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Auszug aus: Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit: Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1990, S. 54f:


„Der Sprachgebrauch von ‚öffentlich‘ und ‚Öffentlichkeit‘ verrät eine Mannigfaltigkeit konkurrierender Bedeutungen. [...] ‚Öffentlich’ nennen wir Veranstaltungen, wenn sie, im Gegensatz zu geschlossenen Gesellschaften, allen zugänglich sind – so wie wir von öffentlichen Plätzen sprechen oder von öffentlichen Häusern. Aber schon die Rede von ‚öffentlichen Gebäuden‘ meint nicht nur deren allgemeine Zugänglichkeit; sie müssen nicht einmal für den öffentlichen Verkehr freigegeben sein; sie beherbergen einfach Einrichtungen des Staates und sind als solche öffentlich.
Der Staat ist die ‚öffentliche Gewalt‘. Er verdankt das Attribut der Öffentlichkeit seiner Aufgabe, für das öffentliche, das gemeinsame Wohl aller Rechtsgenossen zu sorgen. – Wiederum eine andere Bedeutung hat das Wort, wenn etwa von einem ‚öffentlichem Empfang‘ gesprochen wird; bei solchen Gelegenheiten entfaltet sich eine Kraft der Repräsentation, in deren ‚Öffentlichkeit‘ etwas von der öffentlichen Anerkennung eingeht. Gleichwohl verschiebt sich die Bedeutung, wenn wir sagen, dass sich jemand öffentlich einen Namen gemacht hat; die Öffentlichkeit des Rufs oder gar des Ruhmes stammt aus anderen Epochen als die der ‚guten Gesellschaft‘.
Mit alledem ist die häufigste Verwendung der Kategorie im Sinne der öffentlichen Meinung, einer empörten oder unterrichteten Öffentlichkeit, sind Bedeutungen, die mit Publikum, Publizität, publizieren zusammenhängen, noch gar nicht berührt. Das Subjekt dieser Öffentlichkeit ist das Publikum als Träger der öffentlichen Meinung; auf deren kritische Funktion ist Publizität, etwa die Öffentlichkeit bei Gerichtsverhandlungen, bezogen.
Im Bereich der Massenmedien hat Publizität freilich ihre Bedeutung geändert. Von einer Funktion der öffentlichen Meinung wird sie auch zum Attribut dessen, der die öffentliche Meinung auf sich zieht: public relations, Anstrengungen, die neuerdings ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ heißen, sind auf die Herstellung solcher publicity gerichtet.
Die Öffentlichkeit selbst stellt sich als eine Sphäre dar – dem privaten steht der öffentliche Bereich gegenüber. Manchmal erscheint er einfach als die Sphäre der öffentlichen Meinung, die der öffentlichen Gewalt gerade entgegengesetzt ist.
Je nachdem rechnet man zu den ‚Organen der Öffentlichkeit’ die Staatsorgane oder aber die Medien, die, wie die Presse, der Kommunikation im Publikum dienen. ...“

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