Die Theorie von Adam
Smith, dessen Werk schon 1776 eine deutsche Übersetzung erfuhr, wurde in Westfalen zunächst in Kreisen der Staatsbeamten und Wirtschaftspolitiker zur Kenntnis genommen. Studenten lernten es spätestens ab 1790 auf den Universitäten kennen, in Göttingen und Königsberg, Erlangen und Halle, so Justus Gruner und Ludwig Freiherr Vincke. Daneben haben Englandreisende die Auswirkungen eines relativ freiheitlichen Wirtschaftssystems und deren politisch-rechtliche Grundlagen zur Kenntnis genommen.
Die 1791 erschienene vierbändige Ausgabe der „Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ ist im Besitz vieler Angehöriger der politischen Führungsschichten nachweisbar, bei preußischen Staatsbeamten, wie dem Freiherrn vom
Stein, in Münster bei Adeligen und Domherren. Bürger und Gewerbetreibende kauften das Buch dagegen kaum; der Dortmunder Publizist Arnold Mallinckrodt etwa besaß die Ausgabe von 1799.
Smiths Forderungen wurden aber nur in Ansätzen umgesetzt. Als das münsterische Domkapitel 1801/1802 regierte, schränkte es Monopole und Zunftrechte ein, ohne die alte Gewerbeverfassung ganz aufzuheben. Der Streit um die Böckersche Wagenfabrik in Münster läßt die Argumente der Beteiligten für und gegen die Zunftverfassung deutlich werden.
Im preußischen Minden-Ravensberg wurden bäuerliche Abhängigkeiten gelockert. Auf Initiative des Freiherrn vom Stein entließ der preußische Staat damals die ihm eigenhörigen Bauernhöfe aus der Eigenbehörigkeit in Erbpachtverhältnisse.
In Kreisen des Wirtschaftsbürgertums beschäftigte man sich erst nach 1800 mit den Ideen der neuen Marktwirtschaft, wie die
öffentliche Diskussion um die Gewerbefreiheit deutlich macht.