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Auszüge aus: Jörg van Norden, ???, S. ???:


„Im Großherzogtum Berg und im Königreich Westfalen wurden am 1.1.1806 bzw. am 8.1.1808 die Privilegien des Adels und der Geistlichkeit aufgehoben. Damit war der kirchliche Grundbesitz steuerpflichtig, so dass die Geistlichen für die Pfarrgüter, z.B. das Acker-, Garten- und Weideland, das ihnen von der Gemeinde für die Dauer ihrer Amtstätigkeit übertragen wurde, Grundsteuer zahlen mussten. Die Synoden des Großherzogtums Berg protestierten gegen die neue Steuer und argumentierten, die Exemption des Kirchengutes von allen Belastungen sei den Pfarrern in ihren ‚Berufsurkunden‘ seitens der Kirchengemeinde und des Landesherrn zugesichert worden. Außerdem bedrohe die Aufhebung der Steuerprivilegien die wirtschaftliche Existenz der Pfarrer. Deshalb forderten die Synoden, dass die Kommunen oder die Kirchengemeinden die Grundsteuer übernehmen sollten. Während die Kommunen ablehnten, waren offensichtlich einige Kirchengemeinden als Eigentümer der Pfarrgüter zu diesem Schritt bereit. Der Präfekt des Ruhrdepartements, von Romberg, zeigte sich zunächst einverstanden, indessen konnte sich schließlich der Präfekt des Rheindepartements, von Borcke, bei Innenminister von Nesselrode-Reichenstein mit seiner Ansicht durchsetzen, dass die Pfarrer die Grundsteuer selbst zahlen müssten. Alle Gemeinden, die diese Verpflichtung übernommen hatten, wurden im Rahmen der staatlichen Revision der Kirchenrechnungen gerügt. Von Borcke schlug den Gemeinden vor, das Pfarrergehalt zu erhöhen, um die Belastung durch die Grundsteuer auszugleichen.
Laut Thimme war die Situation im Königreich Westfalen vergleichbar. Besonders die Landgeistlichen habe die Grundsteuer besonders belastet. Die Quellen machen jedoch deutlich, dass spätestens im Jahr 1812 das umgesetzt worden war, was die Synoden im benachbarten Großherzogtum Berg vergeblich für sich gefordert hatten. Der Präfekt des Fuldadepartements verfügte am 11.7. dieses Jahres, dass die Grundsteuer für den Wiedenhof der Pfarrer, Küster und Lehrer aus der Kirchenkasse zu bezahlen sei. Schon seit 1808 bemühte sich die königlich westfälische Verwaltung, die Geistlichen für alle finanziellen Einbußen zu entschädigen, die ihnen durch die staatlicherseits eingeleiteten Reformen entstanden. Pfarrer und Lehrer hatten bis 1806/1808 Zuwendungen aus ganz unterschiedlichen Quellen erhalten, z.B. Zuschüsse aus den königlich-preußischen Domänen oder aus Stiftungen, Naturalien der Bauern, die Kirchenland nutzten, oder die weihnachtlichen Pflichtopfer der Innungen, die jetzt wegfielen, weil die Domänen in private Hand überführt sowie die Stiftungen, die Dienste und Abgaben wie auch die Zünfte aufgehoben wurden. Man forderte die Geistlichen und Lehrer auf, die betreffenden Gefälle zwecks Erstattung jährlich aufzulisten und einzureichen. Die Distriktkasse Bielefeld zahlte z.B. für das Jahr 1808 über 3000 francs aus, um Gehaltseinbußen auszugleichen. Dass die Kompensationszahlungen, wie Thimme behauptet, nur unregelmäßig und unvollständig erfolgten, lässt sich anhand der von mir ausgewerteten Quellen nicht bestätigen. Gleiches gilt für angebliche Pläne der Regierung, die Besoldung der Pfarrer allein den Gemeinden zu überlassen. Dagegen wurden offensichtlich Überlegungen angestellt, die Bezahlung der Geistlichen und Lehrer zu vereinheitlichen und über staatliche Etats abzuwickeln, die aber wohl deswegen nicht in die Tat umgesetzt werden konnten, weil sich die Auflistung der außerordentlich heterogen zusammengesetzten Gefälle als sehr schwierig erwies.“

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