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Die Auswanderung nach Australien (Schluß)
 
„Die Auswanderung nach Australien“,
in: Illustrirte Zeitung vom 24.4.1847, S. 266
Quellennachweis
Auszüge aus einem Artikel der Illustrirten Zeitung vom 24.4.1847:


„‚[...]Ein Mann, der sich auf den Ackerbau legt, kann mit zwei guten Pferden seine Arbeit vollkommen ausrichten, und lebt um so freier, da es bis jetzt hier gar keine Abgaben gibt; will aber Jemand hierher kommen und von der Landwirthschaft leben, der bringe sich einen leichten zweispännigen Wagen mit, einen guten Pflug und Pferdegeschirr, vergesse aber das Hintergeschirr nicht, indem es hier auch Berge gibt. Solche Gegenstände sind hier sehr theuer, indem ein Wagen nach Eurem Gelde etwa 130 Thlr., und ein Pflug ungefähr 33 Thlr. kosten. Natürlicher Weise stehen auch andere ähnliche Geräthschaften hier in hohen Preisen, und ich rathe Jedem, sich bei seiner Uebersiedelung hierher in Deutschland schon mit dem nöthigen Geräthe der Haushaltung zu versehen, und selbst Wagenketten und Sattel und ähnliche Dinge mitzubringen; aber packet Alles fest in tannene Kisten, damit es auf dem Schiffe keinen großen Platz einnimmt, und vergesset nicht, die Mitnahme dieser Kisten im Contracte mit dem Schiffsherrn zu erwähnen, damit Ihr unterwegs keine Unannehmlichkeit weiter habt. Alle Handwerker, als Schuhmacher, Schneider, Schmiede, besonders diejenigen, welche mit der Verarbeitung von Hölzern sich beschäftigen, als Wagenmacher, Tischler, Böttcher, sogar die Frauenzimmer, welche gut nähen können, finden hier einen reichlichen Unterhalt und vielen Geldverdienst. Ledige Personen, wenn sie auch unbemittelt hier eintreffen, brauchen um ihren Lebensunterhalt [S.266] nicht besorgt zu sein, sie finden Arbeit und Verdienst, und können, wenn sie fleißig und sparsam sind, sich in wenigen Jahren ein gutes Vermögen erwerben.
Eine Gesellschaft Mecklenburger, welche mit uns auf dem Schiffe war, hat Klemzig gepachtet, wo sonst die Kawel'sche Gemeinde wohnte, die nun 20 Stunden weiter, nach Bethanegel gezogen ist, und mich erwählt, für sie Gottesdienst zu halten und ihnen die Kinder zu unterrichten. Lange stand ich hierüber in Bedenken, dann habe ich mich in Gottes Willen gegeben, mich dem Dienste es Herrn zu widmen in diesem Lande, er wird meiner Schwachheit mächtig sein. Den entfernteren Deutschen kann ich nicht immer nahe sein, indem ich auch der Schule vorzustehen habe, und aus dem Schulgelde einigermaßen meine Lebensbedürfnisse bestreiten muß. Ich habe 60 Kinder in der Schule und bekomme von jedem wöchentlich 4 Gr.
Meine Ländereien habe ich meiner Tochter und meinem Schwiegersohne übergeben. Das Land ist gut und braucht nicht gedüngt zu werden. Sie besitzen drei Kühe und drei Zugochsen und allerlei andere Hausthiere; Pferde werden sie sich erst nächstens anschaffen, indem solche gleich zu bekommen nicht gut angeht, da ein gutes Pferd etwa 200 Thlr. zu stehen kommt. In der Nähe ihrer landwirthschaftlichen Wohnung ist viel Waldung; jedoch Eichen und Buchen, wie in Deutschland, findet man dort nicht. Für ihre Landabtheilung von 80 Ackern zahlen sie 11 Pf., etwa 75 Thlr. 8 Gr., Pacht, und haben auf derselben ein hübsches Wohnhaus und ein Nebengebäude, einen schönen Garten mit allerlei Obstbäumen und Wein. Roggen findet man nicht in Australien.
Die Hitze ist recht gut auszuhalten; von den Betten kann man wohl Gebrauch machen. Ein Dienstmädchen verdient wöchentlich 6 Schill., also 2 Thlr.; ein Hausknecht 10-12 Schill.; ein Schäfer 12-14 Schill. Ein Paar Schuhe kosten 12 Schill., also 4 Thlr.; ein Paar Stiefel 1 Pf. Ein Taglöhner verdient für den Tag 3 Schill. oder 1 Thlr. Alles ist hier sehr theuer, aber auch wieder sehr Vieles zu verdienen, und keiner von uns wünscht sich wieder nach Deutschland zurück. [...]‘

So weit unser Berichterstatter, mit dessen Aussagen Diejenigen, welche mit ihm gingen, übereinstimmen, dahin lautend, daß sie sich nicht wieder nach Deutschland zurückwünschen, wiewol sie alle aus der Gegend zwischen Osnabrück und Bielefeld, dem fruchtbarsten, an Bodenertrag und Naturschönheiten reichsten und bevölkertsten Theile Westfalens, stammten. Die Folge ist gewesen, daß sich im Jahre 1846 auf drei bremer Fahrzeugen wiederum 636 deutsche Auswanderer nach Adelaide einschifften und daß auch in diesem Jahre sich schon viele Hofbesitzer, die ein gutes Auskommen haben, zu demnächstiger Uebersiedlung nach Australien rüsten.

[...]

Zum Schluß geben wir noch das Zeugniß eines bremer Seefahrers, der einen Vergleich zwischen den Vereinigten Staaten und Südaustralien anstellt, die er beide aus langer Erfahrung kennt: ‚Wer Geld genug mitbrachte – nämlich nach Amerika – hatte nur dafür zu sorgen, daß er nicht in die Hände der ihn umschwärmenden Betrüger fiel, und seine Sorgen wurden bedeutend vermindert, wenn er vor seiner Landung schon wußte, wohin er sich zu wenden hatte. Wem dagegen eine angemessene Geldsumme fehlte, um den Landungsplatz verlassen zu können, der kam gewöhnlich in große Bedrängniß. Nur sehr wenige von unsern Passagieren fanden bald nach ihrer Landung ein Unterkommen, recht viele wären gern mit unserm Schiffe zurückgekehrt, wenn sie die dazu nöthigen Mittel gehabt hätten. Der Zudrang in den Küstenstädten ist zu groß. Im Innern ist der Broterwerb vielleicht weniger schwierig. In Adelaide, in Südaustralien, war es nicht so. Alle unsere Passagiere fanden bald guten Verdienst, so guten, daß selbst bemittelte Leute es vorzogen, sich nicht sogleich anzukaufen, sondern Dienst zu nehmen, um sich so erst mit den Verhältnissen bekannt zu machen. Es scheint auch in vielen andern Beziehungen – schönes Klima – dort besser zu sein, und wenn mir einmal die Neigung kommen sollte, eine Landratte zu werden, so würde ich mich jedenfalls in Südaustralien niederlassen, dem Lande, welches mir nach seinem Klima, wie nach seinen sonstigen Verhältnissen mehr zusagte, als irgend eines, das ich bisher sah.‘
In voller Uebereinstimmung hiermit lauten auch die neuesten Berichte des Predigers Kawel und des Dr. Behr aus Cöthen, und fast scheint es, als ob in nicht langer Zeit das deutsche Element gerade in Adelaide das Uebergewicht über das englische gewinnen sollte. Auch im Innern des Landes sind neuerdings Entdeckungen von großer Wichtigkeit gemacht worden, die wesentlich dazu beitrage, die günstigen Aussichten dieses Landes zu vermehren.“

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