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Patriotischer Frauenklub, 1791
Patriotischer Frauenklub, 1791
Betitelt „Club Patriotique de Femmes“
Gouache (auf blau aquarelliertem Papier montiert) von Piere Ètienne und Jacques Philippe Lesuer
36,7 x 53,5 cm (Blatt, beschnitten)
Musée Carnavalet Paris (Dauerleihgabe des Musée du Louvre Paris), Inv.Nr. RF 36527
Photothèque des Musées de la Ville de Paris/L. Pegraces


Erläuterung zum Bild aus: PLOETZ. Die Französische Revolution, hg. von Rolf Reichardt, Darmstadt 1988, S. 158:

Beischrift: „‚Sehr patriotische Frauen hatten einen Club gebildet, zu dem niemand anders zugelassen wurde. Sie hatten ihre Vorsitzende und Sekretärinnen. Man versammelte sich zweimal wöchentlich, die Präsidentin verlas die Sitzungsprotokolle des Nationalkonvents, dessen Beschlüssen man Beifall oder Kritik zollte. Aus Wohltätigkeitseifer veranstalteten die Damen unter sich eine Sammlung und verteilten den Erlös an hilfsbedürftige Familien guter Patrioten.‘

Das in frischen Farben gemalte, idealtypische Bild und seine Beischrift belegen, daß auch im zeitgenössischen Selbstverständnis die revolutionäre Club-Kultur nicht auf die Männerwelt beschränkt blieb, sondern daß Frauen eigenständig an ihr teilhatten. Die meisten der hier dargestellten Frauen sind aufgrund ihrer Hauben und Kattuntücher dem Bürgertum zuzuordnen, ausgenommen die ganz vom Betrachter abgekehrte Dame in Oberschichtenkleidung. Was der gesammelte Ernst in Haltung und Mienen dieser Frauen andeutet, das bestätigen die offensichtliche Existenz einer Geschäftsordnung (Glocke auf dem Tisch), die semiorale Informationsvermittlung (di4e Präsidentin liest aus dem Moniteur vor, der führenden Parlamentszeitung), die offene Meinungsäußerung (Klatschen der Frau vorne links), die Regelmäßigkeit der Club-Sitzungen (siehe Beischrift) und die Wohltätigkeitssammlung: hier handelt es sich nicht um einen Geselligkeitskonvent, sondern um eine bewußt politische Versammlung zu gemeinschaftlicher Meinungsbildung und engagiertem, solidarischem Handeln.

Dieses ‚Frauen-Bild‘ steht nicht allein. Als Anhänger der Revolution malten die Brüder Lesueur mindestens achtzig zeitpolitische Gouachen, und in einer ganzen Reihe dieser Revolutionsszenen spielen Frauen die Hauptrolle – ob sie nun Schmuck auf dem Altar des Vaterlandes opfern, mit Waffen und Fahnen auftreten wie Rose Lacombe und Théroigne de Méricourt oder als ‚Strickweiber‘ der Arbeit der Guillotine zusehen. Bis in die Kunst hinein zeichnet sich also ab, welchen Politisierungs- und Emanzipationsschub die Französische Revolution für die Frauen bedeutete.“
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