Haus Beck in Bottrop

Haus Beck in Bottrop

Der Typus der Maison de plaisance entstand ab 1600 in der Île-de-France, als städtische, meist adlige Oberschichten begannen, sich stadtnahe Landsitze zu errichten. Nur temporär genutzt und mit einem Ziergarten umgeben, dienten die Landsitze ausschließlich der Erholung ihres Besitzers.

© Archiv der Grafen Schaesberg, Zeichnung Petersen

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Johann Conrad Schlaun bringt die Idee der Maison de plaisance nach Westfalen

Freiherr von der Wenge (1700–1775) beauftragte ab 1746 den westfälischen Barockarchitekten Johann Conrad Schlaun (1695–1773), sein altes verfallenes Gut in Bottrop zu einem neuen, funktionalen Landsitz mit Wirtschaftshof umzubauen. Nach zwanzigjähriger Planungszeit überzeugte Schlaun 1766 seinen Auftraggeber davon, dass einzig ein Lustschloss nach französischem Vorbild dem sozialen Stand der Familie Wenge angemessen sei.

Entsprechend entstand Haus Beck als Corp de logis mit zwei Nebengebäuden, die um einen zentralen Hof gruppiert sind. Das Wohnhaus wird durch Gartensaal und Vestibül mit dem aufwändig gestalteten Garten verbunden. Die repräsentativen Räume der Gartenseite fügte Schlaun durch eine Enfilade zusammen und realisierte damit ein zentrales Element der französischen Maison de plaisance. Das 1771 fertiggestellte Haus Beck ist keine Kopie des französischen Musters, sondern ein auf die besonderen Bedürfnisse des westfälischen Gutsherrn abgestimmter Entwurf. Die Raumanordnung folgte jedoch dem französischen Vorbild.

Johann Conrad Schlaun gelang es als erstem Architekten der Neuzeit, einen Bau nach französischer Architekturtheorie in Westfalen zu realisieren. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die Architekturlandschaft dieser Region maßgeblich von niederländischen Künstlern bestimmt worden, die hier auch den niederländischen Klassizismus einführten. Allenfalls indirekt über niederländische Architekten sind architektonische Elemente französischen Ursprungs nachweisbar. Italienische Steinmetze, Bildhauer, Stukkateure und Maler waren zwar seit dem 17. Jahrhundert in Westfalen beschäftigt, aber der von ihnen ausgehende Einfluss auf das westfälische Baugeschehen war insgesamt eher gering. Nun griff Schlaun erstmals wieder europäische Architekturentwicklungen auf, verband sie mit heimischen Bautraditionen und entwickelte daraus einen eigenen »westfälischen Stil«. Am Ende seiner Studienreise, die den jungen Schlaun von Würzburg über München, Wien und Rom nach Paris führte, lernte er dort die neuen Pariser Stadtpalais und die Maisons de plaisance auf dem Land kennen.

Der Typus der Maison de plaisance entstand ab 1600 in der Île-de-France, als städtische, meist adlige Oberschichten begannen, sich stadtnahe Landsitze zu errichten. Nur temporär genutzt und mit einem Ziergarten umgeben, erfüllten diese Lustschlösser keine ökonomischen Aufgaben wie die italienische Villa rustica, sondern dienten ausschließlich der Erholung ihres Besitzers.
Der auf Jacques-François Blondel (1618–1686) zurückzuführende, sich im 18. Jahrhundert weiter entwickelnde Idealtypus der Maison de plaisance besteht aus einem kleinen Corps de logis (Wohnhaus) mit zwei Nebengebäuden, die um einen zentralen Hof liegen und zum Hauptgebäude symmetrisch angeordnet sind. Das Corps de logis ist ein freistehender, lang gestreckter, meist einflügeliger und maximal zweigeschossiger Baukörper. Die Stadtseite (oder Hofseite) ist meist repräsentativ gegliedert, während die Gartenseite durch einen von der Fassade hervortretenden runden oder polygonalen Gartensaal bestimmt wird. Die Raumdisposition folgt der des Appartement double, d. h. die Räume sind zweireihig angeordnet. Dem Garten zugewandt liegt die Gartenenfilade. Sie besteht aus einer Aneinanderreihung von Repräsentationsräumen, deren Türöffnungen exakt gegenüberliegen. So kann man bei geöffneten Türen von einer Seite des Gebäudes zur anderen schauen und gegebenenfalls noch durch das vor Kopf liegende Fenster. Oft sind auch Dégagements, kleine versteckte Gänge für das Personal, eingebaut, um dem Besitzer eine gewisse Privatsphäre zu gewähren. Charakteristisch ist auch die konsequente Verbindung von Schloss und Garten durch Blickachsen, sodass Innen- und Außenraum eine Einheit bilden. Im 19. Jahrhundert endete mit der Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft der Bau von Lustschlössern.
 

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