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Die Erklärung der Rechte des Menschen und Bürgers in der französischen Nationalversammlung vom 6. August 1789


„Nachdem die Repräsentanten des Volkes, konstituiert als Nationalversammlung, erwogen haben, daß die Unkenntnis, das Vergessen oder die Mißachtung der Rechte des Menschen die alleinigen Ursachen des öffentlichen Unglücks und der Verderbtheit der Regierungen sind, so haben sie beschlossen, in einer feierlichen Erklärung die natürlichen, unveräußerlichen und geheiligten Menschenrechte darzulegen, damit diese Erklärung allen Gliedern des gesellschaftlichen Verbandes ständig gegenwärtig sei und sie ohne Unterlaß an ihre Rechte und Pflichten erinnern möge; damit die Handlungen der gesetzgebenden und die der ausübenden Macht, wenn sie in jedem Augenblick mit dem Endzweck aller politischen Satzungen verglichen werden können, mehr geachtet werd4en und damit die Ansprüche der Bürger des Staates, welche künftig auf einfache und unwidersprechliche Grundsätze gegründet sein sollen, sich immer auf die Wahrung der Verfassung und das allgemeine Wohl richten mögen.
Daher erkennt und erklärt die Nationalversammlung, in Gegenwart und unter dem Schutze des höchsten Wesens, folgende Rechte des Menschen und des Bürgers:

1. Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es. Die gesellschaftlichen Unterschiede können nur auf den gemeinsamen Nutzen gegründet sein.

2. Der Endzweck aller politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unabdingbaren Menschenrechte. Diese Rechte sind die Freiheit, das Eigentum, die Sicherheit, der Widerstand gegen Unterdrückung.

3. Der Ursprung aller Souveränität liegt seinem Wesen nach beim Volke. Keine Körperschaft, kein einzelner kann eine Autorität ausüben, die nicht ausdrücklich hiervon ausgeht.

4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem andern nicht schadet. Also hat die Ausübung der natürlichen Rechte jedes Menschen keine Grenzen als jene, die den übrigen Gliedern der Gesellschaft den Genuß dieser nämlichen Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.

5. Das Gesetz hat nur das Recht, solche Handlungen zu verbieten, die der Gesellschaft schädlich sind. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, kann nicht verhindert werden, und niemand kann genötigt werden, zu tun, was das Gesetz nicht verordnet.

6. Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Staatsbürger sind befugt, zur Feststellung desselben persönlich oder durch ihre Repräsentanten mitzuwirken. Es soll für alle das gleiche sein, es mag beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor seinen Augen gleich sind, so können sie gleichmäßig zu allen Würden, Stellen und öffentlichen Ämtern zugelassen werden auf Grund ihrer Fähigkeit und ohne anderen Unterschied als den ihrer Tugenden und ihrer Talente.

7. Kein Mensch kann angeklagt, in Haft genommen oder gefangengehalten werden als in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und in den Formen, welche es vorgeschrieben hat. Diejenigen, welche willkürliche Befehle veranlassen, ausfertigen, vollziehen oder vollziehen lassen, sollen bestraft werden; jeder Bürger hingegen, vorgeladen oder festgenommen kraft des Gesetzes, soll sogleich gehorchen; er macht sich durch Widerstand strafbar.

8. Das Gesetz soll nur solche Strafen festsetzen, welche unbedingt und offenbar notwendig sind, und niemand kann bestraft werden als kraft eines vor Begehung des Verbrechens eingesetzten, verkündeten und rechtlich angewandten Gesetzes.

9. Da jeder Mensch so lange für unschuldig erachtet wird, bis er für schuldig erklärt ist, so soll, wenn seine Verhaftung für unumgänglich gehalten wird, alle Härte, die nicht notwendig wäre, um sich seiner Person zu versichern, durch das Gesetz streng unterbunden werden.

10. Niemand soll wegen seiner Ansichten, auch nicht wegen der religiösen, beunruhigt werden, sofern ihre Äußerung die durch das Gesetz errichtete öffentliche Ordnung nicht stört.

11. Die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen ist eins der kostbarsten Rechte des Menschen. Jeder kann mithin frei sprechen, schreiben, drucken, mit Vorbehalt der Verantwortlichkeit für den Mißbrauch dieser Freiheit in den durch das Gesetz bestimmten Fällen.

12. Die Verbürgung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert notwendig eine öffentliche Macht. Diese Macht ist also eingesetzt für den Vorteil aller, und nicht für den besonderen Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.

13. Für die Unterhaltung der öffentlichen Macht und für die Kosten der Verwaltung ist ein gemeinschaftlicher Beitrag unerläßlich; dieser soll unter alle Bürger des Staates im Verhältnis ihres Vermögens auf gleiche Weise verteilt werden.

14. Alle Bürger des Staates sind berechtigt, entweder selbst oder durch ihre Repräsentanten, sich von der Notwendigkeit des öffentlichen Beitrages zu überzeugen, ihn frei zu bewilligen, seine Verwendung zu überwachen sowie Anteil, Umlage, Eintreibung und Dauer zu bestimmen.

15. Die Gesellschaft ist befugt, von jedem öffentlichen Beamten Rechenschaft über seine Amtsführung zu verlangen.

16. Jede Gesellschaft, in der weder die Garantie der Rechte zugesichert noch die Trennung der Gewalten festgelegt ist, hat keine Verfassung.

17. Da das Eigentum ein geheiligtes und unverletzliches Recht ist, so kann niemand dessen beraubt werden; es wäre denn, daß die öffentliche gesetzlich festgestellte Notwendigkeit es klar erforderte, und unter der Bedingung einer gerechten und vorsorglich festgesetzen Entschädigung.“
 
Zitiert nach: Wolfgang Heidelmeyer (Hg.), Die Menschenrechte, 3. Aufl., Paderborn 1982, S. 59ff.
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