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Ziele der preußischen Reformen waren die Stärkung der Macht und der Durchschlagskraft des Staates, die Integration der verschiedenen Teilgebiete in den Gesamtstaat Preußen und schließlich die Beseitigung der Ständegesellschaft und die Schaffung einer Gesellschaft rechtsgleicher Bürger, die die Teilnahme und das Interesse der Bürger am Staat wecken sollte.

Priorität besaß zunächst die Reform von Regierung und Verwaltung. Neben der Schaffung eines bürokratischen Obrigkeitsstaats, von Regierungsbezirken mit ressortgegliederten „Regierungen“, die dem Ministerium unterstellt waren, und der Trennung von Justiz und Verwaltung, bildete die Kommunalreform vom 19. November 1808 einen Schwerpunkt dieses Bereichs. Der Aufbau des Staates solle von unten, den mit gewissen Autonomierechten ausgestatteten Städten und Gemeinden, erfolgen, so ein wichtiges Reformziel, getragen vom Engagement rechtsgleicher Bürger. Was auf der kommunalen Ebene in die Abschaffung ständisch-partikularer Gewalten mündete, scheiterte jedoch auf dem Land am Widerstand des Adels, der seine lokalen Rechte zu behaupten vermochte. In die gleiche Richtung zielte auch die Emanzipation der Juden (Edikt vom 11.3.1812), die die bisherige umfassende Diskriminierung weitgehend beendete und den Juden erstmals Bürgerrechte sicherte, oder die verschiedenen Militärreformen, die die Sonderstellung des Militärs außerhalb der Gesellschaft beseitigen sollte. Allgemeine Wehrpflicht und die Gründung des Landsturms zielten darauf ab, die Armee auf eine patriotische Motivation der Staatsbürger zu gründen, freilich auch, die militärischen Kräfte für den Kampf gegen Napoleon zu organisieren und zu bündeln.

Von ungleich größerer Bedeutung jedoch, allein schon deshalb, weil die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf dem Land lebte, war ein weiterer Reformbereich: die „Bauernbefreiung“, also die Auflösung der alten feudalen Agrarverfassung auf der Grundlage des sog. Oktoberedikts (9. Oktober 1810). Sie sollte, regional indes sehr unterschiedlich, den Bauern vor allem persönliche Freiheit wie auch Eigentum am Boden bringen, sollte sie zu Staatsbürgern werden lassen und eine rationelle Landwirtschaft fördern, deren finanzielle Auswirkungen auch dem Staat zugute kommen sollten. Auf dieser Grundlage, der Entfesselung aller produktiven, individuellen Kräfte im Rahmen eines freien Wettbewerbs, was die Gesellschaft zu einer Berufs- und Leistungsgesellschaft formieren sollte, vollzog sich auch die Reform der Gewerbefreiheit. Mit Hardenbergs Gewerbeedikt vom 20. Oktober 1810 wurden Monopole und Privilegien, wozu die Zünfte zählten, aufgehoben, der Unterschied zwischen Stadt und Land existierte nicht mehr.
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