Dreidimensionale Rekonstruktion des "Quedlinburger Einhorns" nach der Beschreibung von Guerickes und den Zeichnungen bei Leibniz und Valentini

Irren ist menschlich

Jeder Mensch irrt täglich, schätzt Sachverhalte falsch ein, fällt auf Täuschungen herein. Selbst renommierte Wissenschaftler bleiben vor Irrtümern nicht verschont. Die Sonderausstellung „Irrtümer und Fälschungen der Archäologie“ geht der Wahrheit auf den Grund. Über 200 Exponate decken spektakuläre Fehlurteile und Betrugsfälle in ganz Europa, Ägypten und dem Nahen Osten auf.

Durchstreifte das legendäre Einhorn einst den Harz? Fand Heinrich Schliemann in Troja wirklich den Schatz des Königs Priamos? Wurde in Xanten tatsächlich die kostbare Krone eines fränkischen Fürsten entdeckt. Während wir heute wissen, dass diese Fragen mit „Nein“ zu beantworten sind, schienen viele Fehldeutungen zunächst durchaus überzeugend.

Anhand zahlreicher Fallbeispiele zeigt die Ausstellung, warum es immer wieder zu falschen Thesen kam und kommt und wie sich Klischeevorstellungen im öffentlichen Gedächtnis festsetzen konnten. Die Besucher erfahren nicht nur, welchen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenhängen die Irrtümer entsprangen. Ihnen wird auf anschauliche und transparente Weise auch der aktuelle Forschungsstand präsentiert. Im Fokus steht dabei die kontinuierliche Entwicklung von Arbeitsmethoden, mit denen Wissenschaftler Spuren vergangener Epochen lesen.

Die in der Ausstellung inszenierten Fallbeispiele geben immer wieder Anlass zum Schmunzeln, denn viele Irrwege der Archäologie wirken im Rückblick unfreiwillig komisch. So war der Naturwissenschaftler Otto von Guericke von der Existenz des Einhorns überzeugt, als 1663 in einer Höhle bei Quedlinburg riesige Knochen gefunden wurden. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um Knochen eiszeitlicher Nashörner und Mammuts. Dass Irrtümer und Fälschungen heute und auch in Zukunft noch möglich sind, macht die humoristische Inszenierung des Autors und Grafikers David Macaulay deutlich, die den Einstieg in die Ausstellung bildet. In Anlehnung an seine Graphic Novel »Motel der Mysterien« entwirft er archäologisches Szenario der Zukunft und fragt sich, wie Archäologen in 2.000 Jahren über unsere Zeit urteilen könnten. Die Basis der Novelle bildet ein Motel des 20. Jahrhunderts, welches von Archäologen als eine Kultstätte der „Yanks“ fehlgedeutet wird. => Das »Motel der Mysterien« von David Macaulay


Die satirische Postkarte zeigt ein Highlight der Ausstellung: die Tiara des Saitaphernes, eine Fälschung, vor der selbst der Pariser Louvre nicht gefeit war; Albert Bergeret um 1903 (Foto: LWL/J. Mühlenbrock)

Fälscher, Blender Scharlatane

Ob Metallbarren in der Bronzezeit, Münzen in der Antike oder Urkunden im Mittelalter: Gefälscht wurde schon immer. Auch Archäologen und Historiker werden bisweilen Opfer von Fälschern. So gab der Louvre in Paris 1896 den Ankauf eines Meisterwerks der antiken Kunst bekannt: der „Tiara des Saitaphernes“. Sie entpuppte sich aber als moderne Fälschung eines begabten Goldschmieds aus der Ukraine. Und 1983 landete der „Stern“ ungewollt einen Aprilscherz: Das Nachrichten-Magazin hatte angeblich die geheimen Tagebücher Adolf Hitlers aufgetrieben. Gutachter bezeichneten sie bald als „grotesk oberflächliche Fälschung“. Anhand spektakulärer Betrugsfälle zeigt die Ausstellung, dass für den Erfolg einer Fälschung nicht nur ihre Qualität, sondern immer auch die Erwartungen von Forschern und Museen entscheidend sind. Interaktive Angebote wecken den kriminalistischen Spürsinn der Besucher. Was sind die Motive der Fälscher? Mit welchen Tricks arbeiten sie? Wie lassen sich Fälschungen entlarven?