Sechs Jahre war Hans-Jochen Meier alt, als er im Juli 1946 zusammen mit seiner gesamten Familie und 1.800 weiteren Bolkenhainern aus seiner Heimat
ausgewiesen wurde. Die mehrtägige Fahrt in Güterwaggons Richtung Westen endete für die niederschlesische Kaufmannsfamilie im Westmünsterland. Die Einheimischen in Raesfeld nahmen die Meiers überwiegend hilfsbereit auf. 1952 konnte die Familie wieder ein Lebensmittelgeschäft eröffnen. Die evangelische Konfession und der fremde Dialekt riefen im katholisch geprägten Westmünsterland allerdings auch Ablehnung hervor.
Hans-Jochen Meier als Erstklässler 1947 (mittlere Reihe, Fünfter von links) in der Volksschule in Raesfeld. Das Klassenfoto entstand vor dem Schloss Raesfeld. Da kein Schulgebäude nutzbar war, fand dort für den Übergang der Unterricht statt. Foto: Privatbesitz.
Als „Evangelisches Flüchtlingsschwein“ musste sich Hans-Jochen Meier häufiger beschimpfen lassen. Das Westmünsterländer Platt war für ihn die „erste Fremdsprache“, die er lernen musste. Als die katholischen Klassenkameraden und Freunde im dritten Schuljahr nach der Erstkommunion Messdiener werden sollten, bezog der katholische Pfarrer den protestantischen Vertriebenensohn allerdings mit ein: Messdiener konnte er zwar nicht werden, wohl aber die Glocken läuten. Heute sind Hans-Jochen Meier und seine ebenfalls aus Bolkenhain stammende Frau Erna in Borken fest integriert.
zurück zur Auswahl