf denen nur durch Rhentmeistere verwaltenden Güteren diese eine im Nahmen ihrer Herren untergeschriebene aufrichtige Liste davon denen Beamten zuschicken sollen, wobey Wir Uns zu denenselben gnädigst versehen, daß sie dabey genaue acht haben, auch ihre Rhentmeistere dahin anhalten werden, daß selbe den Nahmen ihrer Herren darunter nicht mißbrauchen, auch diejenige junge Leute, welche nur um der Verordnung zu entgehen, sich als Knechte auf adlichen Häusern angeben, oder auf denen Hovesaaten entbährlich seynd, nicht verheelet [d.h. verheimlicht], sonderen von selbsten hingeschickt werden; Imgleichen sollen

6. Sowohl in Städten und Wigbolten [Gemeinden mit Sonderrecht] als aufm Lande die sich auf freye Künste, oder Kaufmannschaft würcklich verlegende junge Mannschaft überhaupts und in specie Juristen, Scribenten, Kaufmanns-Söhne, Laden-Diener (unter welchen beyden letzt-bemelten jedoch jene deren kleinen Krämeren auf dem Lande, und in den Wigbolten nicht verstanden seyn sollen) fort Handwercks-Gesellen oder Burschen, und bey anderen in Kost- und Jahrlohn stehende Bediente, weniger nicht

7. Die auf dem Lande wohnende, würcklich in der Haußhaltung sitzende, oder bey ihren Elteren ein aufm Lande ohnentbährliches Handwerck treibende junge Gesellen, benenntlich: Linnen- oder Bomseiden-Weber, Vaßbänder, Schreiner, Grobschmiede, Wagenmacher, Schuster, Löhrer [d.h. Gerber], Wandmacher und dergleichen, fortan

8. Denen so Schatzpflichtigen [= Grundsteuerpflichtigen] als Befreyten benöthigte Knechte, als für einem jeden Pflug von vier- oder auf dem Sande von zwey Pferden, ein in würcklichem Dienst und Jahrlohn stehender Knecht, welcher seinem Brodherren für den Edictmäßigen Lohn dienen will, von der Losung frey seyn, und belassen werden. Dann soll auch

9. Denen Guts-Herren frey bleiben denjenigen aus denen Bauren- oder Kötters-Söhnen, welche sie dazu am dienlichsten befinden werden, wann denselben das Loß zu dienen auch würcklich getroffen hätte, zum Gewinn [eines eigenhörigen Hofes] zuzulassen, und zum Erbfolger anzunehmen, immaßen derselbe, wann er auch würcklich sistiret [= erschienen, anwesend] und assentiret seyn mögte, ohnentgeltlich zu entlassen ist. Fürters wird

10. Denen, so im 18ten Jahr alt, alsdann zu klein, obsonsten zum Dienst untauglich befunden worden, das Heyrathen, auch ohne gedient zu haben, gestattet, dahingegen diejenige, welche für diesesmahl nicht Loosen, biß zur zweyten Losung zum Heyrathen nicht zuzulassen seynd, wovon nur die denen freyen Künsten obliegende, dann die von der Werbung befreyte Handwercker, Anbäulinge, auf Wüste oder andere Erbe sich verheyrathende ausgenommen, andere aber, welche sich allein um der Losung zu entgehen verheyrathen werden, nichtsdestoweniger zu Losen schuldig seyn, anbey

11. Niemand auf einige Weise einen anderen an seinen Platz zu stellen befugt, sonderen derjenige, welchen das Looß getroffen, drey Jahre lang, gegen nach der Assentirung [d.h. Verpflichtung] aus der Landes-Cassa zu gewarten habende zwey Rthlr. Werb-Geld persönlich zu dienen schuldig seyn, nach Verlauf deren drey Jahren aber unter keinerley Vorwand ferner aufgehalten, sonderen selben sofort der ohnentgeltliche Abschied ertheilet, und solchemnach zum Loosen oder Dienstnehmen nimmermehr angehalten werden solle. Wann aber

12. Jemand, welcher vorerwehnter massen davon nicht ausgenommen, auf dem zum Loosen bestimmten Tag und Ort ohne angezeigt- und bescheinigten erheblichen Ursachen, worunter die vorschützende Herren- oder andere Dienste nicht zu rechnen seynd, nicht erscheinen, oder nach geschehener Aufschreibung entweichen, oder sonsten sich verstecken wird, der oder dieselbe sollen als ungehorsame Unterthanen angesehen, und als wann sie mitgelooset, und sie auf das Looß zu dienen schüldig, und nicht allein des obgedachten Werb-Geldes, sonderen auch, wann sie sich innerhalb dreyen Monaten bey Unsrem Geheimen Kriegs-Rath freywillig nicht melden werden, vorbehaltlich Unserer Landesherrlichen Begnädigung ihres am Erbe oder Kotten habenden Erb-Rechtes, oder wann sie kein Anerben oder freyen Standes seynd, ihres Kind-Theils verlustig seyn, mithin bey deren Wiedersistirung diejenige, welche in ihrer Abwesenheit das Looß zu dienen betroffen haben mögte, dagegen auf ihr Verlangen wieder entlassen werden. [...]


Unterm 20. Juni 1766 ist zur Handhabung des § 10 des obigen Ediktes, den Pfarrern landesherrlich verboten worden: einen Militairdienstpflichtigen, ohne Produktion eines amtlichen Scheines über seine verwirklichte zweimalige Loosung, oder seine doch desfalls stattgefundene Sistirung, zu kopuliren.


Aus: Johann Joseph Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem Königlich Preußischen Erbfürstenthume Münster ... über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege vom Jahre 1359 bis ... 1811 ergangen sind, Bd. 2, Münster 1842, S. 86-89.

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