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„Königliches Decret vom 5. Februar 1808, die Stifter, Capitel, Abteyen, Klöster und andern geistlichen Stiftungen betreffend“:


„Wir Hieronymus Napoleon, u.u.
haben, nach Ansicht des 15ten Artikels der Constitution vom 15ten November und Unsers Drecrets vom 27sten December 1807;
in Erwägung, daß die Stellen in den Stiftern, Capiteln, Abteyen und andern geistlichen Stiftungen Unserer Staaten erst alsdann gesetzmäßig vergeben werden können, wenn ihre Statuten die durch den 15ten Artikel der Constitution vorgeschriebene Form erhalten haben, auf den Bericht Unserer Minister des Justizwesens und der Finanzen;
nach Anhörung Unsers Staatsraths;
verordnet und verordnen, wie folgt:

Art. 1.
Alle Stifter, Abteyen, Klöster, Priorate und andere geistliche Stiftungen aller Art sind verbunden, an Unsern Minister des Justizwesens und der innern Angelegenheiten beglaubte Abschriften von ihren Stiftungs-Urkunden, Statuten und Reglements einzusenden, und sie mit einem ausführlichen Aufsatz über die zur Aufnahme in diesen Corporationen erforderlichen Bedingungen zu begleiten.

Art. 2.
Sollte Unser Minister finden, daß nicht allen Erfordernissen ein Genüge geleistet wäre, so ist derselbe beauftragt, neue und ausführlichere Erläuterungen zu fordern, und selbst Commissarien zu ernennen, um sich an Ort und Stelle aus den Archiven gedachter Capitel die nöthigen Urkunden vorzeigen zu lassen, und deren Richtigkeit zu prüfen.

Art. 3.
Wenn diese Prüfung für hinreichend anerkannt ist, so wird uns der Minister ein Reglement vorlegen, welches die neue Form der Statuten der verschiedenen Capitel enthält, und welches nach dem Grundsatz der Constitution, daß alle Personen ohne Unterschied der Geburt in denselben aufgenommen werden können, abgefaßt ist.

Art. 4.
Für jedes Capitel, jede Abtey, jedes Kloster und überhaupt für jede geistliche Stiftung soll ein Reglement gemacht werden, worüber im Staatsrath berathschlagt und ein Schluß gefaßt werden soll.

Art. 5.
Bis über diese Reglements ein Beschluß gefaßt worden, und dieselben von Uns definitiv bestätigt sind, soll weder von Uns, noch von einem andern dazu Berechtigten, er sei geistlichen oder weltlichen Standes, seine Stelle in einer Abtey, sein Canonicat, seine Präbende und sein Priorat, unter welcher Benennung selbige auch vorkommen mögen. vergeben werden.

Art. 6.
Die Pröbste, Dechanten, Schatzmeister, Distributoren und Einnehmer der Stifter, Abteyen und Klöster, und in Betreff der einzelnen Beneficien die Maire der Communen, haben dafür zu sorgen, daß die Einkünfte besagter Pfründen, und derjenigen, die schon erledigt sind, in die durch Unser Decret vom 27ten December 1807 errichtete Casse zu Cassel, welche zu dem Ende die Functionen der Verwaltungs-Casse der geistlichen Revenüen versieht, eingeliefert werden. Den Präfecten und Unter-Präfecten liegt es ob, über die Befolgung dieser Vorschrift zu wachen.

Art. 7.
Auf gleiche Weise, wie es im vorhergehenden Artikel vorgeschrieben ist, soll auch der zehnte Theil von den Einkünften der Präbenden und Würden der in den Unser Königreich ausmachenden Staaten gelegenen Stifter, Capitel, Abteyen, Klöster und Priorate eingeliefert werden.

Art. 8.
Die Pachter, Einnehmer, Schatzmeister, Distributoren oder Cassirer der Corporationen und Beneficien sind verpflichtet, gedachte Einlieferung, eben so wie bei Unsern königlichen Geldern, zu bewerkstelligen.

Art. 9.
Die Capitel sind gehalten, binnen 3 Wochen Unserm Staatsrath von Coninx, als General-Direktor der Verwaltung der Einkünfte geistlicher Stiftungen, eine ausführliche Liste aller der Wohnungen und Häuser, welche zu den verschiedenen Präbenden gehören, einzusenden, und die gegenwärtigen Besitzer derselben zu ernennen.

Art. 10.
Den Abteyen, Mönchs- und Nonnen-Klöstern ist hiermit untersagt, Novizen anzunehmen, bis sie gleichfalls ihre Reglements erhalten haben. Bei eintretendem Tode einer von denjenigen Personen, die sich jetzt in denselben befinden, sind sie verbunden in die Verwaltungs-Casse der geistlichen Revenüen eine Summe Geldes nach Verhältnis des Antheils, welcher den verstorbenen Mitgliedern gedachter Klöster an deren Einkünften zustand, einzuliefern. Diesen Antheil bestimmt der Finanz-Minister, nachdem ihm von den Präfecten ein Gutachten darüber abgestattet worden ist.

Art. 11.
Ueber die Verwendung der in die Verwaltungs-Casse der geistlichen Revenüen gelieferten Geldsummen wird noch in der Folge verfügt werden. Das Rechnungswesen und die Verwaltung dieser Casse soll eben so eingerichtet werden, wie die durch das Decret vom 27. Januar 1807 angeordnete Verwaltung der Capitalien.

Art. 12.
Die Verfügungen des gegenwärtigen Decrets erstrecken sich nicht auf diejenigen geistlichen Diener, welche zur kirchlichen Verfassung wesentlich gehören, und mit der Austheilung der Sacramente und dem Religions-Unterrichte Unserer Unterthanen beauftragt sind, als: die Bischöfe, Pfarrer und Vikarien des katholischen, und die Prediger und andere Geistliche des reformirten und lutherischen Glaubens. Wenn einer von diesen stirbt oder entlassen wird, so soll dessen Stelle mit Beobachtung der hergebrachten Förmlichkeiten wieder besetzt werden, auch sollen selbige nach wie vor im Genusse der Einkünfte ihrer Pfünden, und der für ihre Stellen ausgesetzten Gehalte wie seither verbleiben, bis Wir Unserm Wunsche gemäß die Lage der Pfarrer, Vikarien und Prediger werden verbessern können.

Art. 13.
Von obigen Verfügungen sind gleichfalls die katholischen Dom-Stifter, an deren Spitze ein Bischof steht, dessen Rath sie ausmachen, wenn die Zahl der Präbenden nicht über zehn beträgt, ausgenommen.

Art. 14.
Jedoch ist es keineswegs Unsere Absicht, gedachte Capitel, bei denen die Zahl der Präbenden, wie oben bemerkt, sich nur auf zehn beläuft, der Verpflichtung zu überheben, den 1sten, 2ten, 3ten und 4then Artikel des gegenwärtigen Decrets, über die Vorlegung ihrer Statuten und die denselben nach den Grundsätzen der Constitution zu gebende Form, zu befolgen.

Art. 15.
Unsere Minister des Justizwesens und der innern Angelegenheiten und der Finanzen sind, in so weit es einen jeden derselben angeht, mit der Vollziehung des gegenwärtigen Decrets beauftragt.

Gegeben in Unserm Königlichen Pallaste zu Cassel, am 5ten Februar 1808, im zweiten Jahre Unserer Regierung.“


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