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Oben: Schlüsselübergabe eines Fürsten in die Stadt
Unten:Empfang König Sigismunds in Bern 1414
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Wurzeln des Herscherbesuches lassen sich mit dem Adventuszeremoniell bis in vorchristliche Zeit zurückverfolgen. Zu den Grundzügen, die sich im vordrasiatischen und griechischen Raum schon in frühester Zeit ausmachen und von der Antike bis zur Neuzeit weiterverfolgen lassen, gehörten die Ausschmückung der Stadt, der Empfang des Herrschers durch die Stadtoberen und das Stadtvolk vor der Stadt (occursus), die feierliche Prozession durch das nach Rängen gegliederte, festlich gekleidete Spalier, die Akklamationen und chorischen Lobpreisungen sowie der Gotesdiesnt bzw. Tempelbesuch. Aus älteter Zeit bekannt sind auch die besondere Rolle von Schulkindern und Jungfrauen, die Verwendung von Licht- und Sonnensymbolik, von Duftölen, Blumen und Kränzen, der Geschenkempfang durch den Einziehenden und die Geld- oder Geschenkausteilung von dessen Seite sowie das Begnadigungsrecht: alles sinnfällige Zeichen und Ausdruck der epiphanen Qualität des antiken Adventus.

Gegenwärtigkeit und Geläufigkeit des zeremoniell verfestigten Adventusgeschehens sind über Jahrhunderte nachweisbar. Doch sollte die erstaunliche Kontinuität in den Formen des Zeremoniells nicht über dessen mehrfachen Funktionswandel hinwegtäuschen. Schon in der frühen Neuzeit unterlag die mittelalterliche Bedeutung des Adventus „als herrschaftskonstitutives Zeremoniell schlechthin“ (Tenfelde) ihn verändernden Entwicklungen. Zudem schwand die legitimierende Funktion der an den Adventus geknüpften, auch nach der Christianisierung weiterlebenden Epiphanievorstellungen. Letztlich ging mit der Ausbreitung des Zeremoniells – durch die Übertragung der Einzugsrechte auf Gesandte als Stellvertreter ihrer Fürsten sowie die bereits im Mittelalter aufkommende Adaption im kirchlichen Prozessions- und weltlichen Festzugswesen (von Zünften und Schützengesellschaften) – eine Verformung einher, die den zeremoniellen Ursprung völlig unkenntlich werden ließ. Im Barockzeitalter gestaltete sich der Adventus dann als Umzug, als pompöses Großereignis und wurde als Teil des fürstlichen Barockfestes in eine Fülle von Hoffeierlichkeiten eingegliedert.
 


Der zeremoniell verfestigte Herrscherempfang überlebte die absolutistische Herrschaftsform, erfuhr allerdings einen erneuten Funktionswandel, dessen Ursprünge bereits mit den Festtheorien der Aufklärer des 18. Jahrhunderts angesprochen wurden. Das Monopol der fürstlichen Selbstdarstellung und -bestätigung wurde nun zugunsten einer neuen Funktion, der Popularitätswerbung in der Bevölkerung, durchbrochen.
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